LG Zweibrücken – Kammer für Handelssachen, Az.: HK O 44/15, Urteil vom 03.02.2016
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche nach Rücktritt von einem Kaufvertrag geltend.
Der Kläger ist Inhaber der Firma … .
Im Januar 2013 erwarb der Kläger bei der Beklagten einen gebrauchten Vorführwagen der Marke BMW, X 5, X-Drive d, zu einem Preis von 70.198,80 € zzgl. 598,00 € Zusatzleistungen (Bereitstellungspauschale, Zulassung, Feinstaubplakette).
Der Kaufpreis wurde teilfinanziert. Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 11.210,75 €. Der Restkaufpreis wurde über die … Bank GmbH mit einem Darlehensvertrag vom 14.1.2013 finanziert, wobei die Gesamtdarlehenssumme 66.440,07 € betrug.
Sowohl in dem Kaufvertrag als auch in dem Darlehensvertrag wurde als Vertragspartei auf Käufer- bzw. Darlehensnehmerseite jeweils auf die Firma des Klägers Bezug genommen.
In dem Darlehensvertrag wurde zudem aufgenommen, dass das Darlehen für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit bestimmt ist.
Auch der von der Beklagten ausgehende Schriftverkehr an den Kläger wurde stets unter der Adressierung „(Fa. des Klägers)“ versandt. Der Kläger machte zudem Mängel gegenüber der Beklagten schriftlich unter dem Briefkopf seiner Firma geltend.
In dem schriftlichen Kaufvertrag erklärte sich der Kläger “ mit den als Anlage beigefügten Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge“ (im weiteren hier als AGB bezeichnet) einverstanden und bestätigte mit seiner Unterschrift, ein Exemplar dieser Bedingungen erhalten zu haben.
Unter Ziffer VI dieser ABG ist bestimmt, dass der Verkauf bei gewerblichen Käufern unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgt und ein Anspruch des Käufers wegen Sachmängeln in einem Jahr ab Auslieferung verjährt. Unter Ziffer VIII ist bestimmt, dass für sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit Kaufleuten ausschließlicher Gerichtsstand der Sitz des Verkäufers ist.
Nach Übergabe des Fahrzeuges monierte der Kläger Brummgeräusche aus dem Motorraum und dem Armaturenbrett/Lüftungsanlage, Knarzgeräusche aus beiden Vorder- und Hintertüren und beschlagene Nebelscheinwerfer gegenüber der Beklagten.
Mit E-Mail vom 4.12.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die erneut festgestellten Geräuschbeanstandungen an dem Fahrzeug bedauere. Gleichzeitig wurde der Kläger aufgefordert, das Fahrzeug zu einer gemeinsamen Probefahrt erneut vorzustellen, damit die Beanstandung, wenn möglich, schnellstens abgestellt werden könnten.
Mit außergerichtlichen Schriftsatz der jetzigen Prozessbevollmächtigten Beklagten vom 21.11.2014 bestätigte die Beklagte die Bereitschaft zur Überprüfung und Beseitigung der aufgezeigten Defekte – soweit vorhanden -.
Mit E-Mail vom 05.12.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Beklagte die Beanstandungen begutachtet und festgestellte Mängel abgearbeitet und abgestellt habe. Das Fahrzeug sei nach einer ausgiebigen Probefahrt als mängelfrei befunden worden und können ab sofort abgeholt werden.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 19.11.2014 setzte der Kläger eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 03.12.2014 und trat mit Schreiben vom 9.12.2014 von dem Kaufvertrag zurück.
Als Ursache der Brummgeräusche im Motorraum wurde danach eine fehlende bzw. abgebrochene Haltelasche an dem Reinluftrohr in dem Verbindungsbereich des Luftfilterkastens festgestellt, wobei die erforderlichen Reparaturkosten 787,66 € betragen.
Als Ursache für die Geräuschentwicklung an dem Armaturenbrett wurde nach dem Rücktritt eine nicht ordnungsgemäße Abdichtung am Luftfilterkasten ausgemacht, wobei die Reparaturkosten insoweit sich auf 292,74 € belaufen.
Zum Zeitpunkt des Erwerbs wies der PKW eine Laufleistung von 11.000 km auf, am 10.9.2015 eine solche von ca. 140.000 km.
Hinsichtlich einer daraus errechneten Nutzungsentschädigung hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt und ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.
Der Kläger behauptet, sämtliche geltend gemachten Mängel seien bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorhanden gewesen. Alle Nachbesserungsversuche der Beklagten seien gescheitert.
Die AGB der Beklagten habe der Kläger nie erhalten und diese seien nicht Vertragsbestandteil.
Die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr sei im Übrigen unwirksam, da sich diese kürzere Verjährung auf sämtliche Schäden beziehe und nicht differenziere bezüglich der weiteren Verletzungen von Leben, Körper und Gesundheit.
Davon abgesehen sei der Lauf der Verjährungsfrist auch innerhalb der Jahresfrist rechtzeitig durch die Reparaturversuche der Beklagten gehemmt worden.
Außerdem könne sich die Beklagte auf den Gewährleistungsausschluss nicht berufen, da die Pflicht zur Nachbesserung von der Beklagten mit dem anwaltlichen Schreiben vom 21.11.2014 und der E-Mail vom 5.12.2014 ohne jegliche Einschränkung anerkannt worden sei.
Alle streitgegenständlichen Mängel seien bei einem Fahrzeug der Oberklasse auch nicht unerheblich. Bis Juni 2015 habe der Kläger auf das Darlehen insgesamt 16.333,20 € bezahlt.
In Anbetracht der Komplexität der Sache sei eine Rechtsanwaltsgebühr von 1,5für die außergerichtliche Tätigkeit angemessen.
Die von der Beklagten im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachte Nutzungsentschädigung sei zu hoch bemessen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 28.141,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen PKW;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des unter Ziffer 1 bezeichneten Fahrzeuges in Verzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Darlehensforderungen der …, … Bank GmbH, zur Darlehensnummer … freizustellen ab dem Monat Juli 2015;
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 2.403,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, ihre AGB sein Vertragsbestandteil geworden.
Sämtliche mögliche Ansprüche des Klägers seien verjährt.
Im übrigen seien bei Übergabe die jetzt noch geltend gemachten Mängel nicht vorhanden gewesen.
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, seien diese Mängel unerheblich.
In jedem Falle greife ein Gewährleistungsausschluss ein.
Die geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten seien dem Grunde und der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Der Kläger mache Mehrwertsteuer geltend, obwohl er zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Bei den Zusatzkosten handele es sich um Luxusaufwendungen, auf die keinesfalls ein Rückzahlungsanspruch bestünde.
Der Kläger hat vor dem Landgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 6 OH 11/14 ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt. Das Gericht hat diese Akte beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Nachdem der Kläger den Rechtsstreit zunächst bei dem Landgericht Saarbrücken anhängig gemacht hat, hat das Landgericht Saarbrücken den Rechtsstreit mit Beschluss vom 04.11.2015 an das Landgericht Zweibrücken, Kammer für Handelssachen, verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die sie zum Akteninhalt geworden sind.
Entscheidungsgründe
Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Das Landgericht Zweibrücken, Kammer für Handelssachen, ist örtlich, sachlich und funktionell zuständig.
1.1
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem §§ 71 Abs. 1, 23 1 GVG.
1.2
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichtes Zweibrücken steht spätestens aufgrund des gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO bindenden Verweisungsbeschlusses des Landgerichtes Saarbrücken vom 04.11.2015 fest. Die Verweisung ist nachvollziehbar und keinesfalls willkürlich. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichtes Saarbrücken vom 04.11.2015, wie er zum Akteninhalt geworden ist, Bezug genommen.
1.3
Die funktionelle Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen folgt aus § § 95 Abs. 1 Ziffer 1,98 Abs. 1 GVG, nachdem die Beklagte die Verweisung an die Kammer für Handelssachen rechtzeitig beantragt hat.
2.
Im Einverständnis mit den Parteien kann der Vorsitzende anstelle der Kammer entscheiden (§ 349 Abs. 3 ZPO).
II.
Die Klage ist unbegründet.
Sämtliche mögliche Ansprüche des Klägers sind aufgrund eines Haftungsausschlusses gemäß § 444 BGB von der Beklagten nicht zu verantworten.
1.
Die Parteien haben entgegen der Auffassung des Klägers einen entsprechenden Haftungsausschluss vertraglich vereinbart.
In den von Beklagtenseite gestellten AGB heißt es unter Ziffer VI, dass der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche erfolgt, soweit es sich bei dem Käufer um einen Unternehmer handelt.
Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden Vertragsgrundlage.
Beide Parteien sind Kaufleute. Die Beklagte ist unstreitig Kaufmann im Sinne des § 95 Abs. 1 Ziffer eins GVG. Der Kläger ist Kaufmann im Sinne des § 1 HGB. Danach ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe in diesem Sinne ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, wofür im vorliegenden Fall jeglicher Anhaltspunkt fehlt. Auch ein Handwerksbetrieb ist ein solcher Gewerbebetrieb.
Da beide Parteien Kaufleute sind, kommt es auch nicht darauf an, ob dem Kläger die AGB ausgehändigt worden sind, was er allerdings durch Unterschrift auf der Kaufvertragsurkunde ausdrücklich bestätigt hat.
Eine ausdrückliche Einbeziehung der AGB unter Kaufleuten ist nämlich auch dann wirksam, wenn die AGB dem maßgebenden Vertrag nicht beigefügt worden sind und der Kunde den Inhalt der AGB damit nicht kennt. Es genügt die Möglichkeit der Kenntnisnahme (vgl. Zum Ganzen Grüneberg in Palandt, BGB, 74. A., § 305 RN 50, 53 m.w.N.). Dass eine solche Kenntnisnahme dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich und wurde insbesondere von dem Kläger auch nicht ausreichend dargelegt.
2.
Der vereinbarte Haftungsausschluss ist nicht ausgeschlossen.
2.1
Ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 475 BGB, bei welchem Haftungsausschlüsse im Sinne des § 444 BGB unwirksam sind, liegt, wie bereits dargelegt, nicht vor.
2.2
Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass die Beklagte einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
2.3
Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Verkürzung der Verjährungsfrist in den AGB unwirksam ist, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses. Im Gegensatz zu § 139 BGB führt eine Teilnichtigkeit von AGB-Klauseln nicht zur Unwirksamkeit der restlichen Vertragsbestimmungen (§ 306 BGB). Bei § 306 BGB handelt es sich um eine lex specialis zu § 139 BGB (Lapp/Salomon in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7.A., § 306 RN 2/31).
2.4
Schließlich ist der Gewährleistungsausschluss auch nicht durch außergerichtliche Erklärungen der Beklagten bzw. Erklärungen ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten obsolet geworden.
Die Beklagte selbst hat mit E-Mail vom 5.12.2014 erklärt, dass sie die Beanstandungen begutachtet und die festgestellten Mängel abgearbeitet und abgestellt habe. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 21.11.2014 erklärt, dass Bereitschaft zur Überprüfung und Beseitigung der aufgezeigten Defekte bestehe, soweit vorhanden.
Die Auffassung der Klägerin, in diesen Aussagen müsse ein umfassendes Anerkenntnis mit der Folge des Verzichtes auf den Gewährleistungsausschluss gesehen werden, ist nach Auffassung des Vorsitzenden bei Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers im Sinne der §§ 133,157 BGB fernliegend.
Eine Vertiefung dieser Frage bedarf es indessen nicht. Selbst wenn die Beklagte die Einstandspflicht bezüglich der jetzt streitgegenständlichen Mängel übernommen haben sollte, würde ein solches Anerkenntnis nur dazu führen, dass die Haltelasche an dem Reinluftrohr sowie die nicht ordnungsgemäße Abdichtung an dem Lüftungskasten von der Beklagten zu reparieren wäre.
Keinesfalls können diese Erklärungen der Beklagten bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten aber dahin verstanden werden, dass die Beklagten unter Verzicht auf den Gewährleistungsausschluss insgesamt nun auch die Berechtigung zum Rücktritt von dem Vertrag seitens des Klägers akzeptieren wollte. Der Wortlaut der genannten Schreiben gibt für eine solch weitreichende Folge nichts her. Auch aus den sonstigen Umständen ergeben sich nirgendwo Anhaltspunkte, die ein entsprechendes Verständnis gerechtfertigt hätten. Kein vernünftiger Empfänger wäre davon ausgegangen, dass die Beklagte wegen Mängeln, deren Beseitigung einem Kostenaufwand von ca. 1000 € brutto erforderlich machen, nach intensiver Benutzung des Fahrzeuges durch den Kläger trotz Haftungsausschlusses einen Rücktritt noch akzeptieren werde.
3.
Da damit sämtliche geltend gemachten Ansprüche des Klägers schon aufgrund der Regelung Ziffer VI der AGB ausgeschlossen sind, kommt es auf Klärung der übrigen streitigen Fragen der Partei nicht mehr an. Auch die Hilfsaufrechnung der Beklagten kommt nicht zum Tragen.
III.
Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 97 ZPO.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 78.248,82 € festgesetzt.