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Kilometerlaufleistungsangabe durch Gebrauchtwagenhändler als Beschaffenheitsangabe

LG Berlin – Az.: 8 O 19/14 – Urteil vom 18.07.2014

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Kilometerlaufleistungsangabe durch Gebrauchtwagenhändler als Beschaffenheitsangabe
Symbolfoto: Von Yaroslau Mikheyeu /Shutterstock.com

Die Klägerin, eine Limited, begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen gebrauchten PKW der Marke Daimler Benz S 320 CDI sowie Erstattung von Reparaturkosten und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Beklagte betreibt einen gewerblichen Gebrauchtwagenhandel.

Der Geschäftsführer der Klägerin entdeckte auf der Internet-Handelsplattform …. de ein von der Beklagten angebotenes Fahrzeug der Marke Daimler Benz S 320 CDI. Der Kaufpreis sollte 9.880,00 € betragen. Der km-Stand war mit 114.000 km beschrieben. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 46/70 d. A. verwiesen. Die Internet-Anzeige veranlasste den Geschäftsführer der Klägerin zu einem Telefonat mit der Beklagten. Im Nachgang des Telefonats übersandte die Klägerin eine Anhängerkupplung zur Beklagten; die Anhängerkupplung traf am 16. Juli 2013 bei der Beklagten ein.

Am 18. Juli 2013 fuhr der Geschäftsführer der Klägerin zur Beklagten nach Berlin. Dort Unterzeichneten die Parteien unter dem Datum vom 17. Juli 2013 einen schriftlichen Kaufvertrag über ein Fahrzeug der Marke Daimler Benz S 320 CDI zum Preis von 10.000,00 €.

In dem Kaufvertrag heißt es u. a.:

„Kilometerstand It. Vorbesitzer 114.940

Besondere Vereinbarungen / Angaben laut Vorbesitzer:

… Händlergeschäft, Käufer ist vom Fach, Käufer ist probe-gefahren,…,

Gesamtfahrleistung nicht zugesichert,… nicht aus der Internet-Werbung…

Die Umseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden vom Käufer gelesen, verstanden und akzeptiert.“

Die Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen (Kraftfahrzeuge und Anhänger) lauten in Ziffer VI 1 wie folgt:

„…Ist der Käufer eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen oder ein Unternehmer, der bei Abschluss des Vertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, erfolgt der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche.

Weitergehende Ansprüche bleiben unberührt, soweit der Verkäufer aufgrund Gesetz zwingend haftet oder etwas anderes vereinbart wird, insbesondere im Falle der Übernahme einer Garantie.“

Wegen der Einzelheiten wird auf die Blätter 47 und 48 d. A. verwiesen.

Ausweislich des Protokolls der Hauptuntersuchung und des Gebrauchtwagensiegels vom 17. Juli 2013 (Bl. 102 und 103 d. A.) wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 114.940 auf.

Mit Datum vom 18. Juli 2013 Unterzeichneten die Parteien einen Garantievertrag. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 96 d. A. verwiesen. Die Übergabe des Fahrzeugs an den Geschäftsführer der Klägerin erfolgte am 18. Juli 2013.

Am 19. Juli 2013 reklamierte der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Beklagten erstmalig einen Leistungsverlust des Fahrzeugs. Nach einem erneuten Leistungsverlust führte die Klägerin das Fahrzeug in einer Mercedes-Werkstatt vor.

Am 11. August 2013 teilte die Klägerin der Beklagte mit, der Kilometerstand des Fahrzeugs sei unzutreffend.

Am 15. August 2013 ließ die Klägerin Mängelbeseitigungsarbeiten im Umfang von 875,07 € an dem Fahrzeug durchführen.

Nachdem die Beklagte auf die Mitteilung zum Kilometerstand nicht reagiert hatte, erklärte die Klägerin am 25. September 2013 den Rücktritt vom Vertrag und forderte unter Fristsetzung bis zum 15. Oktober 2013 die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 10.000,00 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs.

Die Klägerin behauptet, der Kaufvertrag sei bereits telefonisch am 12. Juli 2013 ohne Einbeziehung der AGB geschlossen worden. Weiter behauptet sie unter Bezugnahme auf das Schreiben des Autohauses H. GmbH vom 07.04.2014 (Bl. 44/50 d. A.) und die Schadenshistorie (Bl. 68 f d. A.), in der Mercedes-Werkstatt sei u. a. festgestellt worden, dass das Fahrzeug über eine komplett gelöschte Historie verfüge. Das Fahrzeug habe im August 2008 einen Kilometerstand von 219.000 km aufgewiesen. Die Angabe des Kilometerstandes bei Abschluss des Kaufvertrages sei mithin falsch gewesen.

Die Klägerin hat mit ihrer der Beklagten am 21.02.2014 zugestellten Klageschrift zunächst angekündigt zu beantragten, 1.) den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 10.875,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2013 zu zahlen. 2.) festzustellen, dass sich die Beklagten in Verzug befindet. 3.) die Beklagte ferner zu verurteilen, in Freistellung der Klägerin außergerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 683,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf das Konto der Prozessbevollmächtigten … Rechtsanwälte, Konto-… zu zahlen.

Mit ihrem Schriftsatz vom 07. April 2014 (Bl. 41 f d. A.) hat die Klägerin ihre Anträge ergänzt und konkretisiert. Sie beantragt zuletzt,

1.) den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 10.875,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2013 Zug um Zug gegen Rückübertragung des Fahrzeuges Marke Mercedes Benz S 320 CDI, Fahrzeugidentnummer … zu zahlen.

2.) festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befindet.

3.) die Beklagte ferner zu verurteilen, in Freistellung der Klägerin außergerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 683,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf das Konto der Prozessbevollmächtigten … / Rechtsanwälte, … zahlen

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Kilometerstand sei beim Vertragsschluss am 18. Juli 2013 zutreffend angegeben worden. Zudem greife der durch AGB vereinbarte Gewährleistungsausschluss.

Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringens wird auf die Inhalte der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über das Fahrzeug Daimler Benz S 320 CDI aufgrund eines wirksamen Rücktritts nach den §§ 437 Nr. 2 i. V. m. 440, 323, 326 Abs. 5 BGB noch liegen die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß der §§ 123 Abs. 1, 142, 346, 812 Abs. 1 BGB vor. Auch Schadensersatzansprüche stehen der Klägerin nicht zu.

1. Es kann dahin stehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft im Sinne des § 434 BGB war, denn der Verkauf des Fahrzeugs erfolgte unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche. Insofern ging der von der Klägerin am 25.09.2013 erklärte Rücktritt ins Leere.

a) Die von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen sehen in Ziffer VI Nr. 1 den Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche vor, soweit der Käufer ein Unternehmer ist, der bei Abschluss des Vertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

Hier handelt es sich bei der Klägerin um eine Limited, mithin ein Unternehmen. Für die durch sie vorgenommenen Geschäfte gilt die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB, wonach die von einem Kaufmann vorgenommenen Geschäfte im Zweifel als zum Betriebe des Handelsgewerbes gehörig gelten.

b) Die Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten sind wirksam in den Vertrag der Parteien einbezogen worden. Dies folgt aus dem von beiden Parteien Unterzeichneten Kaufvertragsformular vom 17.07.2013, auf dem ausdrücklich auf die Umseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen wird, §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 1 BGB.

c) Soweit die Klägerin behauptet hat, ein Kaufvertrag sei auf der Grundlage der Internet-Anzeige bereits am 12. Juli 2013 telefonisch und ohne Einbeziehung der AGB geschlossen worden, konnte sie diese Behauptung nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen, § 286 Abs. 1 ZPO. Denn die von der Klägerin benannte Zeugin … hat den klägerischen Vortrag zu einem telefonischen Vertragsabschluss nicht bestätigt. Vielmehr hat sie nachvollziehbar ausgeführt, am Telefon seien lediglich unverbindliche Informationen ausgetauscht worden. Sie führte weiter aus, ein endgültiger Vertragsschluss erfolge grundsätzlich nicht mündlich im Rahmen eines ersten Telefonats, da zu diesem Zeitpunkt die Person des Gesprächspartners nicht eindeutig, z. B. durch Vorlage eines Personalausweises, identifiziert sei. Die in sich schlüssige Aussage der Zeugin wirkte auf die Kammer plausibel und glaubhaft. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Zeugin … Autohaus-Inhabers ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Zeugin ließ aber gerade keine einseitige Belastungstendenz erkennen. Vielmehr räumte sie ein, dass der Geschäftsführer der Klägerin sein Kommen angekündigt und auch schon vorab eine Anhängerkupplung übersandt hatte. Gleichwohl blieb die Zeugin bei ihrer eindeutigen Aussage, wonach ein Vertragsschluss erst vor Ort am 18. Juli 2013 erfolgt ist; und zwar nach einer ausführlichen Besichtigung und einer erneuten Verhandlung über den Kaufpreis. Dies ist nachvollziehbar, da es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass die Kaufentscheidung für ein Fahrzeug ohne Besichtigung desselben getroffen wird. Zudem weicht auch der schließlich vereinbarte Kaufpreis von 10.000,00 € von dem im Internet angekündigten Kaufpreis in Höhe von 9.880,00 € ab. Dass auf der Kaufvertragsurkunde das Datum des 17.07.2013 aufgeführt ist, steht der Annahme eines Vertragsschluss am 18.07.2013 vor Ort nicht entgegen. Denn die Zeugin erläuterte, dass es sich hierbei um einen versehentlichen Schreibfehler handeln muss. Davon geht auch die Kammer aus, da die Unterschriftsleistung durch den Geschäftsführer der Klägerin nicht im Streit steht und der Geschäftsführer unstreitig erst am 18.07.2013 beim Autohaus der Beklagte eintraf.

Eine Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin von Amts wegen (§ 448 ZPO) war nicht angezeigt, da diese erst dann in Betracht kommt, wenn die Würdigung des Verhandlungsergebnisses noch keine Überzeugung des Gerichts begründen konnte. Dies war hier aus den genannten Gründen nicht der Fall. Auch lag kein sogenannter Anbeweis vor (vgl. hierzu Zöller, Zivilprozessordnung 29. Auflage, § 448 Rn. 4 ZPO).

Nach alledem geht das Gericht von einem Vertragsschluss am 18. Juli 2013 im Autohaus der Beklagten aus. Bei diesem Kaufvertrag sind die Allgemeinen Verkaufsbedingungen wirksam einbezogen worden, mit der Folge des Haftungsausschlusses für Sachmängelansprüche.

d) Dem Haftungsausschluss steht keine Garantieübernahme der Beklagten entgegen. Denn die im Vertragsformular angegebene Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs stellt allenfalls eine einfache Beschaffenheitsangabe im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB und nicht eine Beschaffenheitsgarantie nach § 444 Alt. 2 BGB dar. Der BGH führt dazu aus (BGH 8. Zivilsenat, Urt. v. 29.11.2006, Az. VIII ZR 92/06):

„Die Frage, ob die Angabe der Laufleistung lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2 BGB) zu werten ist, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenslage zu beantworten (vgl. Senat, Urteil vom 25. Juni 1975 – VIII ZR 244/73, WM 1975, 895, unter III 2). Dabei ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob der Verkäufer ein Gebrauchtwagenhändler oder eine Privatperson ist.

Handelt es sich bei dem Verkäufer um einen Gebrauchtwagenhändler, so ist die Interessenlage typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass der Käufer sich auf die besondere, ihm in aller Regel fehlende Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt. Er darf daher darauf vertrauen, dass der Händler für Erklärungen zur Beschaffenheit des Fahrzeuges, die er in Kenntnis dieses Umstandes abgibt, die Richtigkeitsgewähr übernimmt. Der Senat hat deshalb zum alten, bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Kaufrecht in ständiger Rechtsprechung entschieden, der Kaufinteressent könne und dürfe den Angaben des Gebrauchtwagenhändlers über die Laufleistung des Fahrzeugs besonderes Vertrauen entgegenbringen und davon ausgehen, der Händler wolle sich für die Kilometerangabe „stark machen“, mithin zusichern – in heutiger Terminologie: garantieren -, dass die bisherige Laufleistung nicht wesentlich höher liege als die angegebene (vgl. Senat, Urteil vom 25. Juni 1975 – VIII ZR 244/73, WM 1975, 895, unter III 2 und 3; Urteil vom 13. Mai 1998 – VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II; Urteil vom 15. Februar 1984 – VIII ZR 327/82, WM 1984, 534, unter II 1; Urteil vom 18. Februar 1981 – VIII ZR 72/80, WM 1981, 380, unter II 1 b aa). Wolle der Händler für die von ihm angegebene Laufleistung nicht einstehen, müsse er dies gegenüber dem Käufer hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen, indem er etwa darauf hinweise, dass er die Laufleistung nicht überprüft habe (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 1998 – VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II).“

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass allenfalls von einer Beschaffenheitsvereinbarung auszugehen ist, die dem Gewährleistungsausschluss unterfällt. Denn hier hat die Beklagte durch den Zusatz „It. Vorbesitzer“ zu erkennen gegeben, dass sie nicht uneingeschränkt für die angegebene Laufleistung einstehen will. Dies hat sie hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, auch durch den handschriftlichen Zusatz „Gesamtfahrtleistung nicht zugesichert“. Durch diese Klarstellung hat die Beklagte der Angabe des Tachostandes die Bedeutung einer bloßen Wissenserklärung verliehen.

e) Soweit die Rechtsprechung erwägt, bei Käufen über das Internet strengere Maßstäbe an die Beurteilung von Beschaffenheitsvereinbarungen und Garantien anzulegen, weil der Käufer hier in besonderem Maße auf die Angebotsbeschreibung des Verkäufers angewiesen ist (vgl. hierzu BGH a.a.O.), sind diese besonderen Maßstäbe hier nicht zu berücksichtigen. Zwar hatte die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug auch im Internet angeboten. Der vorliegend in Rede stehende Kaufvertrag kam aber – wie bereits ausgeführt wurde – vor Ort nach ausführlicher Prüfung der Kaufsache zustande; der Vertrag wurde mithin weder über das Internet noch über das Telefon geschlossen.

f) Die von der Beklagten angegebene Laufleistung unterfällt dem allgemeinen Gewährleistungsausschluss.

Zwar ist die Frage, ob ein vereinbarter Haftungsausschluss in uneingeschränktem Sinne aufzufassen ist, nicht nur nach dem Wortlaut der Ausschlussbestimmung, sondern nach dem gesamten Vertragstext zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1966 – V ZR 188/63, WM 1966, 1183, unter III). Dies könnte dazu führen, dass die Parteien in ihrem Kaufvertrag zwar einerseits die Gewährleistung ausschließen, zugleich aber eine bestimmte Soll-Beschaffenheit des Fahrzeugs, nämlich eine bestimmte Laufleistung, vereinbaren. Der BGH führt hierzu aus (BGH 8. Zivilsenat, Urt. v. 29.11.2006, Az. VIII ZR 92/06):

„Beide Regelungen stehen dann, zumindest aus der Sicht des Käufers, gleichrangig nebeneinander und können deshalb nicht in dem Sinne verstanden werden, dass der umfassende Gewährleistungsausschluss die Unverbindlichkeit der Beschaffenheitsvereinbarung zur Folge haben soll (a.A. Emmert, NJW 2006, 1765, 1768). Denn bei einem solchen Verständnis wäre letztere für den Käufer – außer im Falle der Arglist des Verkäufers (§ 440 Alt. 1 BGB) – ohne Sinn und Wert. Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann deshalb nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).“

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn die Angabe der Laufleistung war aufgrund der klarsteilenden Zusätze – wie bereits ausgeführt wurde – eine reine Wissensangabe und gerade nicht eine Beschaffenheitsvereinbarung, für welche die Beklagte einstehen wollte.

2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Bezug auf die Laufleistung des Fahrzeugs zu. Voraussetzung des § 123 BGB wäre ein Vorspiegeln oder Entstellen von Tatsachen, des weiteren ein Verschweigen von Tatsachen im Umfang einer bestehenden Aufklärungspflicht (Palandt-Ellenberger, 73. Auflage., § 123 Rd 3ff.). Hierfür fehlen aus den o. g. Gründen die Anhaltspunkte. Die Beklagte hat alle Informationen, die sie hatte, an die Klägerin weitergegeben. Sie ist ihrer Pflicht, über den Zustand des Pkw aufzuklären, voll nachgekommen. Hinsichtlich der Laufleistung ist ihr auch keine Angabe ins Blaue hinein vorzuwerfen, da sie durch den Zusatz „It. Vorbesitzer“ gerade klar gestellt hat, dass eine eigene Überprüfung nicht erfolgt ist. Da keine allgemeine Untersuchungspflicht für Gebrauchtwagenhändler besteht; der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen Besichtigung verpflichtet ist (BGH, Urt. v. 19.06.2013, Az. VIII ZR 183/12), ist der Beklagte kein Vorwurf zu machen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der am 17.07.2013 erfolgreich durchgeführten Hauptuntersuchung.

3. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch steht ebenfalls der Haftungsausschluss entgegen. Auf die weitere Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen kommt es daher nicht mehr an.

4. Vorprozessuale Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin mangels eines Anspruchs in der Hauptsache ebenfalls nicht ersetzt verlangen. Der Geltendmachung dieser Kosten stünde zudem die fehlende Rechnungslegung entgegen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf bis zu 13.000,00 € festgesetzt.

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