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Gebrauchtwagenkaufvertrag – fachgerechte Behebung eines Frontschadens

LG Lübeck – Az.: 14 S 107/11 – Urteil vom 22.03.2012

Die Berufung gegen das am 21.04.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I

Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien sowie der prozessualen Erklärungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Verweisungen Bezug genommen. Auf das Abfassen eines Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO weitgehend verzichtet.

Das Amtsgericht hat mit am 21.04.2011 verkündetem Urteil der Klage mit Ausnahme eines Teils hinsichtlich der verlangten Rechtsanwaltskosten als Nebenforderung vollumfänglich stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger € 1.230,19 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.07.2010 zu zahlen.

Dazu hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, im Falle der vollständigen und fachgerechten Reparatur des Frontschadens am Fahrzeug Toyota Avensis 2.2 D, …, gemäß des Gutachtens des Sachverständigen … im selbstständigen Beweisverfahren des Amtsgerichts Schwarzenbek zur Geschäftsnummer 2 H 11/09 die entstehende Mehrwertsteuer zu ersetzen.

Gebrauchtwagenkaufvertrag - fachgerechte Behebung eines Frontschadens
Symbolfoto: Von Ioan Panaite/Shutterstock.com

Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Wegen der Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf deren Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen.

Der Beklagte hat form- und fristgerecht Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.

Er begehrt die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Klageabweisung.

In der Berufungsinstanz vertiefen die Parteien die in erster Instanz vorgebrachten Argumente.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, das am 21.04.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schwarzenbek aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zunächst Bezug genommen. Die Ausführungen des Berufungsklägers in der zweiten Instanz rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

Das Amtsgericht hat den Sachverhalt zutreffend gewürdigt und die Rechtslage richtig beurteilt.

Rechtsfehler i. S. d. § 513 Abs. 1 ZPO sind vorliegend nicht erkennbar. Damit hat das Berufungsgericht die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die Feststellungen des Amtsgerichts entfallen lassen, können sich etwa aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung eines Sachverhaltes unterlaufen sind. Anhaltspunkte hierfür liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung des Berufungsführers hält das erstinstanzliche Urteil insgesamt einer rechtlichen Prüfung stand.

Ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler liegt insbesondere nicht darin, dass das Amtsgericht entgegen eines zuvor mit Verfügung vom 01.11.2010 (schriftlicher Vergleichsvorschlag) erteilten Hinweises einen merkantilen Minderwert des streitgegenständlichen Fahrzeuges aufgrund einer zu der vorgenommenen fehlerhaften Reparatur des Frontschadens weiterhin erforderlichen (Nach-)Reparatur angenommen hat. Insbesondere liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. ein Verstoß gegen die Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO nicht vor. Es ist von dem Beklagten bereits nicht vorgetragen worden, inwiefern ein solcher erneuter Hinweis einen entscheidungserheblichen Unterschied in der rechtlichen Würdigung hätte ausmachen können bzw. was von Seiten des Beklagten weiter vorgetragen worden wäre. Im Gegenteil, der Beklagte betont in der Berufungsbegründung, dass er „mehrfach und ausführlich“ dargelegt habe, dass ein Minderwert im vorliegenden Fall nicht eintreten könne. Damit ist die Berufung insofern bereits nicht im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründet. Es ist nicht zu erkennen, inwieweit das Amtsgericht den gehaltenen Vortrag hierzu nicht berücksichtigt hätte. Es hat sich vielmehr hiermit im Urteil ausführlich und rechtlich korrekt auseinandergesetzt, insbesondere dargelegt, dass der weitere merkantile Minderwert durch die weiterhin erforderliche zweite Reparatur entstehe, nicht durch die bisherige erste Reparatur. Dazu hat sich das Amtsgericht auf die Ausführungen im Sachverständigengutachten bzw. in der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen des selbständigen Beweisverfahrens bezogen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 19.03.2010 (Bl. 76 d. Beiakte 2 H 11/09, dort insbesondere Seite 5) hat der Sachverständige ausgeführt, dass eine Wertminderung durch eine nochmalige Reparatur anfalle, die zusätzlich zur Wertminderung durch die stattgefundene erste Reparatur eintrete. Diese  Wertminderung wurde mithin dadurch kausal verursacht, dass das Fahrzeug sich bei Gefahrübergang (Ist-Zustand) nicht in dem (Soll-) Zustand „ordnungsgemäß behobener Frontschaden nach der nach einem Unfall vorgenommenen Reparatur“ befand. Der Kläger konnte verlangen, ein Fahrzeug übereignet zu bekommen, welches nach einem Unfall im Jahre 2006 ordnungsgemäß repariert wurde. Wenn dann diese Reparatur nicht ordnungsgemäß erfolgte, ist der Käufer so zu stellen, wie er nach einer ordnungsgemäßen Erstreparatur im Jahre 2006 gestanden hätte. Da erst die notwendige nochmalige Reparatur nach Angaben des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren eine zusätzliche Wertminderung in Höhe von € 200,00 bedingt, handelt es sich bei dieser Wertminderung um einen mangelbedingten kausalen Schaden.

Da das Amtsgericht den Vortrag des Beklagten hierzu ohnehin ausreichend berücksichtigt hat, ist auch kein Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung für das Amtsgericht gemäß § 156 ZPO vorhanden gewesen. Auch war kein weiteres Gutachten (gegenbeweislich) einzuholen, da die Frage der Wertminderung bereits sachverständig geklärt worden war. In welchem Verhältnis die bezifferte Wertminderung zu den Kosten der Reparatur steht, kann in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Rolle spielen.

In der Sache hat das Amtsgericht richtigerweise die Wertung vorgenommen, dass im Kaufvertrag als Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart wurde, dass der Frontschaden fachgerecht behoben worden war. Dieses ergibt bereits die Auslegung des Kaufvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB, denn wenn ein Mitarbeiter (Kfz-Techniker) desjenigen Autohauses, welches durch einen Kfz-Meister das Fahrzeug repariert hatte, gegenüber seinem Vertragspartner angibt, dass ein Frontschaden „behoben“ sei, dann ist dieses nur dahingehend zu verstehen, dass dieses fachgerecht in der Meisterwerkstatt erfolgt sei. Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum das Wort „behoben“ unter diesen Umständen nur „weitestgehend behoben“ heißen soll. Das Wertverhältnis der vorgenommenen Reparatur zur die vorhandenen Mängel beseitigenden (weiterhin notwendigen) Reparatur spielt hierfür keine Rolle. Es ist allein entscheidend, ob sich Sachmängel am Fahrzeug befinden oder nicht. War die Reparatur – wie hier – nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so stehen dem Käufer, der von einem fachgerecht behobenen Schaden ausgehen durfte, die entsprechenden Gewährleistungsrechte des Kaufrechts zu. Im Übrigen wäre es für den Verkäufer ein Leichtes gewesen, in den Kaufvertrag aufzunehmen, dass der Frontschaden nur „weitestgehend behoben“ sei. In einem solchen Fall hätte er sich möglicherweise jedoch weiterer Nachfragen versehen oder aber hätte dem Käufer mit dem Kaufpreis (weiter) entgegenkommen müssen.

Auch die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil genügt nach Überzeugung der Kammer den Anforderungen, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Sie ist weder unvollständig noch in sich widersprüchlich. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das erkennende Gericht hat sich auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme schlicht davon überzeugen können, dass auch der bei Kaufvertragsschluss für den Beklagten handelnde Zeuge … davon ausging, dass das Fahrzeug von einem erfahrenen Kfz-Meister fachgerecht repariert worden sei und dass er dieses dem Kläger auch mitteilte. Dieses hat das Amtsgericht nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, so dass zu einer anderen Würdigung des objektiven Beweis- und Erklärungswertes kein Anlass besteht. Eine erneute Beweisaufnahme ist deshalb in der zweiten Instanz nicht geboten. Der Zeuge hat die entsprechenden Angaben nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2011 tatsächlich wie in der angefochtenen Entscheidung aufgeführt gemacht.

Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang korrekterweise darauf hingewiesen, dass sich eine Partei, die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. BGH VersR 1991, 467; NJW-RR 2010, 495), mithin hier der Kläger die Angaben des Zeugen …. Damit greift der Einwand des Beklagten, nicht einmal der Kläger habe die Vereinbarung einer fachgerechten Reparatur vorgetragen, nicht durch.

Darüber hinaus hat die Zeugin …, die Ehefrau des Klägers, die Angaben des Zeugen … bestätigt, indem sie ausgeführt hat, dass dieser seinerzeit gesagt habe, dass das Auto in der Toyota-Werkstatt repariert worden sei und keine Mängel habe. Dass der Zeuge … von den technischen Details der Reparatur des Frontschadens keine genauen Kenntnisse hatte, steht einer Vereinbarung einer erfolgten fachgerechten Reparatur nicht entgegen.

Eine solchermaßen vereinbarte Beschaffenheit des Vorhandenseins eines fachgerecht reparierten Vorschadens lag tatsächlich bei Kaufvertragsschluss nicht vor, was einen Mangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet. Das wird vom Beklagten dem Grunde nach auch nicht mehr bestritten. Dabei kommt es nicht darauf an, wie erheblich die Reparaturkosten im Verhältnis zu den Kosten der erfolgten Reparatur des Unfallschadens sind oder ob „eklatante“ Mängel vorliegen. Im Übrigen hat der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren die Mängel durchaus als wertbildend charakterisiert, da er nach einer Reparatur von einem merkantilen Minderwert ausging.

Dass der Beklagte sich mit den fachlichen Feststellungen des Sachverständigen … in seinem Gutachten kritisch auseinandergesetzt hätte, kann die Kammer nicht erkennen. Insbesondere im vom Beklagten insoweit benannten Schriftsatz vom 03.09.2010 findet sich hierzu nichts. Vielmehr finden sich dort nur die auch in der Berufungsbegründung vorgetragenen rechtlichen Wertungen.

Der Kläger hat auch durch seinen Prozessbevollmächtigten hinreichend konkret im Sinne der §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB Nacherfüllung vom Beklagten verlangt. Zwar sind im Schreiben vom 21.07.2009 nicht exakt die Mängel benannt, die der Sachverständige … letztlich festgestellt hat. Allerdings musste der Kläger insoweit auf seine Fachwerkstatt hinsichtlich der genauen Bezeichnung vertrauen. Wenn er als fachlicher Laie durch seinen Rechtsanwalt auf den „nicht fachgerecht beseitigten Frontschaden“ hinwies und ausführte, dass „quasi die Fahrzeugfront nochmals zerlegt werden“ müsse und „die erforderlichen Karosseriearbeiten ordnungsgemäß durchzuführen“ seien, musste dieses in der konkreten Situation ausreichen, zumal es der Beklagte war, für den und bei dessen Arbeitgeber die Reparatur durchgeführt worden war und der genauere Kenntnisse über die Reparatur haben konnte.

Die gesetzte bzw. ordnungsgemäße Frist hat der Beklagte auch versäumt, denn eine Reparatur erfolgte weder innerhalb der gesetzten noch innerhalb einer ggf. erweiterten Frist zur Nacherfüllung. Der Beklagte hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass bzw. wann und mit welchem Inhalt dem Kläger Nacherfüllung angeboten worden sein soll. Zwar ist ein vor dem Schreiben vom 21.07.2009 erfolgtes Angebot, das Fahrzeug „vorzustellen“ unstreitig. Der Kläger spricht insoweit von nur unzureichender Antwort auf sein Nacherfüllungsverlangen. Dass eine konkrete Nacherfüllung (schriftlich oder mündlich?) zu einem Zeitpunkt nach dem Verlangen angeboten worden wäre, trägt der Beklagte nicht vor.

Auch besteht ein Interesse des Klägers an der Feststellung, dass ihm im Falle der Vornahme der weiterhin erforderlichen Reparatur die Umsatzsteuer zu ersetzen ist, die er hierzu entrichten muss, denn dieses ist angesichts der Darlegung des Klägers, dass er nach Abschluss des Rechtsstreits die Reparaturen zeitnah durchführen lassen wolle, nicht durch bloßen Zeitablauf entfallen. Es erscheint legitim, zunächst den Ausgang des Rechtsstreits abwarten zu wollen, bevor tatsächlich eine Reparatur in Auftrag gegeben wird.

Ein vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung am 22.03.2012 beantragter Schriftsatznachlass „auf die erfolgten Hinweise des Gerichts“ war diesem nicht zu gewähren, da die Kammer keine Hinweise im Sinne des § 139 ZPO erteilt hat. Es ist lediglich die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert worden, zu der diese in erster und zweiter Instanz hinreichend Gelegenheit hatten vorzutragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Es geht vielmehr um die Auslegung eines Kaufvertrages hinsichtlich des Leistungssolls, die Beweiswürdigung und die Frage eines hinreichenden Nacherfüllungsersuchens im Einzelfall.

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