Händler muss für verschwiegene Importgeschichte zahlen
Das Landgericht Koblenz hat in seinem Urteil vom 16.05.2023, Az.: 3 U 151/23, entschieden, dass einem Kläger Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung durch einen Gebrauchtwagenhändler zusteht. Der Kläger erwarb ein Fahrzeug, ohne über dessen komplexe Importgeschichte und die abweichenden Eigentumsverhältnisse aufgeklärt worden zu sein. Das Gericht sah darin eine Pflichtverletzung des Händlers und sprach dem Kläger einen Schadensersatz in Höhe von 24.138,16 € zu, der unter Berücksichtigung von Nutzungsvorteilen berechnet wurde.
Übersicht
- Händler muss für verschwiegene Importgeschichte zahlen
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Aufklärungsverpflichtung des Gebrauchtwagenhändlers
- Der Kauf eines Problemfahrzeugs: Eine juristische Odyssee
- Vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung: Die rechtliche Zwickmühle
- Das Urteil des Landgerichts Koblenz: Ein Sieg für den Verbraucherschutz
- Schlüsselentscheidungen und ihre Begründungen: Ein detaillierter Blick
- ✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
- § Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Ein Gebrauchtwagenhändler wurde zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet, weil er den Käufer nicht über die Importgeschichte und die Eigentumsverhältnisse des Fahrzeugs aufgeklärt hatte.
- Der Kläger hatte ein Fahrzeug erworben, das zuvor in den USA beschädigt, in Litauen repariert und dann nach Deutschland importiert wurde.
- Das Gericht stellte fest, dass der Händler als Vermittler aufgetreten war, jedoch eine vorvertragliche Aufklärungspflicht bestand.
- Die Schadensersatzsumme beinhaltet den Kaufpreis und Reparaturkosten, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer.
- Das Gericht wies darauf hin, dass die fehlende Aufklärung über die Eigentumsverhältnisse und die Importgeschichte des Fahrzeugs entscheidend für den Kaufentschluss des Klägers war.
- Die Verjährungsfrist für den Anspruch war zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen.
- Die Beklagte wurde auch zur Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers verpflichtet.
- Eine Feststellung, dass die Ansprüche aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung resultieren, wurde abgelehnt.
Aufklärungsverpflichtung des Gebrauchtwagenhändlers
Im Vorfeld eines Kaufvertrages besteht für den Gebrauchtwagenhändler eine umfassende Aufklärungspflicht gegenüber dem Käufer. Dies beinhaltet die Offenlegung sämtlicher relevanter Informationen zum Fahrzeug, insbesondere zu dessen Unfallhistorie, zu Vorbesitzern und zu eventuellen Mängeln. Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht kann zu Schadensersatzansprüchen des Käufers führen. Denn der Käufer muss in die Lage versetzt werden, eine informierte Entscheidung über den Kauf zu treffen.
Im Kern des Falls steht die Auseinandersetzung zwischen einem Kläger und einer Beklagten über den Kauf eines gebrauchten Chrysler „Town & Country“. Der Kläger erwarb das Fahrzeug für 17.000 €, welches zuvor als US-Importfahrzeug mit einem reparierten Unfallschaden beworben wurde. Die Verkaufsabwicklung erfolgte über einen Gebrauchtwagenhändler, der als Vermittler agierte, jedoch wesentliche Informationen über die Vorbesitzer und den tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs nicht offenlegte.
Der Kauf eines Problemfahrzeugs: Eine juristische Odyssee
Der Streitfall entzündete sich an dem Erwerb eines Gebrauchtwagens, der über die Internetplattform „mobile.de“ zum Kauf angeboten wurde. Der Kläger, in der Annahme, ein Fahrzeug direkt vom Händler zu kaufen, stieß nach dem Kauf auf eine Reihe von Problemen, die letztlich zu einer juristischen Auseinandersetzung führten. Die Beklagte, eine auf den Import von US-Fahrzeugen spezialisierte Firma, hatte das Fahrzeug als „Original US-Fahrzeug“ mit einem „reparierten Unfallschaden in den USA“ inseriert. Unbekannt für den Käufer war, dass das Fahrzeug in Litauen repariert und erst danach nach Deutschland importiert wurde. Zudem wies die Zulassungsbescheinigung Teil II einen anderen Halter aus, als es die Verkaufssituation vermuten ließ.
Vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung: Die rechtliche Zwickmühle
Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte. Der Kläger machte geltend, dass wesentliche Informationen über den Zustand und die Historie des Fahrzeugs, insbesondere über die Reparaturen in Litauen und die abweichenden Einträge im Kfz-Brief, ihm vorenthalten wurden. Die Beklagte verteidigte sich mit dem Argument, als Vermittlerin nicht zur Offenlegung dieser Informationen verpflichtet zu sein.
Das Urteil des Landgerichts Koblenz: Ein Sieg für den Verbraucherschutz
Das Landgericht Koblenz entschied zugunsten des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 24.138,16 € sowie zur Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hat, indem sie den Kläger nicht über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse und die Reparaturhistorie des Fahrzeugs aufklärte. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Transparenz und Ehrlichkeit im Gebrauchtwagenhandel und dient als Mahnung an Händler, die Verbraucherrechte ernst zu nehmen.
Schlüsselentscheidungen und ihre Begründungen: Ein detaillierter Blick
Die Urteilsbegründung des Landgerichts Koblenz liefert eine detaillierte Analyse der vorvertraglichen Aufklärungspflicht und der daraus resultierenden Haftung der Beklagten. Das Gericht betonte, dass der Verbraucher bei einem Gebrauchtwagenkauf auf die vollständige und wahrheitsgemäße Information durch den Verkäufer angewiesen ist. Die Nichtoffenlegung wesentlicher Fahrzeuginformationen stellte eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die den Kläger in seinem Kaufentschluss beeinflusst und zu einem finanziellen Schaden geführt hat.
Das Urteil des Landgerichts Koblenz setzt ein klares Zeichen für den Verbraucherschutz im Gebrauchtwagenmarkt und unterstreicht die Bedeutung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht. Es mahnt Händler zur umfassenden Transparenz und stärkt das Vertrauen der Verbraucher in den rechtlichen Beistand bei Pflichtverletzungen.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Wie definiert sich eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung im Kontext des Gebrauchtwagenkaufs?
Eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung im Kontext des Gebrauchtwagenkaufs bezieht sich auf die Pflicht des Verkäufers, den potenziellen Käufer über wesentliche Eigenschaften und Mängel des Fahrzeugs zu informieren, bevor der Kaufvertrag abgeschlossen wird. Diese Pflicht kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben, wie beispielsweise aus Angaben in einer vorvertraglichen Beschreibung oder einem Internet-Angebot. Die Verletzung dieser Pflicht kann dazu führen, dass dem Käufer Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder Schadensersatz zustehen, wenn vereinbarte Beschaffenheiten fehlen oder der Verkäufer wesentliche Informationen unvollständig oder unzutreffend mitgeteilt hat.
Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass der Verkäufer eines Gebrauchtwagens den Käufer über Umstände aufklären muss, die für dessen Kaufentscheidung wesentlich sind. Dazu gehören beispielsweise Informationen über den Zustand des Fahrzeugs, etwaige Unfallschäden oder die Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen. Die Aufklärungspflicht besteht, um den Käufer in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Wird diese Pflicht verletzt, indem relevante Informationen verschwiegen oder falsch dargestellt werden, kann dies eine vorvertragliche Pflichtverletzung darstellen.
Die vorvertragliche Aufklärungspflicht ist ein wichtiger Bestandteil des Vertrauensverhältnisses zwischen Käufer und Verkäufer. Sie soll sicherstellen, dass der Käufer alle relevanten Informationen erhält, die er benötigt, um eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen. Die Verletzung dieser Pflicht kann erhebliche rechtliche Konsequenzen für den Verkäufer nach sich ziehen, einschließlich der Möglichkeit für den Käufer, vom Kaufvertrag zurückzutreten oder Schadensersatz zu fordern.
Inwiefern beeinflusst die Fahrzeughistorie die Haftung des Verkäufers oder Vermittlers?
Die Fahrzeughistorie spielt eine entscheidende Rolle bei der Haftung des Verkäufers oder Vermittlers im Kontext des Gebrauchtwagenkaufs. Sie umfasst Informationen über frühere Schäden, Reparaturen, die Nutzungsgeschichte des Fahrzeugs (z.B. als Mietwagen oder Fahrschulfahrzeug) und andere relevante Aspekte, die den Zustand und Wert des Fahrzeugs beeinflussen können.
Haftung des Verkäufers
Die Haftung des Verkäufers für Mängel, die zum Zeitpunkt des Verkaufs vorhanden waren, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Gemäß §§ 434 ff. BGB muss der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln verschaffen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Fahrzeughistorie, da sie Aufschluss über eventuelle Vorschäden gibt, die als Sachmängel gelten können. Wurde der Käufer über wesentliche Aspekte der Fahrzeughistorie getäuscht oder wurden diese verschwiegen, kann dies zu Ansprüchen auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, Minderung des Kaufpreises oder Schadensersatz führen.
Haftung des Vermittlers
Die Haftung eines Vermittlers, der nicht selbst Eigentümer des Fahrzeugs ist, sondern dieses nur im Auftrag des Eigentümers verkauft, ist komplexer. Grundsätzlich haftet der Vermittler nicht in gleichem Maße wie der Verkäufer für Sachmängel des Fahrzeugs. Allerdings kann der Vermittler haftbar gemacht werden, wenn er im Rahmen seiner Vermittlungstätigkeit falsche Angaben zum Fahrzeug macht oder relevante Informationen verschweigt. Dies gilt insbesondere, wenn der Vermittler gegenüber dem Käufer den Eindruck erweckt hat, er sei der Verkäufer oder wenn er nicht deutlich macht, dass es sich um einen Verkauf im Kundenauftrag handelt.
Relevanz der Fahrzeughistorie
Die Fahrzeughistorie ist somit ein entscheidender Faktor für die Beurteilung der Haftung sowohl des Verkäufers als auch des Vermittlers. Eine umfassende und korrekte Aufklärung über die Fahrzeughistorie schützt den Käufer vor unliebsamen Überraschungen und bildet die Basis für eine fundierte Kaufentscheidung. Verkäufer und Vermittler sind daher gut beraten, alle ihnen bekannten Informationen über die Fahrzeughistorie offenzulegen, um spätere Haftungsansprüche zu vermeiden.
Welche Bedeutung hat der Begriff „Salvage-Title“ für den Kauf eines Gebrauchtwagens in Deutschland?
### Bedeutung des „Salvage-Title“ beim Kauf eines Gebrauchtwagens in Deutschland
Der Begriff „Salvage-Title“ stammt aus dem US-amerikanischen Fahrzeugmarkt und bezeichnet ein Fahrzeug, das erhebliche Schäden aufweist, oft in Folge eines Unfalls oder anderer schwerwiegender Ereignisse wie Hochwasser oder Diebstahl. In den meisten US-Bundesstaaten wird ein „Salvage-Title“ vergeben, wenn der Schaden am Fahrzeug zwischen 75 und 90 Prozent des Fahrzeugwertes beträgt, was in Europa einem Totalschaden entspricht.
Für den Kauf eines Gebrauchtwagens in Deutschland hat der „Salvage-Title“ eine wichtige Bedeutung, da er auf einen möglichen Totalschaden hinweist. Fahrzeuge mit einem solchen Titel dürfen in den USA meist nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassen werden. Dennoch werden solche Fahrzeuge manchmal nach Europa importiert, notdürftig repariert und als Gebrauchtwagen verkauft.
Das Verschweigen eines „Salvage-Title“ beim Verkauf eines Fahrzeugs in Deutschland kann als Betrug gewertet werden, da es eine wesentliche Information darstellt, die für die Kaufentscheidung des Käufers von Bedeutung ist. Käufer sollten daher bei Importfahrzeugen aus den USA besonders vorsichtig sein und die Fahrzeughistorie genau prüfen, idealerweise durch Anforderung eines CARFAX-Berichts oder einer ähnlichen Dokumentation, die Auskunft über die Historie des Fahrzeugs gibt.
Es ist auch zu beachten, dass Fahrzeuge mit einem „Salvage-Title“ in Deutschland unter Umständen nicht ohne Weiteres zugelassen werden können und dass die Reparaturen, die zur Wiederherstellung des Fahrzeugs durchgeführt wurden, möglicherweise nicht den europäischen Sicherheitsstandards entsprechen. Daher besteht ein erhöhtes Risiko für den Käufer, sowohl in Bezug auf die Sicherheit als auch auf die Wirtschaftlichkeit des Kaufs.
Zusammenfassend ist der „Salvage-Title“ ein Warnsignal für potenzielle Käufer von Gebrauchtwagen in Deutschland, insbesondere wenn es sich um Importfahrzeuge aus den USA handelt. Eine gründliche Überprüfung der Fahrzeughistorie und eine fachkundige Begutachtung des Fahrzeugs sind unerlässlich, um sich vor möglichen Betrugsfällen und unsicheren Fahrzeugen zu schützen.
§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- § 280 Abs. 1 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung: Regelung über Schadensersatzansprüche, wenn vertragliche Pflichten verletzt werden. Im Urteil relevant für den Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen nicht erfolgter Aufklärung durch den Beklagten.
- § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB – Schuldverhältnis durch Vertragsverhandlungen: Erörtert die Entstehung eines Schuldverhältnisses mit Pflichten bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Im Kontext des Urteils wichtig für die Begründung der Haftung des Gebrauchtwagenhändlers als Vermittler.
- § 241 Abs. 2 BGB – Nebenpflichten: Betrifft die Pflichten innerhalb eines Schuldverhältnisses, die nicht die Hauptleistungspflichten sind, z.B. Aufklärungs- und Informationspflichten. Im Fall relevant für die Pflicht zur Aufklärung über die Eigentumsverhältnisse des Fahrzeugs.
- § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB – Besonderes Vertrauensverhältnis: Spezifiziert die Haftung bei Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens während der Vertragsanbahnung. Im Urteil angewandt auf die Rolle des Gebrauchtwagenhändlers als Vermittler.
- § 195 BGB – Regelverjährung: Bestimmt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren für die meisten Ansprüche. Für das Urteil von Bedeutung im Zusammenhang mit der Diskussion über die Verjährung der Ansprüche.
- § 199 Abs. 1 BGB – Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist: Definiert, wann die Verjährungsfrist für Ansprüche beginnt. Im Urteil relevant für die Feststellung, wann die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche begonnen hat.
- § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB – Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung: Erläutert, wie die Verjährung durch das Einreichen einer Klage gehemmt wird. Im Urteil bezogen auf die Hemmung der Verjährung durch die Klage des Klägers.
- § 291 BGB – Verzinsung bei Rechtshängigkeit: Regelt den Zinsanspruch ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit. Im Urteil für die Festlegung der Zinsansprüche des Klägers ab Einreichung der Klage relevant.
- § 288 Abs. 1 BGB – Verzugszinsen: Bestimmt die Höhe der Zinsen, die bei Verzug zu zahlen sind. Im Urteil relevant für die Zinsforderung des Klägers.
Das vorliegende Urteil
LG Koblenz – Az.: 3 U 151/23 – Urteil vom 16.05.2023
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der. 6. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Trier vom 05.01.2023, Az. 6 O 536/20, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 24.138,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2021 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs der Marke Chrysler, Typ Town & Country, Fahrzeug-Identifizierungsnummer […] zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 bezeichneten Fahrzeugs in Verzug befindet.
3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der W. & O. Rechtsanwälte in Höhe von 1.242,84 € freizustellen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 13 % und die Beklagte 87 % zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.865,03 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Mängelgewährleistungsrechte sowie einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug der Marke Chrysler geltend.
Die Beklagte betreibt in Königswinter den Ankauf, Verkauf sowie die Vermittlung von (gebrauchten) Kraftfahrzeugen und hat sich dabei insbesondere auf den Import von US-Fahrzeugen spezialisiert.
Der Kläger erwarb am 19.04.2017 als Verbraucher ein gebrauchtes Kraftfahrzeug der Marke Chrysler, Modell „Town & Country“, Erstzulassung 01.07.2013 mit einer Laufleistung von 114.000 Kilometern zu einem Kaufpreis von 14.000 € zuzüglich Überführungsgebühren in Höhe von 300 €, Zulassungskosten in Höhe von 1.311 € und 400 € Provision. Zudem schloss er eine Garantiezusatzversicherung für 1.089 € ab. Insgesamt zahlte der Kläger damit einen Betrag von 17.000 €.
Zuvor war das Fahrzeug von der Beklagten auf der Internetplattform „mobile.de“ zu einem Kaufpreis von 19.999 € inseriert worden. Dem Inserat ließ sich entnehmen, dass der Verkauf „im Kundenauftrag“ erfolgt und die Mehrwertsteuer „nicht ausweisbar“ ist. Die Verkaufsverhandlungen führte der Kläger ausschließlich mit einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen S..
Das von dem Kläger und der Beklagten, vertreten durch den Zeugen S, am 19.04.2017 im Rahmen der Fahrzeugübergabe unterzeichnete Formular über eine „verbindliche Bestellung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs bei einem Vermittler“ weist die Beklagte als Vermittlerin aus. Als Verkäufer ist „Kundenkartei 1 Kundennummer 170019“ angegeben. Hinsichtlich des Fahrzeugs ist offengelegt, dass es sich um ein „Original US-Fahrzeug“ mit „repariertem Unfallschaden in den USA“ mit „ursprünglichem Salvage-Title“ handelt. Zudem sieht das Bestellformular einen Gewährleistungsausschluss für „Sach- und Rechtsmängel“ sowie eine Verkürzung der entsprechenden Verjährungsfrist auf ein Jahr vor. Wegen der Einzelheiten wird auf das Formular vom 19.04.2017 (Anlage K2, zu Bl. 12 eAkte LG und Anlage BV3, zu Bl. 21 eAkte LG) Bezug genommen.
Der sogenannte „Salvage-Title“ oder auch „Bergungstitel“ wird in den USA ausgefertigt, wenn das Fahrzeug beschädigt und / oder von einer Versicherungsgesellschaft als Totalschaden eingestuft wurde. Das streitgegenständliche Fahrzeug war in den USA in einen Unfall verwickelt, wurde nach Litauen importiert, dort repariert und schließlich nach Deutschland überführt.
In der Zulassungsbescheinigung Teil II war zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger am 19.04.2017 als Halter ein I. Y., wohnhaft in H., eingetragen (Anlage K5, zu Bl. 12 eAkte LG). Eine auf die Beklagte lautende „Vollmacht zum Verkauf eines Kraftfahrzeugs“ vom 18.02.2017, die dem Kläger erst nachträglich übergeben wurde, weist einen P. M., wohnhaft in V., Litauen, als Eigentümer und Verkäufer des Fahrzeugs aus (Anlage K13, zu Bl. 12 eAkte LG).
Am 09.05.2017 „platzte“ der vordere Stoßdämpfer des Fahrzeugs. Hierdurch entstanden dem Kläger Reparaturkosten in Höhe von 967,02 €. Die Garantieversicherung lehnte eine Übernahme ab.
Am 20.06.2017 erhielt die Mutter des Klägers, auf die er das Fahrzeug zugelassen hatte, eine Zeugenladung der Kriminalinspektion T.. Gegenstand war ein Ermittlungsverfahren gegen den ursprünglich in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen Y. wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Der Ausgang dieses Ermittlungsverfahrens ist nicht bekannt.
Mit Schreiben vom 15.08.2018 wurde der Kläger bzw. seine Mutter als Halterin des Fahrzeugs von der Stadtverwaltung T. aufgefordert, die Airbags überprüfen zu lassen und einen Nachweis über deren Funktionsfähigkeit vorzulegen (Anlage K6, zu Bl. 12 eAkte LG). Begründet wurde dies mit Ermittlungen, die ergeben hätten, dass aus den USA importierte Unfallfahrzeuge zum Teil erhebliche Mängel aufweisen würden. Insbesondere lägen Erkenntnisse vor, dass ausgelöste Airbags nicht ordnungsgemäß ersetzt worden seien.
Der Kläger veranlasste daraufhin eine Überprüfung in einer Fachwerkstatt, die ergab, dass die in seinem Fahrzeug verbauten Airbags unsachgemäß befestigt und mit der Fahrzeugbaureihe nicht kompatibel, mithin insgesamt nicht funktionsfähig waren.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.04.2019 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos Gewährleistungsansprüche geltend und erklärte die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung (Anlage K9, zu Bl. 12 eAkte LG).
Die Airbags ließ er am 19.11.2019 von einer Fachwerkstatt Instand setzen. Hierfür wendete er einen Betrag in Höhe von 10.735,86 € auf.
Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte ihn auf ihre Vermittlertätigkeit nicht hingewiesen habe. Es handele sich um ein Umgehungsgeschäft, so dass die Beklagte als Verkäuferin anzusehen sei. Zudem habe die Beklagte die Airbags pflichtwidrig vor Verkauf des Fahrzeugs nicht auf ihre Funktionalität geprüft, obwohl ihr als Händlerin mit besonderer Erfahrung auf dem Gebiet der US-Importe die von der Stadtverwaltung T. in dem Schreiben vom 15.08.2018 geschilderten Erkenntnisse bekannt gewesen sein müssten. Weiterhin habe die Beklagte den Import des Fahrzeugs über Litauen und die von der Zulassungsbescheinigung Teil II abweichenden Eigentumsverhältnisse nicht offengelegt, ihn hierüber mithin arglistig getäuscht. Wenn er gewusst hätte, dass der Verkäufer in Litauen wohnhaft war, hätte er den Kaufvertrag nicht geschlossen.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Nebenkosten abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.164,76 €, mithin die Zahlung eines Betrags von 14.835,24 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs begehrt. Zudem hat er einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 11.702,88 € (Reparatur Stoßdämpfer in Höhe von 967,02 € zuzüglich Reparaturkosten Airbags von 10.735,86 €) nebst Zinsen geltend gemacht. Er hat weiterhin die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten beantragt und die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.358,86 €. Schließlich hat er die Feststellung beantragt, dass seine Ansprüche aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten resultieren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und insbesondere vorgetragen, dass sie als Vermittlerin des Kaufvertrags nicht passivlegitimiert sei. Ferner hat sie hinsichtlich etwaiger Gewährleistungsansprüche die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Parteien angehört sowie die Zeugin G. und den Zeugen S. vernommen. Zudem hat es ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. zur Funktionsfähigkeit der Airbags und zu den Erkenntnismöglichkeiten durch die Beklagte eingeholt und den Sachverständigen ergänzend mündlich angehört. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 19.05.2022 (Bl. 107 ff. eAkte LG) sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 23.09.2021 (Bl. 66 ff. eAkte LG), 09.12.2021 (Bl. 77 ff. eAkte LG) und vom 08.12.2022 (Bl. 152 ff. eAkte LG) Bezug genommen.
Zum weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstand und den von den Parteien gestellten Anträgen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 164 ff. eAkte LG) verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche sowie Schadensersatzansprüche seien verjährt. Mangels Anfechtungsgrundes habe der Kläger auch nicht wirksam die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt, so dass kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bestehe. Die Beklagte habe keine Kenntnis von der mangelnden Funktionsfähigkeit der Airbags haben müssen. Hinsichtlich des Umstands, dass in der Zulassungsbescheinigung Teil II ein von den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen abweichender Halter eingetragen sei, sei die Anfechtungsfrist verstrichen. Letztlich habe der Kläger den Beweis einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i. S. d. § 826 BGB nicht zur Überzeugung des Gerichts geführt.
Gegen dieses Urteil vom 05.01.2023 wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt.
Er macht geltend, dass ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung folge. Über das Bestehen eines möglichen Mangels der Airbags habe die Beklagte aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit zwangsweise positive Kenntnis haben müssen. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug aus den USA über Litauen nach Deutschland importiert worden sei und in kurzer Zeit nach dem Import nach Deutschland mehrere Halter- bzw. Eigentümerwechseln stattgefunden hätten, die nicht in den Papieren eingetragen worden seien. Diese ungewöhnliche Fahrzeughistorie habe die Beklagte veranlassen müssen, das Fahrzeug eingehend und über eine einfache Sichtprüfung hinaus auf Sicherheitsmängel zu prüfen. Ferner sei sie verpflichtet gewesen, die Fahrzeughistorie, die sich auf den Wert des Fahrzeugs auswirke, ungefragt zu offenbaren. Auch hierüber sei er von der Beklagten, die aufgrund ihrer Werbung mit der Spezialisierung auf den Import von US-Fahrzeugen ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen habe, arglistig getäuscht worden. Hilfsweise sei seine mit Schreiben vom 18.04.2019 erklärte Anfechtung jedenfalls als Rücktritt vom Kaufvertrag zu deuten.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Trier vom 05.01.2023,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.835,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.06.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw der Marke Chrysler, Typ Town & Country, Fahrzeug-Identifizierungsnummer […] zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 1 bezeichneten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 11.702,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 28.03.2020 zu zahlen;
4. festzustellen, dass seine Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung der Beklagten resultieren;
5. die Beklagte zu verurteilen, ihn von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der W. & O. Rechtsanwälte in Höhe von 1.358,86 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt die Einrede der Verjährung. Sie habe über den US-Import und den „Salvage-Title“ aufgeklärt, mehr habe sie bei Vertragsschluss nicht offenlegen können und müssen. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe ergeben, dass der später festgestellte Mangel an der Funktionsfähigkeit der Airbags äußerlich nicht erkennbar gewesen sei. Insoweit könne von einem arglistigen Verhalten bei Vertragsabschluss nicht die Rede sein. Die Fahrzeughistorie sei dem Kläger bei Vertragsschluss egal gewesen. Es sei ihm lediglich auf eine Reduzierung des Kaufpreises angekommen, die er erfolgreich verhandelt habe. Weitere Risiken habe er durch die zusätzlich abgeschlossene Garantieversicherung abgesichert gesehen.
Der Senat hat den Kläger im Termin am 25.04.2023 persönlich angehört.
Am 25.04.2023 betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 158.343 Kilometer.
II.
Die gemäß §§ 511, 517 ff. ZPO zulässige Berufung des Klägers ist auch in der Sache überwiegend in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Zwar ist zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Kaufvertrag zustande gekommen und die Voraussetzungen für die Annahme eines Umgehungsgeschäfts liegen nicht vor (1.). Der Kläger kann jedoch von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 24.138,16 € (bestehend aus dem Kaufpreis inkl. Nebenkosten in Höhe von 17.000 €, Reparaturkosten von 11.702,88 €, abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 4.564,72 €) Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs wegen der Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht verlangen, da sie den Kläger über den Umstand, dass der Eigentümer des Fahrzeugs nicht als Halter in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragenen war, nicht aufgeklärt hat (2.). Der Schadensersatzanspruch ist ab Rechtshängigkeit zu verzinsen (3.). Auch besteht ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, jedoch nur berechnet aus einem Streitwert von 24.138,16 € (4.). Weiterhin war antragsgemäß festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet (5.). Zurückzuweisen war die Berufung indes, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass seine Ansprüche aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten resultieren (6.). Im Einzelnen:
1. Ein Kaufvertrag ist zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht zustande gekommen.
a) Insofern muss sich der Kläger an dem eindeutigen Wortlaut der Bestellbestätigung vom 19.04.2017 (Anlage K2, zu Bl. 12 eAkte LG und Anlage BV3, zu Bl. 21 eAkte LG) festhalten lassen, wonach die Beklagte lediglich als Vermittlerin des Fahrzeugkaufs aufgetreten ist. Aufgrund dieses eindeutigen Vertragsinhalts kommt den Begleitumständen des Verkaufsgesprächs keine entscheidende Bedeutung zu. Unerheblich ist insbesondere, ob der Kläger bei den Vertragsverhandlungen von dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen S., mündlich ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass die Beklagte den Fahrzeugverkauf nur vermittele. Denn die Vermittlertätigkeit lässt sich bereits aus der Überschrift des von dem Kläger unterzeichneten Bestellformulars („verbindliche Bestellung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs bei einem Vermittler“) und aus der eindeutigen Bezeichnung der Beklagten als „Vermittlerin“ hinreichend deutlich entnehmen (BGH, Urteil vom 26.01.2005 – VIII ZR 175/04, Rn. 16, juris). Daran würde auch eine etwaige vorhandene Fehlvorstellung des Klägers nichts ändern (BGH, a.a.O., Rn. 14, juris).
b) Die Beklagte muss sich auch nicht gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 39 EGBGB anzuwendenden, bis einschließlich 31.12.2017 geltenden Fassung vom 02.01.2002 wegen Vorliegens eines Umgehungsgeschäfts als Verkäuferin behandeln lassen.
Im Einzelfall kann zwar eine Umgehung des für den Verbrauchsgüterkauf bezweckten Verbraucherschutzes anzunehmen sein, wenn das Vermittlergeschäft missbräuchlich dazu eingesetzt wird, ein in Wahrheit vorliegendes Eigengeschäft der Beklagten zu verschleiern. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung der Frage zu, wie bei wirtschaftlicher Betrachtung die Chancen und Risiken des Gebrauchtwagenverkaufs zwischen dem bisherigen Eigentümer des Fahrzeugs und der Beklagten als Fahrzeughändler verteilt sind. Hat der Händler etwa ein Gebrauchtfahrzeug, das er „im Kundenauftrag“ weiterveräußert, dergestalt in Zahlung genommen, dass er dem Eigentümer des Fahrzeugs einen bestimmten Mindestverkaufspreis für das Altfahrzeug garantiert und ihm beim Kauf eines Neuwagens den entsprechenden Teil des Kaufpreises für das Neufahrzeug gestundet hat, so ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise von einem Ankauf des Altfahrzeugs durch den Händler auszugehen mit der Folge, dass er beim Weiterverkauf des Gebrauchtwagens als dessen Verkäufer anzusehen ist und das gleichwohl gewählte Agenturgeschäft nach § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. keine Anerkennung finden kann (BGH, Urteil vom 26.01.2005 – VIII ZR 175/04, Rn. 20, juris).
So liegt der Fall hier indes nicht.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs des von dem Kläger erworbenen Gebrauchtwagens hätte tragen sollen, hat der Kläger weder konkret vorgetragen noch sind sie sonst für den Senat ersichtlich. Insbesondere fehlt es an einer Einstandspflicht der Beklagten für einen bei dem Weiterverkauf zu erzielenden Mindestpreis. Der Kaufvertrag sieht für die Beklagte lediglich eine Provision in Höhe von 400 € vor. Ob die angegebene Höhe der Provision den Tatsachen entspricht, mag dahinstehen. Das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs lag jedenfalls bei dem Verkäufer und nicht bei der Beklagten.
2. Allerdings steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 24.138,16 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m § 241 Abs. 2 BGB wegen der unterbliebenen Aufklärung über den Umstand, dass in der Zulassungsbescheinigung Teil II ein von den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen abweichender Halter eingetragen war, zu.
a) Die Schadenersatzpflicht der Beklagten als Vermittlerin des Kaufvertrags dem Grunde nach folgt dabei aus der Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens i. S. v. § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, haftet der Gebrauchtwagenhändler als Vermittler des Kaufvertrages aus Verschulden bei Vertragsschluss selbst, wenn der Kunde ihm ein besonderes, über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen entgegenbringt und erwartet, darin rechtlichen Schutz zu genießen. Dabei kommt dem Umstand, dass der Vermittler die gesamten Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss des Kaufvertrages im Rahmen seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeughändler allein geführt hat, während der Kläger zu dem eigentlichen Verkäufer keinen Kontakt hatte, wesentliche Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, Rn. 24, juris).
So liegt der Fall hier.
Die Beklagte, vertreten durch den Mitarbeiter S., hat mit dem Kläger die gesamten Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss des Kaufvertrags einschließlich der Übergabe des Fahrzeugs geführt. Der Kläger hatte keinen Kontakt zu dem Eigentümer und damit wahren Verkäufer des Fahrzeugs. Dieser war ihm zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses lediglich als eine Nummer in der Kundenkartei der Beklagten offenbart worden. Ein weiteres Indiz für das besondere Vertrauen, das die Beklagte für sich in Anspruch genommen hat, sind zudem ihre (damaligen) Werbeaussagen auf der Homepage (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage 2020, III. Die Rechtsbeziehungen der am Agenturgeschäft Beteiligten zueinander (Inlandsfälle), Rn. 2295). Dort warb die Beklagte mit ihrer großen, achtjährigen Erfahrung auf dem Gebiet des Fahrzeugimports aus den USA, einer Ausstellungsfläche von 4.000 qm, einer ständigen Verfügbarkeit von ca. 60 Fahrzeugen und dem gebotenen „Rundum-Service“. Der Kläger konnte daher davon ausgehen, dass die Beklagte hinsichtlich des von ihm geplanten Erwerbs des Fahrzeugs der Marke Chrysler, Modell „Town & Country“, welches für den US-Markt konzipiert wurde und in dieser Form in Deutschland nur nach einem Import erhältlich ist, besonderes vertrauenswürdig ist.
b) Es ist auch eine Pflichtverletzung der Beklagten gegeben. Diese ist in der fehlenden Aufklärung über die abweichenden Eigentumsverhältnisse zu sehen.
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, besteht bei Vertragsverhandlungen für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann. Ein solcher, für den Käufer eines Gebrauchtwagens wesentlicher und damit die Aufklärungspflicht auslösender Umstand soll u. a. vorliegen, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst kurz zuvor von einem sogenannten „fliegenden Zwischenhändler“ erworben hat. Denn ohne einen entsprechenden Hinweis gehe der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen habe, der als letzter Halter in dem Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist. Habe der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer dritten Person erworben, liege der Verdacht nahe, dass es während der Besitzzeit des Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen sei. Die Verlässlichkeit der Angaben des Verkäufers zum Fahrzeug werde dadurch grundlegend entwertet (BGH, Urteil vom 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, Rn. 15 – 16, juris).
Der hier zu entscheidende Sachverhalt ist gleich gelagert.
In der dem Kläger ausgehändigten Zulassungsbescheinigung Teil II (Anlage K5, zu Bl. 12 eAkte LG) war ein I. Y., wohnhaft in Deutschland als Halter des Fahrzeugs eingetragen. Eigentümer des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses, wie sich auch aus der entsprechenden, auf die Beklagte lautenden Vermittlervollmacht (Anlage K13, zu Bl. 12 eAkte LG) ergibt, war jedoch unstreitig ein P. M., Litauen. Die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil II stammt vom 07.02.2017. Die Vermittlervollmacht datiert auf den 18.02.2017. Innerhalb des wenige Tage umfassenden Zeitraums zwischen dem 07.02.2017 und dem 18.02.2017 und damit kurz vor dem Kauf des Fahrzeugs durch den Kläger am 19.04.2017 muss mithin entweder ein Eigentumswechsel stattgefunden haben, oder der Eigentümer M. überließ das Fahrzeug dem I. Y zur Zulassung in Deutschland, wobei die (vertragliche) Beziehung zwischen diesen Personen für die Überlassung unklar bleibt. Allein dieser Umstand ist bereits geeignet, die Verlässlichkeit der Angaben der Beklagten zu dem Fahrzeug zu entwerten. Hinzu kommt, dass der in der Zulassungsbescheinigung Teil II als Halter eingetragene Y. über einen deutschen Wohnsitz verfügt, während der Eigentümer M. in Litauen wohnhaft ist. Hinsichtlich einer etwaigen (gerichtlichen) Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Kaufvertrag ist dies mit erheblichen Risiken für den Kläger verbunden. Über diese der Beklagten bekannte Tatsache, dass der Eigentümer und damit Verkäufer des Fahrzeugs – anders als die Zulassungsbescheinigung Teil II nahelegt – nicht über einen Wohnsitz in Deutschland verfügt – hätte sie als Vermittlerin den Kläger daher ebenfalls ungefragt aufklären müssen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger davon ausging, dass das Fahrzeug ohne Umweg aus den USA nach Deutschland importiert und dort repariert worden sei.
Daran ändert die grundsätzliche Kenntnis des Klägers von dem Umstand, dass es sich bei dem Kaufgegenstand um ein aus den USA importiertes Unfallfahrzeug handelte, nichts. Im Gegenteil: Gerade bei einem solchen Fahrzeug ist die Fahrzeughistorie, insbesondere die Eigentumsfrage, für den Kaufentschluss von entscheidender Bedeutung, um beurteilen zu können, wo der Unfallschaden unter Einhaltung welcher Qualitätsstandards repariert wurde.
bb) Zur Überzeugung des Senats steht aufgrund der Angaben des Zeugen S. in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2022 (Bl. 78 ff. eAkte LG) fest, dass die Beklagte den Kläger über den in der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht eingetragenen Eigentümer mit Wohnsitz in Litauen nicht aufgeklärt hat.
Der Zeuge S. hat angegeben, dass ihm, auch wenn es anhand der Kundenummer grundsätzlich möglich gewesen sei, den Namen des Eigentümers und damit Verkäufers nachzuschauen, grundsätzlich bei der Vermittlung nicht bekannt gewesen sei, wer Eigentümer des betreffenden Fahrzeugs sei. Dies habe ihn nicht interessiert. Im Rahmen der Verkaufsgespräche werde auch nicht thematisiert, ob der Verkäufer im In- oder Ausland sitze.
Gründe, an dem Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen, die im Einklang mit den Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung stehen, zu zweifeln, bestehen nicht. Da der Senat die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht anders beurteilen und dessen Aussage auch nicht anders verstehen will als das Landgericht, war eine erneute Vernehmung des Zeugen S. gemäß § 398 Abs. 1 ZPO in der Berufungsinstanz nicht geboten (BGH, Beschluss vom 27.01.2021 – XII ZR 21/20, BeckRS 2021, 2640, m. w. N.).
Wenn dem Zeugen mangels Interesse die Person des Eigentümers des von ihm vermittelten Fahrzeugs nicht bekannt war, kann er den Kläger, der nach seinen Angaben in den persönlichen Anhörungen durch das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2022 (Bl. 67 f. eAkte LG) und durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2023 (Bl. 45 f. eAkte OLG) davon ausging, dass die Beklagte sein Vertragspartner werden würde, über die Identität auch nicht aufgeklärt haben. Das Verhalten ihres Mitarbeiters S. muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, so dass eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zur Überzeugung des Senats feststeht.
c) Die dargestellte Pflichtverletzung war auch ursächlich für den vom Kläger geltend gemachten Schaden. Insbesondere war sie ursächlich dafür, dass der Kläger den für ihn nachteiligen Kaufvertrag abgeschlossen hat.
aa) Grundsätzlich hat der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen. In der Rechtsprechung ist zum Kaufvertragsrecht aber der Grundsatz entwickelt worden, dass derjenige, der eine vertragliche Aufklärungs- oder Beratungspflicht verletzt, das Risiko der Unaufklärbarkeit des Ursachenzusammenhangs zu tragen hat, soweit es um die Frage geht, wie der andere Teil gehandelt hätte, wenn er pflichtgemäß ins Bild gesetzt worden wäre (BGH, Urteil vom 05.07.1973 – VII ZR 12/73, NJW 1973, 1688).
Folglich muss die Beklagte, die ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hat, darlegen und beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, der Kläger also den Hinweis unbeachtet gelassen und auch bei entsprechender Offenlegung den Kaufvertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte (BGH, Urteil vom 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, Rn. 18, juris).
bb) Diesen Beweis hat die Beklagte nicht zu führen vermocht.
Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2023 (Bl 45 f. eAkte OLG) angegeben, er sei während der Vertragsverhandlungen mit dem Zeugen S. stets davon ausgegangen, dass die Beklagte Eigentümerin des Fahrzeugs sei. Folglich habe er sich über die Eigentümerstellung bei Vertragsschluss keine großen Gedanken gemacht. Er hätte das Fahrzeug auch gekauft, wenn statt der Beklagten eine dritte Person aus Deutschland Eigentümer des Fahrzeugs gewesen wäre. Wenn er jedoch gewusst hätte, dass der Verkäufer in Litauen sitze, hätte er von dem Kauf Abstand genommen. Denn über Litauen habe er im Zusammenhang mit dem Handel von Gebrauchtwagen schon oft von „Abzockerei“ gehört.
Die Angaben des Klägers sind glaubhaft und stellen anders als die Beklagte meint, keine bloße Schutzbehauptung dar.
Nachvollziehbar ist insbesondere die Unterscheidung, die der Kläger im Hinblick auf den (ausländischen) Wohnsitz eines möglichen Verkäufers vornimmt. So hat der Kläger unumwunden zugegeben, dass er den Kaufvertrag auch dann geschlossen hätte, wenn er von der fehlenden Eigentümerstellung der Beklagten gewusst und tatsächlicher Verkäufer eine Person mit Sitz im Inland gewesen wäre. Die weitere Angabe, er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er über den Verkäuferwohnsitz Litauen und die Tatsache, dass das Fahrzeug dort auch „gelaufen“ sei, aufgeklärt worden wäre, weil er dann Angst gehabt hätte, „abgezockt“ zu werden, ist angesichts der vielfältigen Presseberichterstattung über in Osteuropa notdürftig aufgehübschte und restaurierte Unfallfahrzeuge aus den USA (vgl. etwa die Dokumentation im SWR Fernsehen „Die Gebrauchtwagenfalle – das miese Geschäft mit schrottreifen Autos“, abgerufen am 28.04.2023 unter https://www.swrfernsehen.de/betrifft/die-gebrauchtwagenfalle-das-miese-geschaeft-mit-schrottreifen-autos-100.html), über die auch der Sachverständige S. in seinem erstinstanzlichen Gutachten vom 19.05.2022 (Bl. 107 ff. eAkte LG) berichtet hat, plausibel und für den Senat auch überzeugend. Einleuchtend ist ebenfalls, dass der Kläger den Kauf in diesem Fall auch nicht unter dem Eindruck der vereinbarten Kaufpreisreduzierung und dem Abschluss einer Zusatzgarantie vollzogen hätte, wie er ebenfalls im Rahmen seiner Anhörung erläutert hat. Denn dass die Zusatzgarantie im Hinblick auf den offengelegten Unfallschaden und auf Verschleißteile nicht greift, musste dem Kläger bewusst sein. Zudem deckt die Garantieversicherung Schäden im Zusammengang mit falschen Angaben des Verkäufers nicht ab, so dass ein Interesse des Klägers verbleibt, Ansprüche gegen diesen effizient und möglichst kostengünstig geltend machen und vollstrecken zu können. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ergebe sich daraus, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung bekannt habe, das Fahrzeug gerne behalten zu wollen und bei Zahlung eines Geldbetrages vergleichsbereit gewesen sei. Denn für die Frage, ob der Kläger den Kaufvertrag auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch die Beklagte geschlossen hätte, ist auf den Kaufvertragsschluss als maßgeblichen Zeitpunkt abzustellen.
d) Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen scheidet auch nicht deshalb aus, weil im Anwendungsbereich des Sachmängelgewährleistungsrechts ein Rückgriff auf diese Grundsätze nicht zulässig wäre.
Denn Gegenstand der geschuldeten Aufklärung ist vorliegend kein Beschaffenheitsmerkmal. Die Abweichung zwischen Halter und Eigentümer verbunden mit dem ausländischen Wohnsitz des Eigentümers stellt keine dem Fahrzeug anhaftende Beschaffenheit und damit auch keinen Sachmangel dar (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360, zur Frage, ob der Import eines KFZ einen Sachmangel darstellt).
e) Dem Kläger ist ein Schaden in Höhe von 24.138,16 € entstanden.
aa) Er kann im Rahmen des Schadensersatzes wegen einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Er kann also die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Das waren 14.000 € zuzüglich Überführungsgebühren in Höhe von 300 €, Zulassungskosten in Höhe von 1.311 €, 400 € Provision und Kosten für die Garantiezusatzversicherung von 1.089 €, mithin insgesamt 17.000 €.
bb) Der Kläger kann auch die Kosten ersetzt verlangen, die ihm infolge der angefallenen Reparaturen entstanden sind. Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität sind grundsätzlich alle Kosten zu berücksichtigen, die aufgrund des Vertragsabschlusses beim Kläger angefallen sind und die, hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, nicht angefallen wären. Hiervon sind die geltend gemachten Reparaturkosten umfasst. Denn diese stellen keine gewöhnlichen Unterhaltungskosten dar, die sich bei dem Kauf eines anderen Gebrauchtwagens ohnehin eingestellt hätten.
Der Senat ist mit dem Landgericht der Überzeugung, dass dem Kläger aufgrund der vorgelegten Rechnungen Kosten für die Reparatur des defekten Stoßdämpfers in Höhe von 967,02 € (Anlage K3, zu Bl. 12 eAkte LG) und für die Instandsetzung der Airbags in Höhe von 10.735,86 € (Anlage K8, zu Bl. 12 eAkte LG), mithin insgesamt 11.702,88 € entstanden sind. Hiergegen bringt die Berufung nichts vor.
cc) Als Vorteil muss sich der Kläger die durch die Nutzung des Fahrzeugs erlangten Gebrauchsvorteile anrechnen lassen. Der Senat hat insoweit die Möglichkeit, den entsprechenden Betrag gem. § 287 ZPO zu schätzen.
Bei Kauf wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 114.000 Kilometer auf, was bei einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 250.000 Kilometer eine im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses zu erwartende Restlaufzeit von 136.000 Kilometer bedeutet. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung betrug die Laufleistung 158.343 Kilometer. Der Kläger hat mit dem Fahrzeug mithin eine Strecke von 44.343 Kilometer zurückgelegt.
Zur Berechnung der anzurechnenden Nutzungsentschädigung hat der Senat den Kaufpreis von 14.000 € durch die bei Kauf zu erwartende Restlaufzeit von 136.000 Kilometer dividiert und mit der von dem Kläger gefahrenen Strecke von 44.343 Kilometer multipliziert (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, juris Rn. 80). Unter Anwendung dieser Formel schätzt der Senat den Gebrauchsvorteil auf 4.564,72 €, der von der Schadensersatzforderung des Klägers in Abzug zu bringen ist.
dd) Insgesamt ist dem Kläger damit ein Schaden in Höhe von 24.138,16 € (17.000 € zuzüglich 11.702,88 € abzüglich 4.564,72 €) entstanden.
ee) Im Rahmen der im Schadensrecht allgemein anerkannten Vorteilsausgleichung hat der Kläger zudem das streitgegenständliche Fahrzeug an die Beklagte Zug um Zug herauszugeben.
f) Der Anspruch ist nicht verjährt. Er unterliegt der Regelverjährung (BGH, Urteil vom 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, Rn. 22, juris; BeckOGK/Arnold, 01.12.2022, BGB § 438 Rn. 23).
Vorliegend konnte die Verjährungsfrist frühestens mit dem Schluss des Jahres 2017 beginnen (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Verjährung betrug drei Jahre (§ 195 BGB) und wäre damit frühestens mit dem Ablauf des Jahres 2020 eingetreten. Durch die Klageeinreichung am 29.12.2020 unter gleichzeitiger Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses und die Zustellung „demnächst“ an die Beklagte am 11.01.2021 wurde die Verjährung rechtzeitig gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO).
3. Der Zinsanspruch des Klägers in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Soweit der Kläger Zinsen für vor der Rechtshängigkeit liegende Zeiträume geltend macht, war der Berufung der Erfolg versagt. Denn die Beklagte befand sich vor Eintritt der Rechtshängigkeit nicht in Verzug. Zwar hat der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.04.2019 (Anlage K9, zu Bl. 12 eAkte LG) die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Überführungs- und Zulassungskosten sowie der Provisionszahlung unter Fristsetzung bis zum 30.04.2019 aufgefordert. Dieses Schreiben wirkt jedoch nicht verzugsbegründet, weil der Kläger darin die ihm obliegende Gegenleistung nicht ordnungsgemäß angeboten hat. Denn er verlangte den vollständigen, nicht um eine angemessene Nutzungsentschädigung gekürzten Kaufpreis (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962). Die weitere Schadensposition der Reparaturkosten war nicht Gegenstand des außergerichtlichen Aufforderungsschreibens.
4. Schließlich erstreckt sich der Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2013 – 9 U 96/11, BeckRS 2013, 19258), so dass der Kläger von der Beklagten entsprechende Freistellung verlangen kann, jedoch nur berechnet aus einem Streitwert von 24.138,16 € unter Berücksichtigung der bis zum 31.12.2020 geltenden Rechtslage, mithin in Höhe von 1.242,84 € (1,3 Geschäftsgebühr in Höhe von 1.024,40 € zuzüglich 20 € Pauschale zuzüglich 198,44 € Mehrwertsteuer). Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts durch den Kläger war erforderlich und zweckmäßig.
5. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme des Fahrzeugs gemäß §§ 293, 295 BGB in Verzug.
a) Der entsprechende Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig.
Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse folgt aus der erleichterten Vollstreckungsmöglichkeit nach §§ 756, 765 ZPO sowie aus der mit dem Annahmeverzug einhergehenden Haftungsbeschränkung für den Kläger, §§ 300 ff. BGB.
b) Der Antrag ist auch begründet. Zwar lässt sich dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.04.2019 (Anlage K9, zu Bl. 12 eAkte LG) ein ausreichendes wörtliches Angebot nicht entnehmen, weil er zwar die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs forderte, dies jedoch mit der Anfechtung des Kaufvertrags ohne Berücksichtigung der abzuziehenden Nutzungsentschädigung begründete und gleichzeitig einen vergleichsweisen Verzicht auf die Rückabwicklung in Aussicht stellte, falls der Beklagte sich bereit erkläre, die Reparaturkosten zu tragen.
Das wörtliche Angebot des Klägers liegt aber jedenfalls in der auf Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Klageerhebung (BGH, Urteil vom 15.11.1996 – V ZR 292/95, NJW 1997, 581); die Anträge in der Klageschrift berücksichtigten den Abzug einer zu diesem Zeitpunkt angemessene Nutzungsentschädigung. Dies genügt gemäß § 295 BGB für die Begründung des Annahmeverzugs, weil die Beklagte durch ihren Klageabweisungsantrag die Annahme des Angebots auf Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs ernsthaft und endgültig verweigert hat.
6. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Ansprüche des Klägers aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten resultieren. Insoweit war die Klage abzuweisen und damit die Berufung zurückzuweisen.
a) Der Feststellungsantrag ist allerdings zulässig. Das notwendige Feststellungsinteresse besteht hier zwar nicht wegen der erweiterten Vollstreckungsmöglichkeiten des § 850f Abs. 2 ZPO oder § 302 Nr. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 03.06.2016 – IX ZB 33/14), weil der Beklagten als juristischer Person weder die Möglichkeit der Restschuldbefreiung offensteht (§ 286 InsO) noch der Pfändungsschutz des § 850f Abs. 1 ZPO greift. Allerdings ergibt es sich aus dem in § 393 BGB geregelten Aufrechnungsverbot, da dessen Voraussetzung, also das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung als Grund der Forderung, zur Beweislast des Forderungsinhabers steht (BGH, Urteil vom 21.12.2021 – VI ZR 457/20, Rn. 10, juris). Diese Vorschrift gilt auch für eine juristische Person, die für die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung eines verfassungsmäßig berufenen, in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen tätig werdenden Vertreters nach § 31 BGB haftet (BGH a. a. O.).
b) Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.
Anhaltspunkte für eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung der Beklagten im Sinne der §§ 823 ff. BGB sind nicht ersichtlich. Insbesondere konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger durch die Beklagte, vertreten durch den Zeugen S., über den Import des Fahrzeugs über Litauen oder die Eigentumsverhältnisse bzw. die Fahrzeughistorie bewusst getäuscht worden wäre. Die Verletzung der Aufklärungspflicht für sich genommen ist nicht geeignet, eine vorsätzliche unerlaubte Handlung zu begründen. Denn Ansprüche aus Vertragsverletzungen sind von der Begriffsbestimmung nicht erfasst (vgl. MüKoInsO/Stephan, 4. Aufl. 2020, InsO § 302 Rn. 12).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die streitigen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und vom Senat lediglich auf den Einzelfall angewendet wurden.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO, § 47 GKG.
Der Senat bemisst den Wert des Klageantrags zu 1) mit 14.835,24 €, den Klageantrag zu 3) mit 11.702,88 € und den Klageantrag zu 4) mit 5 % der Summe der Klageanträge zu 1) und 3), mithin mit 1.326,91 € (vgl. Senat, Urteil vom 30.06.2020, 3 U 1869/19), da der Leistungsantrag auf die Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten und damit vordergründig nicht auf eine vorsätzliche unerlaubte Handlung gestützt wurde, mithin mit diesem nicht wirtschaftlich identisch ist (vgl. BGH Beschluss vom 13.02.2013 – II ZR 46/13, NJW-RR 2013, 1022).
Die begehrte Feststellung des Annahmeverzugs (Klageantrag zu 2)) hat keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (BGH, Beschluss vom 20.06.2017 – XI ZR 109/17, juris Rn. 4, m. w. N.).