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Gebrauchtwagenankauf – gutgläubiger Erwerb bei Kettenkaufverträgen

OLG Hamm, Az.: I-5 U 25/16, Urteil vom 01.12.2016

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.01.2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Streitwert von 10.000,00 Euro.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien beanspruchen jeweils das Eigentumsrecht an einem Pkw I D 1.8, FIN: SHHFK…AU….

Die Klägerin betreibt ein Autohaus. Seit Anfang Juli 2014 war bei ihr ein Herr S als Mitarbeiter beschäftigt. Als solcher führte er mit dem Zeugen F ein Verkaufsgespräch über den Ankauf des streitgegenständlichen Pkw. Am 29.07.2014 holte S auch das Fahrzeug nebst Papieren und einem Schlüssel bei dem Zeugen F ab. Der Zeuge F behielt den Zweitschlüssel, wobei die Umstände streitig sind. Unter dem 28.08.2014 unterzeichneten ein Mitarbeiter der Klägerin und der Zeuge F einen Vertrag über den Ankauf des streitgegenständlichen PKW (Bl. 7) zum Preis von 10.000,00 Euro.

Unter dem 04.09.2014 unterzeichneten S und die Firma J ebenfalls einen Vertrag über den Ankauf des streitgegenständlichen Pkw (vgl. Bl. 8). Dabei trat S unter eigenem Namen und eigener Adresse als Verkäufer auf. Es wurde ein Kaufpreis von 7.000,00 Euro vereinbart. S übergab den Pkw, Papiere und Schlüssel an die Firma J. In den Fahrzeugpapieren war noch der Zeuge F als Halter eingetragen.

Mitte September 2014 führten der Zeuge X2, ein Mitarbeiter der Klägerin, und der Zeuge F ein Telefonat über die Auszahlung des Kaufpreises für den I D, welcher sodann am 01.10.2014 angewiesen wurde.

Gebrauchtwagenankauf - gutgläubiger Erwerb bei Kettenkaufverträgen
Foto: lovelyday12/Bigstock

Unter dem 08.10.2014 unterzeichneten die Beklagte und die Firma J, Inh. D E-T, einen „Kaufvertrag“ betreffend den streitgegenständlichen PKW (vgl. Bl. 27). In diesem Vertrag wurde ein Kaufpreis von 8.400,00 Euro vereinbart, der bar gezahlt wurde. Das Fahrzeug wurde der Beklagten übergeben.

Mit Schreiben vom 01.10.2014 gerichtet an die Klägerin nahm Rechtsanwalt X22 aus C2 für S eine „Selbstanzeige“ wegen einer Unterschlagung des streitgegenständlichen PKW vor (vgl. Bl. 10). Die Klägerin erstattete daraufhin Strafanzeige.

Mit Schreiben vom 16.12.2014 unter Fristsetzung zum 23.12.2014 sowie mit Schreiben vom 17.04.2015 unter Fristsetzung zum 24.04.2015 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Herausgabe des streitgegenständlichen PKW auf (vgl. Bl. 13 f.).

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, sie sei Eigentümerin des Pkw geworden und habe dieses weder an die Firma J noch an die Beklagte verloren. Das Fahrzeug sei ihr im Sinne des § 935 BGB abhanden gekommen. Ihr ehemaliger Mitarbeiter S sei nicht zu der Weiterveräußerung an die Firma J befugt gewesen, sondern habe eigenmächtig und ohne Wissen der Klägerin gehandelt und sich sodann am Erlös bereichert. Dies habe er zwischenzeitlich auch eingeräumt, woraufhin die Klägerin ihn entlassen und ein Strafverfahren eingeleitet habe.

Ein gutgläubiger Eigentumserwerb der Beklagten scheitere unabhängig davon auch daran, dass die Fahrzeugpapiere lediglich den Voreigentümer, den Zeugen F, ausgewiesen hätten.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den PKW I D, Fahrzeug-Ident-Nr…., nebst sämtlichen Fahrzeugschlüsseln, Zulassungsbescheinigung Teil I und II sowie den amtlichen Kennzeichen an sie herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, von der Firma J das Eigentum an dem PKW rechtswirksam erworben zu haben. Es sei im gewerblichen Autohandel üblich, dass Zwischenhändler nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen seien. Hierauf habe sie sich bei dem Kauf verlassen dürfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 01.09.2015 (Bl. 22 ff.) hat die Beklagte der Firma J den Streit verkündet. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F und X2. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.11.2015 (Bl. 73 ff.) sowie auf die schriftliche Aussage des Zeugen F vom 29.12.2015 (Bl. 133 f.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Gericht u. a. ausgeführt:

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs aus § 985 BGB zu. Die Klägerin sei nicht Eigentümerin des streitgegenständlichen PKW geworden. Ursprünglich sei unstreitig der Zeuge F Eigentümer des PKW gewesen. Der Zeuge F habe das Eigentum nicht auf die Klägerin übertragen.

Eine Eigentumsübertragung könne zunächst nicht darin gesehen werden, dass der Zeuge F den PKW am 27.09.2014 S als Mitarbeiter der Klägerin übergeben habe. Dieser Übergabe liege keine wirksame Einigung gem. § 929 S. 1 BGB zugrunde. Die von Herrn S gegenüber dem Zeugen F abgegebenen Erklärungen seien gem. § 134 BGB wegen einer beabsichtigten Unterschlagung zu Lasten der Klägerin und eines vollendeten Betruges zu Lasten des Zeugen F nichtig, was die Kammer im Einzelnen ausführt.

Ein Eigentumsübergang auf die Klägerin habe auch in der Folgezeit nicht stattgefunden. Dies sei weder durch ein Verhalten des S, noch durch das zwischen der Klägerin und dem Zeugen F geführten Telefonat im September 2014 der Fall gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei jedenfalls ein Besitzerwerb durch die Klägerin nicht mehr möglich gewesen. Der Besitz sei für den Zeugen F sowie für die Klägerin nach den Maßstäben des § 856 Abs. 1 BGB verloren gewesen, was die Kammer ebenfalls ausführt.

Auch die Voraussetzungen anderer Anspruchsgrundlagen (§§ 1007 Abs. 1 u. Abs. 2; 861; 812 BGB) scheiterten an dem gutgläubigen Eigentums- und Besitzerwerb der Beklagten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Das Landgericht habe rechtfehlerhaft angenommen, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des S sowie des Zeugen F im Zuge der Einigung i.S.v. § 929 S. 1 BGB aufgrund eines Verstoßes gegen § 134 BGB nichtig seien. Es lägen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass S den Tatentschluss zur Unterschlagung des Fahrzeugs zum Nachteil der Klägerin bereits am 29.07.2014 gefasst habe. Alleine die Tatsache, dass S bei Abholung des PKW keine weiteren Urkunden mitgebracht habe, stelle keinerlei Beleg dafür da, dass er das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits habe unterschlagen wollen. Das Landgericht lasse bei seinen Überlegungen zudem außer Acht, dass der am 29.07.2014 schriftlich avisierte Ankaufsvertrag (vgl. Bl. 84) am 28.08.2014 auf dem Geschäftspapier der Klägerin ausgefertigt und mit Email vom 01.09.2014 an den Zeugen F zugeschickt bzw. nachgereicht worden sei. Eine Unterschlagung sei im Übrigen nur gegenüber ihr – der Klägerin – möglich gewesen. Dies setze wiederum voraus, dass S als ihr Besitzdiener zunächst den unmittelbaren Besitz am Fahrzeug erlangt und zudem als ihr Mitarbeiter und Vertreter die Einigung gem. § 929 Abs. 1 BGB mit dem Zeugen F vorgenommen haben müsse.

Weiter sei die Argumentation des Landgerichts nicht konsequent, da sich ein gleichzeitiger Tatentschluss zur Unterschlagung zu Lasten der Klägerin und zum Betrug zu Lasten des Zeugen F gegenseitig ausschlössen.

Die Rechtsauffassung des Landgerichts sei zudem hinsichtlich des angenommenen Betruges gem. § 263 Abs. 1 StGB rechtsfehlerhaft. Es lägen keine objektiven Beweise dafür vor, dass S im Verhältnis zu dem Zeugen F den Tatbestand des Betruges gem. § 263 Abs. 1 StGB verwirklicht habe oder habe verwirklichen wollen. Es fehle bereits an einer Täuschungshandlung. Es lägen nicht einmal Anhaltspunkte dafür vor, dass S den Zeugen F bei Vertragsabschluss über die Person des Vertragspartners habe täuschen wollen. Das Landgericht verkenne, dass der Ankaufvertrag über den PKW nicht im eigenen Namen des S abgeschlossen worden sei, sondern dass S als Mitarbeiter der Klägerin gehandelt und es als Verkäufer auch zu seinem Aufgabenbereich gehört habe, Fahrzeuge anzukaufen und zu verkaufen, was der Zeuge X2 als dessen Vorgesetzter auch im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme bekundet habe. S hätte zwar den Ankauf im Innenverhältnis mit der Gebrauchtwagenabteilung abstimmen und sich den Ankaufpreis genehmigen lassen müssen, dies ändere jedoch nichts an dem Rechtsverhältnis nach außen gegenüber dem Zeugen F. S habe als rechtsgeschäftlicher Vertreter fungiert, sodass auch die dingliche Einigung wirksam zustande gekommen sei. Auch bei Unterstellung, dass im Innenverhältnis keine ausdrückliche Vertretungsmacht für den Ankauf des PKW von der Klägerin erteilt worden sei, könne jedenfalls eine Anscheinsvollmacht sowie eine Handlungsvollmacht i.S.d. § 54 HGB angenommen werden.

Das Landgericht lasse weiter außer Acht, dass der Ankaufvertrag im Nachgang von Seiten der Klägerin erfüllt worden sei. Allein die Tatsache, dass die Klägerin den Vorgang intern erst noch einmal habe nachvollziehen und prüfen müssen, bevor eine Auszahlung des Kaufpreises erfolgt sei, könne eine dem Vermögensschaden vergleichbare Vermögensgefährdung im Sinne des § 263 StGB nicht rechtfertigen und begründen. Anderenfalls hätte man im Rechtsverkehr nur noch mit Betrugsfällen zu kämpfen, wenn beispielsweise Unstimmigkeiten bei der Auftragserteilung aufträten.

Auch für einen entsprechenden Vorsatz bestünden keinerlei Anhaltspunkte. Im Anschluss an das Gespräch mit dem Zeugen F habe S den mündlich zugesagten Ankaufvertrag ausgefertigt, unterzeichnet und ihn per E-Mail an den Zeugen F gesandt. Dies belege, dass jedenfalls in subjektiver Sicht keine Betrugsabsicht vorgelegen habe.

Selbst bei einem vorliegenden Betrug sei jedoch allenfalls der Zeuge F geschädigt, was zur Folge habe, dass das Rechtsgeschäft nicht insgesamt gegen ein gesetzliches Verbot i.S. von § 134 BGB verstoße. In einer Konstellation, in der nur einer der Vertragsparteien den Tatbestand des Betruges verwirkliche, liege nach ganz herrschender Meinung kein Verstoß gegen § 134 BGB vor. Der „betrogene“ Vertragspartner selbst sei in einem solchen Fall – anders als ein dritter Geschädigter – in der Lage, das Verpflichtungsgeschäft sowie das Verfügungsgeschäft gem. § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anzufechten und so die Nichtigkeitsfolge herbeizuführen. Die Vorschrift des § 123 BGB gehe hier als lex specialis vor.

Weder der Ankaufvertrag noch die dingliche Einigung verstießen somit gegen ein gesetzliches Verbot, und die Klägerin habe wirksam Eigentum erworben.

F habe die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug mit Übergabe an S nicht auf diesen persönlich, sondern im Hinblick auf den Ankauf durch die Klägerin auf jene übertragen, wobei S rechtlich als Besitzdiener fungiert habe. Mithin habe ein Besitzübergang auf die Klägerin stattgefunden. Ein entgegenstehender innerer Vorbehalt des S sei unbeachtlich.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, den PKW I D, Fahrzeug-Ident-Nr: SHHFK…AU… nebst sämtlichen Fahrzeugschlüsseln, Zulassungsbescheinigung Teil I und II sowie den amtlichen Kennzeichen an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, indem sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

Sie ist der Ansicht, dass S nicht als Besitzdiener fungiert habe. Er sei in dinglicher Hinsicht nicht bevollmächtigt gewesen, sondern – wenn überhaupt – nur für das schuldrechtliche Kaufgeschäft. Zudem habe der erforderliche Fremdbesitzerwille nicht vorgelegen. Bei dem Zeugen F sei ein Irrtum hervorgerufen worden. Die Konsequenz des § 134 BGB könne dahinstehen, da jedenfalls ein gutgläubiger Erwerbstatbestand auf ihrer Seite vorgelegen habe. Es liege zudem kein Abhandenkommen vor. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt Besitz an dem Fahrzeug gehabt.

B.

Die Berufung der Klägerin ist erfolglos.

Das Ergebnis des angefochtenen Urteils ist zutreffend, auch wenn ein Teil seiner Begründung nicht richtig ist.

Der Klägerin steht weder aus § 985 BGB noch aus einer anderen Rechtsgrundlage ein Anspruch auf Herausgabe des streitgegenständlichen Kraftfahrzeuges zu.

I.

Die Voraussetzungen des § 985 BGB liegen nicht vor.

Zwar ist die Beklagte unstreitig Besitzerin des streitgegenständlichen I D. Die Klägerin hat jedoch zu keinem Zeitpunkt Besitz und damit auch kein Eigentum an diesem Fahrzeug erworben.

1. Ursprünglich war der Zeuge F Eigentümer des Kraftfahrzeuges. Er hat dieses Eigentum daran nicht gem. § 929 S. 1 BGB auf die Klägerin übertragen, auch wenn er dies Ende Juli 2014 beabsichtigte und deshalb den I D an S übergab.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts haben sich der Zeuge F und die Klägerin über den Eigentumsübergang gem. § 929 S. 1 BGB hinsichtlich des Fahrzeuges geeinigt. Eine diesbezügliche Willenserklärung hat S am 29.07.2014 mit Wirkung für und gegen die Klägerin gem. §§ 164 ff. BGB abgegeben. S handelte als ihr Stellvertreter und mit Vollmacht. Die Einigung ist auch nicht wegen § 134 BGB unwirksam.

(1) Eine ausdrückliche Einigung der Parteien über den Eigentumsübergang i. S. des § 929 S. 1 BGB liegt nicht vor. F und S haben jedoch eine stillschweigende Einigung bei Abholung des Fahrzeuges getroffen. Der Zeuge F hat vor dem Hintergrund des mit S zuvor geführten Gesprächs über den Ankauf des I D und mit der Absicht, das Eigentum an dem Fahrzeug auf die Klägerin übertragen zu wollen, S den Pkw, den Fahrzeugschlüssel und die Fahrzeugpapiere übergeben. Dies hat der Zeuge F im Zuge seiner Einvernahme durch den Senat auf ausdrückliche Nachfrage bestätigt. S nahm das Fahrzeug entgegen.

(2) S hat die Willenserklärung auch im fremden Namen, nämlich im Namen der Klägerin, abgegeben. Der Wille, im fremden Namen zu handeln, kann sich aus einer ausdrücklichen Erklärung oder den Umständen ergeben. Unbeachtlich ist der innere unerklärt gebliebene Wille. Tritt der Vertreter nach außen im fremden Namen auf, will er aber in Wahrheit für sich selbst abschließen, wird allein der Vertretene berechtigt und verpflichtet (BGH, MDR 1966, 839 – Rn. 13 zitiert nach juris; Palandt/Ellenberger 75. Auflage 2016, § 164 BGB, Rn. 1). Für die Abgrenzung zwischen Vertreter- und Eigengeschäft gelten die allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB). Entscheidend ist, wie die Gegenpartei das Verhalten des Handelnden verstehen durfte (Palandt/Ellenberger a.a.O. Rn. 4). Zu berücksichtigen sind alle Umstände, insbesondere früheres Verhalten, Zeit und Ort der Erklärung, die berufliche Stellung der Beteiligten, Art und Inhalt ihrer Werbung (BGH, MDR 1980, 926 – Rn. 9 zitiert nach juris). Bleiben Zweifel, ist gem. § 164 Abs. 2 BGB ein Eigengeschäft anzunehmen.

Der Zeuge F hat sowohl vor dem Landgericht (Bl. 74 – 76) als auch vor dem Senat ausgesagt, dass sein Arbeitgeber einige Wochen vor dem Geschehen um den streitgegenständlichen PKW einen Dienstwagen der Marke T2 bei der Klägerin gekauft bzw. geleast habe. Diesbezüglich habe er mit der Klägerin die Verhandlungen geführt. In diesem Zusammenhang habe er gefragt, ob es möglich sei, dass der I (Privatkfz des Zeugen) von dort angekauft werde. Sein Ansprechpartner sowohl für das Leasinggeschäft als auch später für den Verkauf des streitgegenständlichen I sei S gewesen. S habe in der Folge an seinem Arbeitsplatz angerufen, da er den PKW dort abholen wollte. Er sei mit einem Leihwagen dorthin gekommen, habe den Leihwagen übergeben und den streitgegenständlichen PKW mitgenommen. Der Zeuge F sei bei dem Übergabetermin davon ausgegangen, dass S in seiner Eigenschaft als Verkäufer der Klägerin auftrete. Als solchen, bzw. als Vertreter der Firma T2, habe er ihn auch seiner Office Managerin vorgestellt.

Weiterhin hat S unter dem 29.07.2014 eine Übergabenotiz verfasst, in welcher er mit „S, Automobile G“ unterschrieb (Bl. 84).

Aufgrund dieser Umstände durfte der Zeuge F davon ausgehen, dass S im Namen der Klägerin handelte. Er hatte im Zusammenhang mit den Leasingverhandlungen bezüglich des T2 (Firmenfahrzeug) bereits mit S als Mitarbeiter der Klägerin korrespondiert. In der Funktion als Mitarbeiter der Klägerin führte S mit dem Zeugen F auch die Gespräche über den streitgegenständlichen I D. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Zeuge F davon hätte ausgehen müssen, dass nunmehr ein Eigengeschäft des S vorlag. Er durfte sich insbesondere auf die Erklärung S“s verlassen, wonach die Verträge im Nachgang fertiggestellt würden. Er brauchte deshalb nicht von einer Unregelmäßigkeit im Betriebsablauf ausgehen. Als gewichtiger Umstand tritt hinzu, dass S die Übergabenotiz sogar mit dem Zusatz „Automobile G“ unterschrieb (vgl. Bl. 84). Auch aus der Sicht eines objektiven Dritten konnte daher nach allem davon ausgegangen werden, dass S als Vertreter für die Klägerin handelte. Auf einen etwaig anderen, inneren und unerklärt gebliebenen Willen des S kommt es hier also nicht an. S handelte im fremden Namen.

(3) Er handelte auch mit Vertretungsmacht. Diese Vertretungsmacht ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag des S mit der Klägerin und seinen in dieser Funktion bestehenden Kompetenzen.

Der Vorgesetzte des S, der Zeuge X2, hat dazu bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem LG ausgesagt (Bl. 78 ff.), dass S als Verkaufsberater angestellt und für Gewerbekunden zuständig gewesen sei. In seiner Funktion habe er insbesondere für den Ver- und Ankauf von Fahrzeugen verantwortlich zeichnen müssen. Für ihn habe gegolten, dass der Ankauf bzw. die Inzahlungnahme bei Neuwagenverkäufen zum täglichen Geschäft gehörte. Die Verkaufsberater hätten jedoch insbesondere keine Kompetenz, Ankaufswerte zu Inzahlungnahmepreisen festzulegen. Dafür gebe es eine Gebrauchtwagenabteilung. S sei aber jedenfalls dazu befugt gewesen, das gebrauchte Fahrzeug entgegenzunehmen und einen Ankaufvertrag auszufertigen. Diese Ausführungen hat der Zeuge vor dem Senat noch einmal bestätigt.

Nach der Aussage des Zeugen X2 war S somit dazu befugt, das Fahrzeug entgegenzunehmen. An dieser Stelle ist irrelevant, welchen Weisungen der Mitarbeiter S nach den internen Regelungen der Klägerin bei der Preisbestimmung unterlag. Die Beschränkungen hinsichtlich der Preisbildung bei Durchführung des Ankaufgeschäfts, die der Zeuge X2 im Zuge seine Aussage ausgeführt hat, betreffen Pflichten des Mitarbeiter S“s im Innenverhältnis zur Klägerin und beziehen sich zudem auf das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag). Sie betreffen also das rechtliche „Dürfen“ im Verhältnis zur Klägerin und nicht das „Können“ gegenüber dem Zeugen F. Vorliegend geht es um die Befugnisse S“s, Verfügungsgeschäfte grundsätzlich mit Wirkung für die Klägerin abschließen zu können. Es geht hier also um die Frage, ob die Ermächtigung, das Fahrzeug entgegenzunehmen, auch die Kompetenz umfasst hat, sich über den Eigentumsübergang zu einigen. Diese Frage ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Senat zu bejahen.

Hinzu tritt der Umstand, dass im Falle vollmachtlosen Handelns sowohl das schuldrechtliche Grundgeschäft (Kaufvertrag) wie auch das dingliche Verfügungsgeschäft durch die Klägerin spätestens mit Auszahlung des von S mit dem Zeugen F vereinbarten Kaufpreises für den I D in Höhe von 10.000,00 EUR konkludent genehmigt worden ist (§§ 184 Abs. 1 u. 185 Abs.2 BGB). Damit wäre ein etwaig vollmachtloses Verfügungsgeschäft R“s gem. § 185 Abs. 2 Satz 1 BGB rückwirkend – also mit Wirkung ex tunc wirksam geworden (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O. § 185, Rn. 10).

(4) Die Einigung gem. § 929 Satz 1 BGB zwischen dem Zeugen F und S ist auch nicht aufgrund eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetzes gem. § 134 BGB nichtig. Die entgegenstehende Auffassung des Landgerichts ist unrichtig.

Als Verbotsgesetz in Frage kommen § 246 Abs. 1 StGB und § 263 Abs. 1 StGB.

Bei den Vorschriften des Strafrechts handelt es sich im Zweifel um Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB (Palandt/Ellenberger, a.a.O. § 134 Rn. 24; MüKo/Armbrüster, 7. Auflage 2015, § 134 BGB, Rn. 51).

Bei Strafgesetzen muss grundsätzlich der objektive und subjektive Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein, damit ein Verstoß nach § 134 BGB angenommen werden kann (Palandt/Ellenberger a.a.O.). Mithin scheidet ein Verstoß gegen § 246 StGB (Unterschlagung zu Lasten der Klägerin) aus, da sich diese im Zeitpunkt der Einigung zwischen F und S allenfalls im Vorbereitungsstadium befunden haben kann.

In der Einigung über den Eigentumsübergang zwischen dem Zeugen F und S als Vertreter der Klägerin könnte jedoch ein Betrug begründet sein. Das Landgericht hat angenommen, das S einen Betrug gem. § 263 Abs. 1 StGB gegenüber und zu Lasten des Zeugen F begangen habe, indem er als Mitarbeiter der Klägerin auftrat, jedoch subjektiv nicht als solcher handeln wollte.

Grundsätzlich erfordert die Nichtigkeit gem. § 134 BGB, dass der Straftatbestand von allen Beteiligten objektiv und subjektiv erfüllt wird (BGH MDR 1996, 700 -Rn. 15 – zitiert nach juris; s.a. BGH NJW-RR 2004, 1545 – Rn. 31 ff. zitiert nach juris). Verstößt hingegen nur ein Vertragsteil mit einem Vertrag gegen ein Verbotsgesetz, so ist zu unterscheiden: Nichtigkeit tritt allein dann ein, wenn der Verbotszweck nur so erreicht werden kann. Keine Nichtigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn das strafbare Verhalten des einen Teils für den anderen Teil die Möglichkeit eröffnet, sich einseitig vom Vertrag zu lösen, dies gilt insbesondere bei einer Anfechtbarkeit des Vertrages gem. § 123 BGB bei Betrug (MüKo/Armbrüster a.a.O, Rn. 53; Staudinger/Sack/Seibel, BGB, 2011, § 134 BGB, Rn. 15, 294; Palandt/Ellenberger a.a.O. Rn. 9 ). Etwas anderes soll gelten, wenn zwei zum Nachteil eines Dritten einen Betrug vereinbaren (MüKo/Armbrüster a.a.O.; Staudinger/Sack/Seibel a.a.O.).

Der oben dargestellte Grundsatz überzeugt den Senat insbesondere im Hinblick auf die Privatautonomie. So ist es den Parteien grundsätzlich im Rahmen des geltenden Rechts freigestellt, worüber und in welcher Form Verträge geschlossen werden (Palandt/Ellenberger, a.a.O. Überbl. v § 104, Rn. 1). Verstoßen beide Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, so ist für die Privatautonomie kein Raum, da beide Parteien nicht „im Rahmen der Rechtsordnung“ handeln. Verstößt hingegen nur eine Partei gegen ein solches Verbot und folgt daraus die Anfechtbarkeit des Vertrages, so sollte es bei dem Grundsatz der Privatautonomie bleiben und der „rechtstreue“ Vertragspartner sollte entscheiden können, ob er an dem Vertrag festhalten oder diesen anfechten und auf diesem Wege die Nichtigkeit herbeiführen möchte. Diese Entscheidung würde ihm abgenommen, wenn jeder Vertrag aufgrund einseitigen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot und gleichzeitig daraus folgender Anfechtbarkeit per se für nichtig gem. § 134 BGB erklärt würde.

Im vorliegenden Fall lag nach den Feststellungen des Landgerichts ein einseitiger Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, nämlich gegen § 263 Abs. 1 StGB vor. Ob diese rechtliche Wertung zutreffend ist, braucht einer erneuten Prüfung nicht unterzogen werden, da jedenfalls bei dem durch das Landgericht zutreffend angenommenen einseitigen Verstoß keine Nichtigkeit der Einigung gem. § 134 BGB angenommen werden kann. Dem Zeugen F stand unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Landgerichts jedenfalls ein Anfechtungsrecht gem. § 123 BGB zu. Der Zeuge F hat das Recht zur Anfechtung bislang nicht ausgeübt und es ist mittlerweile nach § 124 BGB verjährt.

Die Einigung zwischen dem Zeugen F und der Klägerin nach § 929 Satz 1 BGB ist somit nicht in der Folge des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB nichtig.

b) Es fehlt jedoch an einer Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges vom Zeugen F an die Klägerin i. S. von § 929 S. 1 BGB.

Voraussetzungen dafür sind, dass der Veräußerer keinen Besitz behalten darf, der Erwerber Besitz erlangen muss und die Übergabe in Vollziehung der Übereignung erfolgt.

(1) Der Zeuge F hat tatsächlich keinen Besitz an dem streitgegenständlichen PKW behalten. Zur Aufgabe des Besitzes genügt nicht der bloße Aufgabewille. Der Besitz kann nur durch eine vom Aufgabewillen getragene, äußerlich erkennbare Handlung aufgegeben werden (BGH, NJW 1979, 714 ff.- Rn. 9 zitiert nach juris). Eine solche Handlung liegt vorliegend darin, dass der Zeuge F die Fahrzeugpapiere, einen Schlüssel und den PKW an S herausgab.

Der Zeuge F hat auch keinen Besitz an dem PKW dadurch behalten, dass er einen Zweitschlüssel für den streitgegenständliche PKW einbehielt. Zwar begründet das Einbehalten eines Zweitschlüssels für einen Kfz regelmäßig Mitbesitz (OLG Schleswig, Urteil vom 22.05.2012 – 3 U 69/11 – Rn. 43 – zitiert nach juris; BGH NJW 1979, 714 ff -Rn. 11 zitiert nach juris für das Einbehalten eines Zweitschlüssels zu einer Wohnung). Dies kann jedoch anders sein, wenn eine grundsätzliche Mitbenutzungsabsicht seitens des Veräußerers fehlt (OLG Schleswig a.a.O.). Der Zeuge F hat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 29.12.2015 (Bl. 133 f.) erläutert, dass der Schlüssel zum Zeitpunkt der Übergabe nicht auffindbar gewesen sei und er ihn deshalb nicht übergeben habe. Er habe den Zweitschlüssel nicht bewusst zurückgehalten. Eine Sicherheit, bis der zugesagte Kaufpreis gezahlt worden sei, sei nicht vereinbart worden. Nach Auffinden des Zweitschlüssels, einige Zeit später, habe er vergeblich versucht, S telefonisch zu erreichen, um ihm den Schlüssel zukommen zu lassen. Im darauffolgenden Gespräch mit dem Zeugen X2 habe ihn dieser angewiesen, den Zweitschlüssel bis auf weiteres zu verwahren.

Die Aussage hat der Zeuge vor dem Senat noch einmal bestätigt. Aus ihr kann gefolgert werden, dass der Zeuge F den zweiten Schlüssel nicht behielt, um auf diese Weise Zugriff auf den I zu behalten. Er hatte keine Mitbenutzungsabsicht. Vielmehr war ihm daran gelegen den Zweitschlüssel, den er selbst zunächst nicht auffinden konnte, der Klägerin zukommen zu lassen. Bei der Übergabe des Fahrzeuges an S wollte der Zeuge F mithin seinen Besitz daran vollständig aufgeben, obwohl er noch einen Zweitschlüssel besaß.

(2)

Die Klägerin hat jedoch keinen Besitz an dem Fahrzeug erlangt.

Am 29.07.2014 nahm nicht der Geschäftsführer der Klägerin, sondern S die Fahrzeugpapiere, den Schlüssel und den PKW entgegen. Bei S handelte es sich im Zeitpunkt der Übergabe nicht um einen Besitzdiener der Klägerin gem. § 855 BGB.

Für die Besitzdienerschaft erforderlich ist ein nach außen erkennbares, privat- oder öffentlich-rechtliches Verhältnis, kraft dessen jemand (= Besitzherr) die tatsächliche Gewalt über eine bewegliche oder unbewegliche Sache durch einen anderen als sein Werkzeug (Besitzdiener) ausübt, weil der Besitzdiener ihm derart untergeordnet ist, dass er die Weisungen des Besitzherrn schlechthin zu befolgen hat und der Besitzherr jederzeit selbst über die Sache bestimmen kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 19. April 2012 – 11 U 15/11 – Rn. 46- zitiert nach juris; Palandt/Bassenge, a.a.O. § 855 BGB, Rn. 2; MüKo/Jost, 6 Aufl. 2013, § 855 BGB, Rn. 5)). Arbeitnehmer gelten grundsätzlich als Besitzdiener des Arbeitsgebers und zwar auch dann, wenn sie innerhalb ihres Arbeitsverhältnisses als leitende Angestellte /Beamte eine größere Unabhängigkeit genießen (OLG Frankfurt a.a.O.).

Zum Zeitpunkt der Übergabe war S zwar Angestellter der Klägerin. Er war somit grundsätzlich als Besitzdiener anzusehen. Bei der Übergabe des PKW ist S auch nach außen als Vertreter der Klägerin in seiner Funktion als deren Mitarbeiter aufgetreten (s.o. und vgl. Urkunde Bl. 84). Die Entgegennahme des PKW war- so der Zeuge X2 – auch vom Aufgabenbereich seines ehemaligen Mitarbeiters S umfasst. Er unterlag dabei den Weisungen seiner Geschäftsherrin, der Klägerin.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat aufgrund der Aussage des Zeugen X2 zu der Überzeugung gelangt, dass S von vornherein den I D nicht für die Klägerin als ihr Besitzdiener in Besitz nehmen wollte. Er mag dem Zeugen F – insbesondere aufgrund seines damaligen Angestelltenverhältnisses zur Klägerin – diesen Eindruck vermittelt haben. Dies geschah aber ausschließlich zu dem Zweck, den Zeugen zu täuschen. In Wirklichkeit hatte S nicht vor, das Fahrzeug für seine Arbeitgeberin in Besitz zu nehmen und bei ihr abzuliefern. Das Fahrzeug ist nach Aktenlage auch zu keinem Zeitpunkt dort aufgetaucht, um es etwa entsprechend der internen Vorschriften der Gebrauchtwagenabteilung im Hause der Klägerin vorzuführen. Ebenso wenig wurden im Hause der Klägerin die Schlüssel und Papiere an der dafür vorgesehenen Stelle deponiert, wie es nach ihren internen Anweisungen hätte geschehen müssen. Der Zeuge X2 hat nach seiner Schilderung vor dem Senat auch keinerlei Unterlagen über das von S mit dem Zeugen F avisierte Ankaufgeschäft vorgefunden. Sämtliche Unterlagen musste sich der Zeuge X2 von dem Zeugen F erst beschaffen. Das Fahrzeug wie das unter dem Namen der Klägerin getätigte Ankaufsgeschäft blieben auf Seiten der Klägerin zunächst gänzlich unbekannt. Aus diesen zum Teil unstreitigen und zum Teil durch die Beweisaufnahme herausgearbeiteten Umständen zieht der Senat den Schluss, dass S bereits im Zeitpunkt der Übernahme des I D am 29.07.2014 nicht für die Klägerin besitzen wollte, sondern ausschließlich für sich selbst. Insoweit etwaig verbleibende Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin, welche die tatsächlichen Voraussetzungen des Eigentumserwerbs zu beweisen hat (vgl. MüKo/Oechsler, a.a.O., § 929 BGB, Rn. 87).

Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Ausübung der tatsächlichen Gewalt für den Besitzherrn rein sachlich zu verstehen ist (vgl. Palandt/Bassenge a.a.O., § 855 BGB, Rn. 3). Ein abweichender Wille des Besitzdieners ist grundsätzlich unbeachtlich, wenn er nur tatsächlich aufgrund des Besitzdienerverhältnisses die tatsächliche Gewalt anstelle und für den Besitzherrn ausübt (vgl. BGHZ 8,130 – Rn. 11 zitiert nach juris; Palandt/Bassenge a.a.O., Rn. 5). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn ein abweichender Wille nach außen manifestiert wurde (vgl. OLG Frankfurt a.a.O. – Rn. 50 zitiert nach juris).

Im vorliegenden Fall ist der Wille R“s, nicht für die Klägerin als seine Arbeitgeberin besitzen zu wollen, nach außen zum Ausdruck gekommen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof am 27.11.1952 (Az.: IV ZR 178/52 = BGHZ 8,130 ff.) entschiedenen Fall der Platzanweiserin im Kino, die den Saal auf verlorene Gegenstände zu durchsuchen und die Fundsachen bei der Geschäftsleitung abzugeben hatte und dies auch weisungsgemäß trotz des Vorbehaltes ihrer „Finderrechte“ tat, hielt sich S an keine einzige der ihm von der Klägerin für den Fall der Übernahme eines Fahrzeuges gegebenen Weisungen. Der Zeuge X2, sein damaliger Vorgesetzter, fasste den Vorfall vor dem Senat dahingehend zusammen, dass sich S von Anfang an über alle Vorgaben hinwegsetzte, die für den Ankauf eines Fahrzeuges im Hause der Klägerin galten. Nicht durch seinen (inneren) Eigenerwerbswillen, jedoch durch sein (äußeres) weisungswidriges Verhalten, was zwar nicht durch den Zeugen F, aber sehr wohl vom Zeugen X2 als seinem Vorgesetzten ohne Weiteres erkannt worden wäre, verhinderte S daher einen Besitzerwerb für die Klägerin (vgl. Staudinger/Gutzeit, BGB, 2012, § 855, Rn. 23). Die Klägerin erlangte bei Übergabe des I D an S noch nicht einmal für einen Augenblick – die sogenannte „juristische Sekunde“ – die tatsächliche Herrschaftsgewalt über das Fahrzeug. Mithin erwarb sie i. S. von § 929 S. 1 BGB kein Eigentum daran.

c) Die Klägerin ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt Eigentümerin des Kraftfahrzeuges geworden. Dies geschah insbesondere nicht durch eine konkludente Einigung über den Eigentumsübergang mit dem Zeugen F durch Überweisung der 10.000,00 Euro. Zu diesem Zeitpunkt war der Zeuge F nicht mehr in der Lage, der Klägerin den Besitz an dem Fahrzeug zu übergeben.

d) Eigentum an dem Fahrzeug erwarb vielmehr die Beklagte am 08.10.2014 in Vollziehung des Kaufvertrages mit der Firma J durch Einigung und Übergabe im Sinne von § 929 S. 1 BGB. Die Beklagte erwarb dabei das Eigentum an dem I D gem. § 932 Abs. 1 S. 1 BGB gutgläubig. Die Firma J vermochte ihr das Eigentum an dem Kraftfahrzeug nämlich nicht nach § 929 BGB zu übertragen. Eigentümer des I D war zu diesem Zeitpunkt mangels gutgläubigen Erwerbs durch die Firma J immer noch der Zeuge F. Aufgrund der fehlenden Zwischeneintragung des S in der Zulassungsbescheinigung Teil II waren erhebliche Verdachtsmomente gegeben, die die Firma J zu einer Überprüfung der Eigentümerstellung des Veräußerers hätten veranlassen müssen (vgl. BGH NJW 1991, 1415 – Rn. 17 zitiert nach juris; vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 932 BGB, Rn. 13). Eine solche Überprüfung unterließ die Firma J offensichtlich. Demgegenüber durfte die Beklagte, weil sie von einer Fahrzeughändlerin erwarb, von der Berechtigung der Fa. J ausgehen, obwohl eine Zwischeneintragung der Händlerin nicht stattgefunden hatte. Dies ist im Gebrauchtwagenhandel einer gewerblich tätigen Automobilverkäuferin nicht üblich. Vielmehr werden diese Zwischeneintragungen vermieden. Da der I D seinem ursprünglichen Eigentümer, dem Zeugen F, auch nicht i. S. von § 935 BGB abhanden gekommen war, erwarb die Beklagte gutgläubig Eigentum an dem Fahrzeug. Die weiteren Einzelheiten zum Eigentumserwerb der Beklagten brauchen an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.

II.

Herausgabeansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus Besitz, wie etwa aus §§ 1007 Abs. 1 und Abs. 2 sowie 861 BGB, kommen ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hatte – wie unter I. dargelegt – zu keinem Zeitpunkt Besitz an dem herausverlangten Fahrzeug.

III.

Schließlich hat die Klägerin auch nicht die Voraussetzungen für einen Herausgabeanspruch aus §§ 812, 816 BGB dargetan.

Die Beklagte hat das Fahrzeug weder ohne rechtlichen Grund i. S. des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt, noch auf Kosten der Klägerin. Der Klägerin hat es nie gehört und sie hat auch zu keinem Zeitpunkt daran Besitz gehabt.

Aus dem gleichen Grund ist die Klägerin auch nicht Berechtigte i. S. des § 816 BGB.

C.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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