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Rückabwicklung eines finanzierten Fahrzeugkaufs

Ein Gebrauchtwagenkäufer fühlte sich getäuscht, als die massive Reparaturhistorie seines Autos ans Licht kam. Der Verkäufer hatte die umfangreichen Schäden und Vorreparaturen verschwiegen. Das Landgericht Lübeck musste nun entscheiden, ob dies arglistige Täuschung war und welche Folgen das hat.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 150/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Lübeck
  • Datum: 08.05.2025
  • Aktenzeichen: 3 O 150/21

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Käufer eines Gebrauchtwagens, der die Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadensersatz verlangte, weil er nach seiner Darstellung über umfangreiche Reparaturen am Fahrzeug nicht informiert wurde.
  • Beklagte: Fahrzeughändlerin, die den Gebrauchtwagen verkaufte, bestritt die gezielte Frage des Klägers nach Reparaturen und die Kenntnis ihres Mitarbeiters von der Historie.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger kaufte 2018 bei der Beklagten einen gebrauchten … S3 mit umfangreicher Reparaturhistorie beim Verkäufer (u.a. Austausch von Motor, Turbolader), über die er beim Kauf nicht aufgeklärt wurde. Nachdem später erneut Probleme auftraten, erfuhr der Kläger von der Historie und erklärte die Anfechtung des Kaufvertrags.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob das Verschweigen der außergewöhnlichen Reparaturhistorie eine Arglistige Täuschung darstellte, die den Kläger zur Anfechtung berechtigte und welche Ansprüche sich daraus ergaben.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und zur Erstattung weiterer Kosten (Finanzierungsraten, Fehlersuche, Anwaltskosten). Andere Klageanträge wurden abgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht sah eine arglistige Täuschung des Klägers, da die Beklagte die außergewöhnliche Reparaturhistorie verschwiegen hatte, über die ungefragt hätte aufgeklärt werden müssen. Dies führte zur Nichtigkeit des Vertrags und einem Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, der um den Nutzungsvorteil des Klägers für die gefahrenen Kilometer gemindert wurde. Zusätzlich wurden bestimmte Kosten als Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung zugesprochen.
  • Folgen: Die Beklagte muss einen Großteil des Kaufpreises und bestimmte Nebenkosten an den Kläger zahlen. Der Kläger erhält sein Geld Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zurück, muss aber für die gefahrenen Kilometer einen Abzug beim Kaufpreis hinnehmen und einen kleinen Teil der Prozesskosten tragen.

Der Fall vor Gericht


Gebrauchtwagenkauf: Umfangreiche verschwiegene Reparaturhistorie führt zu Vertragsanfechtung und Kaufpreisrückzahlung – Landgericht Lübeck urteilt über Arglist und Nutzungsvorteile

Ein Autokäufer erwarb von einer Fahrzeughändlerin einen Gebrauchtwagen, ohne über dessen umfangreiche und außergewöhnliche Reparaturhistorie informiert worden zu sein. Nachdem Probleme am Fahrzeug auftraten und die Vorgeschichte ans Licht kam, focht der Käufer den Vertrag an. Das Landgericht Lübeck hatte nun zu entscheiden, ob eine arglistige Täuschung vorlag, die den Käufer zur Rückabwicklung des Geschäfts berechtigt, und welche finanziellen Konsequenzen sich daraus ergeben.

Autokäufer inspiziert kritisch Motor eines modernen Gebrauchtwagens im Showroom
Gebrauchtwagen-Kauf: Täuschung durch Händler über Reparaturhistorie und Schäden. Vorsicht beim Vertrag! | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Kern ging es um die Frage, ob das Verschweigen solch gravierender Vorreparaturen eine Täuschung darstellt, die den Käufer zur Anfechtung des Kaufvertrags berechtigt. Ferner musste das Gericht klären, wie der Kaufpreis unter Anrechnung der vom Käufer gezogenen Nutzungsvorteile zurückzuzahlen ist und ob weitere entstandene Kosten, wie Finanzierungs- und Reparaturaufwendungen, erstattet werden müssen.

Der Fall im Detail: Ein Gebrauchtwagen mit bewegter Vergangenheit

Der spätere Kläger, im Folgenden „der Autokäufer“ genannt, kaufte im Dezember 2018 bei der beklagten Fahrzeughändlerin, im Folgenden „die Fahrzeughändlerin“, einen gebrauchten … S3 Sportback.

Der Kaufpreis für das Fahrzeug, das bei Übergabe am 27. Dezember 2018 eine Laufleistung von 92.799 Kilometern aufwies, betrug 25.990 Euro, inklusive Umsatzsteuer und einer Gebrauchtwagengarantie.

Der Gesamtkaufpreis wurde über die … Bank mit einer Summe von 32.744,88 Euro finanziert.

Was dem Autokäufer beim Kauf nicht mitgeteilt wurde: Das Fahrzeug hatte eine erhebliche Reparaturhistorie, wobei die Reparaturen zwischen 2014 und 2016 bei der Fahrzeughändlerin selbst durchgeführt worden waren.

Zu den ausgetauschten Teilen gehörten unter anderem der Turbolader, der Katalysator, die Kupplung, der Rumpfmotor (der Kernbereich des Motors ohne Anbauteile) und die Kühlmittelpumpe.

Über diese umfangreichen Instandsetzungen wurde der Autokäufer im Verkaufsgespräch durch den Mitarbeiter der Fahrzeughändlerin nicht aufgeklärt. Ob der Autokäufer explizit nach Reparaturen gefragt hatte, blieb zwischen den Parteien streitig.

Im September 2019, etwa neun Monate nach dem Kauf, leuchtete die Abgaskontrollleuchte des Fahrzeugs auf.

Ein erster Werkstattbesuch bei einem …-Vertragspartner ergab beim Auslesen des Fehlerspeichers Probleme mit der Nockenwellenverstellung und der Saugrohrklappe. Der Autokäufer bezahlte hierfür 299,84 Euro, doch das Problem wurde nicht dauerhaft behoben; die Kontrollleuchte meldete sich kurz darauf erneut.

Auf Empfehlung der Fahrzeughändlerin ließ der Autokäufer das Fahrzeug genauer untersuchen. Bei dieser Untersuchung im Autohaus ……. in Lübeck erfuhr der Autokäufer nicht nur von den bereits bekannten, sondern von weiteren, noch früheren umfangreichen Reparaturen. Dazu zählten der Einbau neuer Kolben bei etwa 7.000 Kilometern, ein neuer Turbolader bei circa 35.000 Kilometern und ein Austausch-Motor bei ungefähr 65.000 Kilometern. Auch die aktuellen Fehlermeldungen bestanden weiterhin.

Eine angestrebte gütliche Einigung mit der Fahrzeughändlerin scheiterte. Mit Schreiben vom 19. November 2019 wies die Fahrzeughändlerin jegliche Mängel zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs zurück.

Der Autokäufer meldete das Fahrzeug im Jahr 2019 mit einem Kilometerstand von 110.923 Kilometern ab. Die Differenz zum Kilometerstand bei Übergabe (92.799 km) ergibt eine vom Autokäufer gefahrene Strecke von 18.124 Kilometern.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. April 2020 erklärte der Autokäufer die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. (Die Anfechtung ist ein juristisches Mittel, mit dem ein Rechtsgeschäft, wie ein Kaufvertrag, aufgrund bestimmter Willensmängel – hier Täuschung – rückwirkend für unwirksam erklärt werden kann.) Hilfsweise erklärte er den Rücktritt vom Vertrag.

Für die Finanzierung des Fahrzeugs hatte der Autokäufer zwölf Darlehensraten zu je 389,82 Euro, also insgesamt 4.677,84 Euro, an die … Bank gezahlt. Zusätzlich fielen 57 Euro Verzugskosten an.

Mit seiner Klage, die der Fahrzeughändlerin am 25. Januar 2021 zugestellt wurde, verlangte der Autokäufer die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Konkret forderte er:
Die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug (also gleichzeitig) gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Die Erstattung weiterer ihm entstandener Kosten, namentlich der Finanzierungsraten, der Reparatur- bzw. Untersuchungskosten sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Außerdem begehrte er die Freistellung von seinen restlichen Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Bank.

Der Autokäufer trug vor Gericht vor, er habe den Mitarbeiter der Fahrzeughändlerin im Verkaufsgespräch gezielt nach Reparaturen gefragt, was dieser verneint habe.

Die Fahrzeughändlerin beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt, dass der Autokäufer gezielt nach Reparaturen gefragt habe und dass ihr Mitarbeiter Kenntnis von der detaillierten Reparaturhistorie gehabt habe. Weiterhin bestritt sie einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Reparaturhistorie und den aktuell aufgetretenen Fehlern am Fahrzeug und wandte sich gegen die Erstattung der Finanzierungszinsen.

Das Gericht hörte den Autokäufer persönlich an und holte ein schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen ……. vom 06. Februar 2024 sowie eine Ergänzung hierzu vom 18. April 2024 ein.

Die zentralen Streitfragen vor Gericht

Das Landgericht Lübeck musste im Wesentlichen folgende juristische Fragen klären:

Lag eine arglistige Täuschung seitens der Fahrzeughändlerin vor, weil sie die umfangreiche Reparaturhistorie des Fahrzeugs verschwiegen hatte?

War der Autokäufer infolgedessen berechtigt, den Kaufvertrag wirksam anzufechten?

Welche finanziellen Ansprüche ergeben sich für den Autokäufer im Falle einer wirksamen Anfechtung? Dies betrifft insbesondere die Rückzahlung des Kaufpreises, die mögliche Anrechnung von Nutzungsvorteilen für die gefahrenen Kilometer sowie die Erstattung weiterer Kosten wie Finanzierungsraten und Reparaturaufwendungen.

Besteht ein Anspruch des Autokäufers darauf, von der Fahrzeughändlerin von den verbleibenden Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der finanzierenden Bank freigestellt zu werden?

Die Entscheidung des Landgerichts Lübeck

Das Landgericht Lübeck gab der Klage des Autokäufers weitgehend statt.

Die Fahrzeughändlerin wurde verurteilt, an den Autokäufer 22.993,56 Euro zu zahlen, allerdings nur Zug um Zug gegen Rückgabe des … S3 Sportback.

Weiterhin wurde die Fahrzeughändlerin verurteilt, an den Autokäufer 4.977,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2021 zu zahlen.

Zusätzlich muss die Fahrzeughändlerin dem Autokäufer vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.324,60 Euro nebst Zinsen (ebenfalls 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2021) erstatten.

Die darüberhinausgehenden Klageanträge wurden abgewiesen. Dies betrifft insbesondere die Feststellung, dass sich die Fahrzeughändlerin im Annahmeverzug hinsichtlich der Rücknahme des Fahrzeugs befinde (Annahmeverzug bedeutet, dass eine Partei eine ihr angebotene Leistung nicht annimmt, obwohl sie dazu verpflichtet wäre), sowie den Anspruch auf Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten.

Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Autokäufer zu 10 Prozent und der Fahrzeughändlerin zu 90 Prozent auferlegt.

Die wesentlichen Gründe für das Urteil

Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass der Autokäufer den Kaufvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angefochten hat. (Das BGB ist das zentrale deutsche Gesetzbuch, das die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen regelt, beispielsweise Verträge, Eigentumsfragen oder Schadensersatzansprüche.)

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als Schlüssel zur Vertragsauflösung

Durch die wirksame Anfechtung gilt der Kaufvertrag gemäß § 142 Absatz 1 BGB als von Anfang an nichtig, also als niemals zustande gekommen.

Daraus ergibt sich für den Autokäufer ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB. (Dieser Paragraph regelt, dass jemand, der etwas ohne rechtlichen Grund auf Kosten eines anderen erlangt hat – hier den Kaufpreis ohne gültigen Vertrag –, dieses zurückgeben muss.)

Die Täuschungshandlung: Verschweigen ist nicht immer Gold

Das Gericht sah eine Täuschungshandlung der Fahrzeughändlerin darin, dass sie die außergewöhnliche Reparaturhistorie des Fahrzeugs verschwiegen hat.

Eine Täuschung kann auch im Verschweigen einer Tatsache liegen, wenn eine Offenbarungspflicht besteht – also die Pflicht, bestimmte Umstände auch ungefragt mitzuteilen.

Eine solche Offenbarungspflicht bestand hier nach Ansicht des Gerichts. Die Reparaturhistorie, insbesondere die Anzahl und der Umfang der bei der Fahrzeughändlerin selbst durchgeführten Reparaturen (Austausch von Turbolader, Katalysator, Kupplung, Rumpfmotor und Kühlmittelpumpe), wurde vom gerichtlich bestellten Sachverständigen als außergewöhnlich bezeichnet.

Über solch außergewöhnliche Umstände, die für die Kaufentscheidung von erheblicher Bedeutung sind, durfte der Autokäufer nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Aufklärung erwarten. (Treu und Glauben ist ein fundamentaler Rechtsgrundsatz, der von allen Vertragsparteien ein faires, ehrliches und rücksichtsvolles Verhalten im Geschäftsverkehr verlangt.)

Abgrenzung: Warum dieser Fall anders liegt

Das Gericht stellte klar, dass es für die Frage der Täuschung unerheblich ist, ob die Reparaturhistorie selbst einen Sachmangel darstellt. (Ein Sachmangel ist ein Fehler oder eine negative Eigenschaft der gekauften Sache, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit mindert.) Der § 123 BGB schützt primär die freie und unbeeinflusste Willensentscheidung des Vertragspartners beim Abschluss des Vertrages.

Die Situation unterscheidet sich nach Auffassung des Gerichts auch von Fällen, in denen ein Verkäufer nicht verpflichtet ist, ungefragt eine mögliche Unfallhistorie bei zentralen Datenbanken zu recherchieren und offenzulegen. Im vorliegenden Fall wurden die umfangreichen Reparaturen direkt bei der Fahrzeughändlerin selbst durchgeführt, weshalb sie positive Kenntnis davon hatte.

Die Arglist der Fahrzeughändlerin

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Fahrzeughändlerin durch ihre Mitarbeiter arglistig gehandelt hat. (Arglist im juristischen Sinne bedeutet, dass jemand bewusst und gewollt täuscht. Der Täuschende muss wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil durch die Täuschung zu einer Willenserklärung (z.B. einem Vertragsabschluss) veranlasst wird, die er bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht oder nicht so abgegeben hätte.)

Die Mitarbeiter der Fahrzeughändlerin hatten nach Überzeugung des Gerichts positive Kenntnis von den Reparaturen. Sie nahmen zumindest billigend in Kauf, dass der Autokäufer den Vertrag in Kenntnis der umfangreichen Reparaturhistorie entweder gar nicht oder zumindest nicht zu dem vereinbarten Preis geschlossen hätte. Dies erfüllt die Anforderungen an den sogenannten bedingten Vorsatz. (Beim bedingten Vorsatz strebt der Handelnde den rechtswidrigen Erfolg nicht zwingend an, hält ihn aber für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf, um ein anderes Ziel zu erreichen.)

Die Kenntnis des handelnden Mitarbeiters wird der Fahrzeughändlerin als Unternehmen gemäß § 166 Absatz 2 BGB zugerechnet. (Diese Vorschrift besagt vereinfacht, dass das Wissen eines Vertreters unter bestimmten Umständen dem Vertretenen zugerechnet wird, so als hätte dieser selbst davon gewusst.) Der Mitarbeiter, der das Verkaufsgespräch führte, ist dabei nicht als ein außenstehender „Dritter“ im Sinne des § 123 Absatz 2 BGB anzusehen, dessen Täuschung andere Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit hätte.

Der Umstand, dass die Reparaturen bereits drei bis vier Jahre vor dem Verkauf zurücklagen, wurde vom Gericht als unerheblich für die Frage der Arglist bewertet. Für den Schutz der Entscheidungsfreiheit des Käufers beim Vertragsabschluss spiele der reine Zeitablauf keine Rolle.

Kausalität: Hätte der Käufer anders entschieden?

Das Gericht zeigte sich nach der persönlichen Anhörung des Autokäufers gemäß § 286 Zivilprozessordnung (ZPO) davon überzeugt, dass dieser das Fahrzeug in Kenntnis der massiven Reparaturhistorie nicht oder zumindest nicht zu diesem Preis erworben hätte. (Die ZPO regelt das Verfahren vor den Zivilgerichten. § 286 ZPO verankert den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist.)

Anfechtungsfrist eingehalten

Die Anfechtungserklärung des Autokäufers vom 28. April 2020 erfolgte fristgerecht. Die Anfechtungsfrist wegen arglistiger Täuschung beträgt gemäß § 124 BGB ein Jahr und beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Getäuschte die Täuschung entdeckt.

Die finanzielle Rückabwicklung: Kaufpreis zurück, aber nicht ohne Abzüge

Infolge der wirksamen Anfechtung und der Nichtigkeit des Kaufvertrages ist der von der Fahrzeughändlerin empfangene Kaufpreis in Höhe von 25.990 Euro grundsätzlich zurückzuerstatten.

Allerdings muss sich der Autokäufer auf diesen Rückzahlungsanspruch die von ihm gezogenen Nutzungsvorteile für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Dies geschieht im Wege der sogenannten Saldierung gemäß § 818 Absatz 3 BGB. (Die Saldierung ist eine Verrechnungsmethode, bei der gegenseitige Ansprüche miteinander aufgerechnet werden. § 818 Abs. 3 BGB besagt, dass eine Verpflichtung zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entfällt, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Die Nutzung einer Sache stellt einen solchen Vorteil dar, der den Wert der Bereicherung mindert.)

Berechnung der Nutzungsvorteile

Das Gericht berechnete die anzurechnenden Nutzungsvorteile nach der üblichen Formel:
Bruttokaufpreis multipliziert mit den gefahrenen Kilometern, geteilt durch die erwartete Restlaufleistung des Fahrzeugs.

Im konkreten Fall wurden folgende Werte zugrunde gelegt:
Ein Bruttokaufpreis von 25.990 Euro.
Eine vom Autokäufer gefahrene Strecke von 18.124 Kilometern.
Eine vom Gericht geschätzte Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 Kilometern.
Daraus ergibt sich eine Restlaufleistung bei Erwerb von 157.201 Kilometern (250.000 km Gesamtlaufleistung – 92.799 km Kilometerstand bei Kauf).

Die Nutzungsvorteile belaufen sich somit auf: (25.990 € * 18.124 km) / 157.201 km = 2.996,44 Euro.

Der an den Autokäufer zurückzuzahlende Betrag beträgt demnach 25.990 Euro – 2.996,44 Euro = 22.993,56 Euro.

Ausdrücklich stellte das Gericht fest, dass die vom Autokäufer getragenen Finanzierungskosten (Zinsen) bei der Berechnung der Nutzungsvorteile oder des zurückzuzahlenden Kaufpreises nicht zu berücksichtigen sind. Die Fahrzeughändlerin habe diese Zinsen nicht erlangt, und sie erhöhen weder den objektiven Wert des Fahrzeugs noch den Gebrauchsvorteil des Autokäufers.

Die Rückzahlung des ermittelten Betrages erfolgt Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs durch den Autokäufer. (Der Grundsatz Zug um Zug bedeutet, dass beide Vertragsparteien ihre Leistungen gleichzeitig erbringen müssen: Der Autokäufer gibt das Fahrzeug zurück, und im selben Moment erhält er das Geld von der Fahrzeughändlerin.)

Das Gericht sah die Rückgabeverpflichtung für den Autokäufer als erfüllbar an. Zwar lag auf dem Fahrzeug ein Sicherungseigentum der finanzierenden Bank (eine Form der Kreditsicherung, bei der das Eigentum an einer Sache – hier dem Auto – zur Sicherheit auf die Bank übergeht, der Kreditnehmer aber Besitzer bleibt und die Sache nutzen darf), doch könne der Autokäufer dieses durch Zahlung der Restdarlehenssumme ablösen und so das Eigentum an die Fahrzeughändlerin übertragen.

Schadensersatz für weitere Kosten

Neben dem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises hat der Autokäufer laut Gericht auch Anspruch auf Schadensersatz. Die fehlende Aufklärung über die Reparaturhistorie stellt eine schuldhafte vorvertragliche Pflichtverletzung der Fahrzeughändlerin dar (auch als culpa in contrahendo bezeichnet, geregelt in §§ 311 Absatz 2, 241 Absatz 2, 280 Absatz 1 BGB). (Die culpa in contrahendo beschreibt ein Verschulden bereits bei den Vertragsverhandlungen. Verletzt eine Partei dabei ihre Pflichten zur Rücksichtnahme und Aufklärung, kann sie auch dann zu Schadensersatz verpflichtet sein, wenn der Vertrag – wie hier durch Anfechtung – unwirksam wird.)

Der Autokäufer ist im Rahmen des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Kaufvertrag niemals geschlossen (dies folgt aus dem Grundsatz der Naturalrestitution gemäß §§ 249 ff. BGB, der darauf abzielt, den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde).

Erstattungsfähige Kosten

Zu den erstattungsfähigen Schäden zählte das Gericht:
Die vom Autokäufer gezahlten Finanzierungsraten in Höhe von 4.677,84 Euro.
Die Kosten für die erste Fehlersuche und -diagnose in Höhe von 299,84 Euro.
Das Gericht sprach dem Autokäufer diese beiden Posten zusammengefasst als 4.977,68 Euro zu.

Zusätzlich wurden die als notwendig erachteten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.324,60 Euro als separater Posten zugesprochen.

Nicht erstattungsfähige Kosten

Nicht erstattet werden die vom Autokäufer geltend gemachten Verzugskosten in Höhe von 57 Euro. Hier sah das Gericht ein Mitverschulden des Autokäufers gemäß § 254 BGB. (Ein Mitverschulden liegt vor, wenn der Geschädigte selbst zur Entstehung oder Vergrößerung seines Schadens beigetragen hat. Dies kann zu einer Kürzung oder zum vollständigen Ausschluss des Schadensersatzanspruchs führen.)

Weitere vom Autokäufer geltend gemachte Kosten wurden abgewiesen, da er deren Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht ausreichend nachgewiesen hatte.

Auch ein Anspruch auf Freistellung von weiteren Forderungen aus dem Darlehensvertrag besteht nach Ansicht des Gerichts nicht. Der Autokäufer habe nicht ausreichend dargelegt, dass ihm eine konkrete Inanspruchnahme durch die finanzierende Bank drohe. Zudem verwies das Gericht darauf, dass sich der Autokäufer gegenüber der Bank ohnehin auf Einwendungen aus dem mit dem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag gemäß § 359 BGB berufen könne. (§ 359 BGB ist eine wichtige Verbraucherschutzvorschrift. Sie erlaubt es dem Darlehensnehmer bei sogenannten verbundenen Verträgen – typischerweise ein Kauf, der durch ein zweckgebundenes Darlehen finanziert wird –, Einwendungen, die ihm gegen den Verkäufer zustehen (z.B. wegen Mängeln oder, wie hier, wegen einer erfolgreichen Anfechtung des Kaufvertrags), auch der finanzierenden Bank entgegenzuhalten. Dies kann dazu führen, dass er das Darlehen nicht weiter bedienen muss.)

Zinsansprüche des Autokäufers

Dem Autokäufer wurden Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß §§ 288, 286 BGB zugesprochen.

Diese Zinsen beziehen sich jedoch nur auf die tatsächlich von ihm geleisteten Zahlungen, also die Finanzierungsraten, die Kosten für die Fehlersuche und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Keine Zinsen wurden auf den zurückzuzahlenden Kaufpreisanteil (die 22.993,56 Euro) gewährt. Eine Verzinsung dieses Betrages vor der tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs würde nach Ansicht des Gerichts zu einer ungerechtfertigten Übervorteilung des Autokäufers führen.

Der Zinsanspruch beginnt ab dem 26. Januar 2021, dem Tag nach der Rechtshängigkeit der Klage. (Rechtshängigkeit tritt ein, wenn die Klage dem Beklagten offiziell zugestellt wird und das Gerichtsverfahren damit förmlich begonnen hat.)

Kein Annahmeverzug der Fahrzeughändlerin

Einen Anspruch des Autokäufers auf Feststellung, dass sich die Fahrzeughändlerin im Annahmeverzug bezüglich der Rücknahme des Fahrzeugs befindet, verneinte das Gericht.

Zur Begründung führte es an, dass der Autokäufer sich nicht in der Lage befand und befindet, ein taugliches Angebot zur Rücknahme des Fahrzeugs zu machen. Aufgrund des bestehenden Sicherungseigentums der finanzierenden Bank konnte der Autokäufer der Fahrzeughändlerin nicht das volle Eigentum am Fahrzeug verschaffen, was für ein wirksames Rückgabeangebot aber erforderlich gewesen wäre.

Die Verteilung der Prozesskosten

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Vorschrift regelt die Kostenverteilung, wenn beide Parteien teilweise gewinnen und teilweise verlieren.

Der Autokäufer muss 10 Prozent der Prozesskosten tragen, die Fahrzeughändlerin die übrigen 90 Prozent.

Die anteilige Kostenlast des Autokäufers ergibt sich daraus, dass seine Klage nicht in vollem Umfang erfolgreich war – er hatte mehr gefordert, als ihm letztlich zugesprochen wurde. Diese sogenannte Zuvielforderung verursachte einen Kostensprung, das heißt, sie führte dazu, dass die Gerichtskosten nach einer höheren Stufe des Gerichtskostengesetzes berechnet wurden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils stützt sich auf § 709 und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 30.726,17 Euro festgesetzt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass Fahrzeughändler verpflichtet sind, Käufer ungefragt über außergewöhnliche Reparaturhistorien zu informieren, selbst wenn diese Jahre zurückliegen. Das Verschweigen solcher wesentlichen Informationen kann als arglistige Täuschung gewertet werden und zur kompletten Vertragsanfechtung führen, wobei der Käufer den Kaufpreis abzüglich eines angemessenen Nutzungsentgelts zurückerhält. Bei der Rückabwicklung können auch zusätzliche Kosten wie Finanzierungsraten und Diagnosekosten als Schadensersatz geltend gemacht werden, sofern diese nachgewiesen sind.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „arglistige Täuschung“ im Zusammenhang mit einem Autokauf und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sie vorliegt?

Im Zusammenhang mit einem Autokauf spricht man von „arglistiger Täuschung“, wenn der Verkäufer Sie bewusst über wichtige Eigenschaften des Fahrzeugs in die Irre führt, um Sie zum Kauf zu bewegen. Stellen Sie sich vor, der Verkäufer kennt einen schweren Mangel am Auto – wie zum Beispiel einen gravierenden Unfallschaden oder eine manipulierte Kilometerleistung – und verschweigt diesen absichtlich oder behauptet sogar das Gegenteil, obwohl er die Wahrheit weiß. Das wäre eine solche Täuschung.

Welche Voraussetzungen müssen für arglistige Täuschung erfüllt sein?

Damit arglistige Täuschung vorliegt, müssen mehrere Punkte zusammenkommen:

  1. Täuschung: Der Verkäufer muss Sie aktiv getäuscht haben, indem er bewusst falsche Tatsachen behauptet hat (z.B. „Das Auto ist unfallfrei“) oder wichtige, ihm bekannte Mängel, die für Ihre Kaufentscheidung wichtig gewesen wären, verschwiegen hat (z.B. ein verborgener Motorschaden). Ein einfaches Nichtwissen oder eine fahrlässige falsche Angabe reicht in der Regel nicht aus.
  2. Irrtum: Durch diese Täuschung müssen Sie als Käufer in einen Irrtum versetzt worden sein. Das bedeutet, Sie haben aufgrund der falschen Information oder des Verschweigens etwas geglaubtes, das nicht der Wahrheit entsprach (z.B. Sie glaubten, das Auto hätte nur wenige Kilometer, obwohl es viel mehr hatte).
  3. Kausalität: Dieser Irrtum muss ursächlich für Ihre Kaufentscheidung gewesen sein. Hätten Sie die Wahrheit gekannt, hätten Sie das Auto so nicht oder zumindest nicht zu diesem Preis gekauft.
  4. Arglist (Vorsatz): Das ist der entscheidende Punkt. Der Verkäufer muss vorsätzlich gehandelt haben. Er wusste die Wahrheit über den Mangel oder die Eigenschaft des Autos und hat Sie bewusst getäuscht oder hat zumindest damit gerechnet und es in Kauf genommen, dass Sie dadurch in die Irre geführt werden und den Vertrag abschließen. Es reicht nicht aus, dass er nur leichtfertig oder unachtsam gehandelt hat. Der Verkäufer muss die Täuschung gezielt eingesetzt haben, um Sie zum Vertragsschluss zu bewegen.

Wer muss was beweisen?

Grundsätzlich liegt die Beweislast beim Käufer. Wenn Sie sich auf arglistige Täuschung berufen möchten, müssen Sie nachweisen können, dass all diese Voraussetzungen erfüllt sind: dass der Verkäufer Sie getäuscht hat, Sie dadurch in einen Irrtum geraten sind, der Irrtum kaufentscheidend war und vor allem, dass der Verkäufer dabei arglistig (also mit Wissen und Wollen der Täuschung) gehandelt hat. Den Vorsatz des Verkäufers nachzuweisen, kann oft schwierig sein, da man beweisen muss, was der Verkäufer wusste und wollte.

Welche Auswirkungen hat arglistige Täuschung?

Liegt eine arglistige Täuschung vor und können Sie dies nachweisen, hat das erhebliche Folgen für den Autokauf. Die wichtigste Folge ist, dass Sie den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten können.

  • Anfechtung: Wenn Sie den Vertrag erfolgreich anfechten, wird der Vertrag rückwirkend als von Anfang an unwirksam betrachtet. Das bedeutet, rechtlich so, als hätte es den Vertrag nie gegeben.

Die praktische Konsequenz der Anfechtung ist, dass die getauschten Leistungen zurückgewährt werden müssen. Sie geben das Auto zurück und erhalten im Gegenzug den gezahlten Kaufpreis zurück. Möglicherweise müssen Sie für die Nutzung des Fahrzeugs einen Wertersatz zahlen, aber das hängt vom Einzelfall ab.

Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist eine Alternative zu Mängelrechten wie Nacherfüllung, Rücktritt oder Minderung, die greifen, wenn ein einfacher Mangel vorliegt. Bei arglistiger Täuschung haben Sie das Recht, den Vertrag anzufechten und so von ihm loszukommen. Dieses Recht zur Anfechtung besteht grundsätzlich auch dann, wenn im Kaufvertrag Gewährleistungsrechte ausgeschlossen wurden (z.B. „gekauft wie gesehen“), denn eine arglistige Täuschung überwindet solche Gewährleistungsausschlüsse.


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Welche Rechte habe ich als Käufer, wenn der Verkäufer wesentliche Informationen über die Reparaturhistorie eines Gebrauchtwagens verschweigt?

Wenn Sie beim Kauf eines Gebrauchtwagens feststellen, dass der Verkäufer wesentliche Informationen über frühere, bedeutende Reparaturen oder Vorschäden verschwiegen hat, kann dies verschiedene Rechte für Sie als Käufer begründen. Ein solcher verschwiegener Mangel oder eine Täuschung kann dazu führen, dass der Wagen nicht dem entspricht, was vereinbart oder erwartet wurde. Man spricht hierbei oft von einem Sachmangel oder einer arglistigen Täuschung.

Für Sie als Käufer kommen in einem solchen Fall verschiedene Möglichkeiten in Betracht:

1. Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung

Stellen Sie sich vor, der Verkäufer hat Sie absichtlich über einen wichtigen Umstand getäuscht, indem er die wesentliche Reparaturhistorie verschwieg, obwohl er davon wusste und Ihnen diesen Mangel bewusst verheimlichte. In diesem Fall könnten Sie den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

  • Das bedeutet: Wenn die Anfechtung erfolgreich ist, wird der Vertrag so behandelt, als wäre er von Anfang an nie geschlossen worden.
  • Die Folge für Sie: Sie geben das Auto an den Verkäufer zurück und erhalten im Gegenzug den vollen Kaufpreis zurück.
  • Voraussetzung: Es muss nachweisbar sein, dass der Verkäufer den Mangel kannte und ihn Ihnen bewusst verschwiegen hat, um Sie zum Kauf zu bewegen.

2. Rücktritt vom Vertrag wegen eines Mangels

Hat das Fahrzeug einen Sachmangel (weil die verschwiegene Reparaturhistorie oder der Vorschaden seinen Wert, seine Sicherheit oder seine Nutzbarkeit erheblich beeinträchtigt) und wurde dieser Mangel verschwiegen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen vom Kaufvertrag zurücktreten.

  • Das bedeutet: Sie beenden den Vertrag und wickeln ihn rückgängig ab.
  • Die Folge für Sie: Sie geben das Auto an den Verkäufer zurück und erhalten den Kaufpreis erstattet. Möglicherweise müssen Sie sich aber eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, wenn Sie das Auto schon längere Zeit genutzt haben.
  • Voraussetzung: Meist müssen Sie dem Verkäufer zuerst die Gelegenheit geben, den Mangel zu beheben (sogenannte Nacherfüllung, z.B. durch Reparatur), es sei denn, dies ist unmöglich, der Verkäufer weigert sich oder es liegen andere spezielle Gründe vor, die eine sofortige Rückabwicklung erlauben. Handelt es sich um einen erheblichen Mangel, kann nach gescheiterter Nacherfüllung der Rücktritt erklärt werden.

3. Minderung des Kaufpreises

Anstatt vom Vertrag zurückzutreten, können Sie bei einem Sachmangel auch eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Dies ist oft eine Option, wenn der Mangel zwar relevant ist, Sie das Fahrzeug aber behalten möchten.

  • Das bedeutet: Sie behalten das Auto, zahlen aber rückwirkend weniger dafür. Der Kaufpreis wird auf den Wert herabgesetzt, den das Fahrzeug ohne den verschwiegenen Mangel gehabt hätte.
  • Die Folge für Sie: Sie bekommen einen Teil des bereits gezahlten Kaufpreises zurück oder müssen einen noch offenen Restbetrag entsprechend weniger zahlen.
  • Voraussetzung: Ähnlich wie beim Rücktritt ist auch bei der Minderung in der Regel zunächst eine gescheiterte Nacherfüllung erforderlich, es sei denn, es gibt Ausnahmen.

4. Schadensersatz

Zusätzlich oder anstelle von Rücktritt oder Minderung können Sie unter bestimmten Umständen auch Schadensersatz vom Verkäufer verlangen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Verkäufer den Mangel verschuldet hat, etwa weil er davon wusste und ihn Ihnen arglistig verschwieg.

  • Das bedeutet: Der Verkäufer muss Ihnen den finanziellen Schaden ersetzen, der Ihnen durch den Mangel entstanden ist.
  • Die Folge für Sie: Sie können Kosten ersetzt bekommen, die über die reine Rückabwicklung hinausgehen (z.B. Kosten für ein Sachverständigengutachten zur Feststellung des Mangels) oder auch einen Ausgleich für den Minderwert des Fahrzeugs erhalten, falls Sie es behalten.
  • Voraussetzung: Der Verkäufer muss den Mangel verschuldet haben (Vorsatz oder Fahrlässigkeit), was bei arglistigem Verschweigen in der Regel der Fall ist.

Wichtiger Unterschied:

  • Die Anfechtung basiert auf einer Täuschung und macht den Vertrag von Anfang an unwirksam.
  • Rücktritt und Minderung basieren auf dem Vorliegen eines Mangels bei Übergabe des Fahrzeugs und erfordern in der Regel, dass Sie dem Verkäufer zunächst eine Chance zur Reparatur gegeben haben (Nacherfüllung), bevor Sie diese Rechte geltend machen können.
  • Schadensersatz dient dem Ausgleich von finanziellen Nachteilen, die durch den Mangel oder die Täuschung entstanden sind, und setzt ein Verschulden des Verkäufers voraus.

Welches Recht in Ihrem spezifischen Fall am besten geeignet ist und welche Voraussetzungen dafür genau vorliegen müssen, hängt immer von den konkreten Umständen ab.


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Wie wird der Nutzungsvorteil berechnet, wenn ein Kaufvertrag aufgrund arglistiger Täuschung rückabgewickelt wird, und wie beeinflusst dies die Höhe der Rückzahlung?

Wenn ein Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung rückgängig gemacht wird (man spricht von Rückabwicklung), erhält der Käufer grundsätzlich seinen gezahlten Kaufpreis zurück. Gleichzeitig muss der Käufer dem Verkäufer die gekaufte Sache zurückgeben. Das Gesetz sieht vor, dass bei einer Rückabwicklung auch die gezogenen Nutzungen herausgegeben werden müssen.

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Auto gekauft und es vor der Rückabwicklung bereits genutzt, also damit gefahren. Diese Nutzung ist ein Vorteil, den Sie aus der Sache gezogen haben. Für diesen Vorteil müssen Sie dem Verkäufer einen Wertersatz leisten. Dieser Wertersatz wird oft als Nutzungsvorteil bezeichnet.

Warum wird der Nutzungsvorteil von der Rückzahlung abgezogen?

Der Gedanke dahinter ist Gerechtigkeit: Der Käufer hat die Sache genutzt und davon profitiert. Es wäre unfair, wenn er den vollen Kaufpreis zurückbekäme, obwohl er das Auto zum Beispiel monatelang gefahren hat. Der Nutzungsvorteil gleicht diesen Vorteil aus. Er wird vom ursprünglichen Kaufpreis abgezogen, den der Verkäufer Ihnen zurückzahlen muss. Das bedeutet, Sie erhalten nicht den vollen gezahlten Betrag zurück, sondern diesen Betrag abzüglich des Wertes Ihrer Nutzung.

Wie wird der Nutzungsvorteil, besonders bei Fahrzeugen, berechnet?

Die Berechnung des Nutzungsvorteils hängt von der Art der Sache ab. Bei Fahrzeugen ist eine gängige Methode, den Nutzungsvorteil anhand der gefahrenen Kilometer zu berechnen. Dabei wird oft eine Formel verwendet, die auf der erwarteten Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs basiert.

Eine häufig angewendete Berechnungsformel ist:

Nutzungsvorteil = (Brutto-Kaufpreis × gefahrene Kilometer) ÷ erwartete Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs

  • Brutto-Kaufpreis: Das ist der Preis, den Sie tatsächlich für das Fahrzeug bezahlt haben, inklusive eventueller Mehrwertsteuer.
  • Gefahrene Kilometer: Das sind die Kilometer, die Sie mit dem Fahrzeug seit dem Kauf bis zur Rückgabe zurückgelegt haben.
  • Erwartete Gesamtlaufleistung: Das ist eine Schätzung, wie viele Kilometer das Fahrzeug voraussichtlich insgesamt in seinem Leben fahren könnte, bis es wirtschaftlich abgeschrieben ist. Dieser Wert kann je nach Fahrzeugtyp (z.B. Kleinwagen, Oberklasse-Limousine) variieren und wird oft anhand von Erfahrungswerten ermittelt. Typische Werte liegen oft zwischen 200.000 und 300.000 Kilometern, können aber abweichen.

Beispiel:

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Auto für 20.000 Euro gekauft (Brutto-Kaufpreis). Bis zur Rückabwicklung sind Sie 10.000 Kilometer damit gefahren. Die erwartete Gesamtlaufleistung für dieses Modell wird auf 250.000 Kilometer geschätzt.

Die Berechnung wäre:

Nutzungsvorteil = (20.000 Euro × 10.000 km) ÷ 250.000 km

Nutzungsvorteil = 200.000.000 ÷ 250.000

Nutzungsvorteil = 800 Euro

In diesem Beispiel müssten Sie für die Nutzung des Fahrzeugs einen Wertersatz von 800 Euro leisten.

Wie beeinflusst dies die Höhe der Rückzahlung?

Der Verkäufer muss Ihnen den ursprünglichen Kaufpreis von 20.000 Euro zurückzahlen. Von diesem Betrag wird der berechnete Nutzungsvorteil abgezogen.

Rückzahlungsbetrag = Kaufpreis – Nutzungsvorteil

In unserem Beispiel:

Rückzahlungsbetrag = 20.000 Euro – 800 Euro

Rückzahlungsbetrag = 19.200 Euro

Das bedeutet für Sie, dass Sie in diesem Fall nicht die vollen 20.000 Euro zurückerhalten, sondern 19.200 Euro, da 800 Euro als Ausgleich für die Nutzung des Fahrzeugs einbehalten werden. Je mehr Kilometer Sie gefahren sind, desto höher ist der Nutzungsvorteil und desto geringer fällt die Rückzahlung aus. Diese Berechnungsmethode wird in der Rechtsprechung häufig angewandt, um den Wert der Nutzung bei der Rückabwicklung von Fahrzeugkäufen fair zu bestimmen.


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Welche Kosten kann ich zusätzlich zum Kaufpreis bei einer erfolgreichen Anfechtung oder einem Rücktritt vom Kaufvertrag zurückfordern?

Bei einer erfolgreichen Anfechtung oder einem Rücktritt von einem Kaufvertrag geht es darum, dass der Vertrag rückgängig gemacht wird. Das bedeutet in der Regel, dass Sie den gekauften Gegenstand zurückgeben und im Gegenzug den gezahlten Kaufpreis zurückerhalten.

Darüber hinaus können unter bestimmten Umständen auch weitere Kosten erstattet werden, die Ihnen im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kauf entstanden sind. Man spricht hier oft von Schadensersatz oder dem Ersatz von notwendigen Aufwendungen. Diese Kosten sind quasi die finanziellen Folgen, die Ihnen entstanden sind, weil der Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde oder Sie den Kauf rückgängig machen mussten.

Dazu können verschiedene Arten von Kosten gehören, wie zum Beispiel:

  • Finanzierungskosten: Wenn Sie für den Kauf extra einen Kredit aufgenommen haben, können unter Umständen die Zinsen oder andere Gebühren, die Ihnen für diesen Kredit entstanden sind, erstattet werden. Dies gilt aber nur für den Zeitraum, in dem der Kredit lief, bevor der Vertrag rückgängig gemacht wurde.
  • Reparaturkosten: Haben Sie versucht, den Mangel am gekauften Gegenstand selbst zu beheben oder beheben zu lassen, bevor Sie vom Vertrag zurückgetreten sind, können die Kosten für diese notwendigen Reparaturversuche erstattungsfähig sein.
  • Gutachterkosten: Mussten Sie einen Sachverständigen beauftragen, um den Mangel festzustellen und zu dokumentieren, können auch diese Kosten unter bestimmten Voraussetzungen erstattet werden, wenn das Gutachten zur Klärung des Mangels notwendig war.
  • Andere unmittelbar mit dem Mangel oder der Rückabwicklung zusammenhängende Kosten, wie z.B. Kosten für die Lagerung des mangelhaften Gegenstands, falls diese notwendig war.

Damit solche zusätzlichen Kosten erstattet werden können, müssen in der Regel bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

Erstens muss ein direkter Zusammenhang zwischen diesen Kosten und dem Mangel des gekauften Gegenstands oder dem Grund für die Vertragsanfechtung bestehen. Die Kosten dürfen also nicht einfach so entstanden sein, sondern müssen eine direkte Folge des Problems mit dem Kauf sein. Sie wären ohne den Mangel oder den Grund für die Anfechtung nicht angefallen.

Zweitens müssen die Kosten nachgewiesen werden. Das bedeutet, Sie müssen Belege wie Rechnungen oder Quittungen vorlegen können, die zeigen, dass und in welcher Höhe Ihnen diese Kosten entstanden sind.

Drittens müssen die Kosten notwendig oder zumindest angemessen gewesen sein. Das bedeutet, es dürfen keine unnötig hohen Ausgaben gewesen sein, die zur Behebung des Problems oder zur Feststellung des Mangels nicht erforderlich waren.

Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede beliebige Ausgabe, die im weiteren Zusammenhang mit dem Kauf steht, erstattet werden kann. Es geht immer um Kosten, die direkt durch den Mangel oder den Grund für die Rückabwicklung verursacht wurden und die notwendig waren.


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Welche Rolle spielt die Beweislastverteilung bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen arglistiger Täuschung und wie kann ich als Käufer meine Position stärken?

Wenn Sie als Käufer Ansprüche wegen arglistiger Täuschung geltend machen möchten, stellt sich oft die Frage, wer was beweisen muss. Dies nennt man im juristischen Sinne die Beweislast. Grundsätzlich gilt der einfache Satz: Wer etwas behauptet, muss es auch beweisen können. Das bedeutet für Sie als Käufer: Sie müssen die arglistige Täuschung durch den Verkäufer beweisen.

Was bedeutet „arglistige Täuschung“?

Unter „arglistiger Täuschung“ versteht man, dass der Verkäufer Sie absichtlich über wichtige Tatsachen getäuscht hat, um Sie zum Kauf zu bewegen. Das kann geschehen, indem der Verkäufer einen Mangel oder einen Umstand, der für Ihre Kaufentscheidung wichtig war, wissentlich verschwiegen hat (obwohl er wusste, dass er ihn mitteilen muss) oder indem er bewusst falsche Angaben gemacht hat. Entscheidend ist, dass der Verkäufer den Mangel oder den Umstand kannte oder ihn zumindest für möglich hielt und wusste, dass Sie bei Kenntnis anders entschieden hätten.

Wie kann sich die Beweislast verschieben oder erleichtern?

Obwohl grundsätzlich Sie als Käufer die Arglist beweisen müssen, gibt es Situationen, die Ihre Position stärken können. Eine wichtige Rolle spielen hier die Offenbarungspflichten des Verkäufers. Es gibt bestimmte Umstände oder Mängel, die ein Verkäufer – besonders bei bestimmten Vertragsarten oder je nach Wichtigkeit des Mangels – unaufgefordert mitteilen muss, selbst wenn Sie nicht danach fragen. Wenn der Verkäufer eine solche wichtige Information verschwiegen hat, obwohl er dazu verpflichtet war, kann das ein starkes Indiz für Arglist sein und Ihnen den Beweis erleichtern. Das Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels kann die Annahme der Arglist stark unterstützen.

Wie können Sie als Käufer Ihre Position stärken, indem Sie Informationen sichern?

Auch wenn Sie die Beweislast tragen, können Sie Ihre Position stärken, indem Sie relevante Informationen und potentielle Beweismittel sammeln und sichern. Hier sind Beispiele für Arten von Informationen, die in solchen Fällen eine Rolle spielen können:

  • Dokumentation des Mangels: Machen Sie sofort nach der Entdeckung des Mangels detailreiche Fotos oder Videos. Beschreiben Sie den Mangel präzise und notieren Sie, wann und wie Sie ihn entdeckt haben.
  • Vertragsunterlagen und Kommunikation: Sichern Sie alle schriftlichen Unterlagen zum Kauf: den Kaufvertrag, Anzeigen (z.B. Online-Inserate), E-Mails, Briefe oder Chat-Nachrichten mit dem Verkäufer. Achten Sie besonders auf Angaben des Verkäufers zum Zustand der Kaufsache.
  • Zeugen: Gab es Personen, die bei den Verkaufsgesprächen anwesend waren und die Aussagen des Verkäufers gehört haben? Oder gibt es Zeugen, die den Mangel oder den Zustand der Kaufsache vor oder nach dem Kauf bezeugen können? Notieren Sie sich Namen und Kontaktdaten.
  • Gutachten: In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, den Mangel von einem unabhängigen Sachverständigen begutachten zu lassen. Ein schriftliches Gutachten kann den Mangel, seine Ursache und den Zeitpunkt seines Vorliegens dokumentieren und eine wichtige Grundlage für den Nachweis der Arglist sein (z.B. wenn der Gutachter feststellt, dass der Mangel schon lange vor dem Verkauf bestanden haben muss).

Durch das sorgfältige Sammeln und Sichern solcher Informationen schaffen Sie eine Grundlage, um Ihre Behauptung einer arglistigen Täuschung mit Fakten und Dokumenten untermauern zu können.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Arglistige Täuschung

Arglistige Täuschung liegt vor, wenn jemand bewusst falsche Tatsachen behauptet oder wichtige Informationen verschweigt, um eine andere Person zu einer Willenserklärung (wie dem Abschluss eines Kaufvertrags) zu veranlassen. Entscheidend ist, dass der Täuschende die Unwahrheit kennt oder zumindest billigend in Kauf nimmt und dadurch die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigt. Im Fall des Gebrauchtwagenkaufs bedeutet das, dass der Verkäufer das Verschweigen bedeutender Reparaturen absichtlich genutzt hat, um den Käufer zum Kauf zu bewegen. Rechtsgrundlage ist § 123 Absatz 1 BGB, der die Anfechtung wegen Täuschung regelt.


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Anfechtung

Die Anfechtung ist ein rechtliches Mittel, mit dem ein Vertrag rückwirkend für nichtig erklärt werden kann, wenn er unter bestimmten Willensmängeln – hier arglistiger Täuschung – zustande gekommen ist. Die erfolgreiche Anfechtung führt dazu, dass der Vertrag so behandelt wird, als hätte er von Anfang an nicht bestanden (§ 142 Absatz 1 BGB). Dies ermöglicht es dem Käufer, vom Kauf zurückzutreten und den Kaufpreis zurückzuverlangen. Die Anfechtung muss innerhalb einer bestimmten Frist – bei Arglist ein Jahr ab Entdeckung der Täuschung (§ 124 BGB) – erklärt werden.


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Nutzungsvorteil

Der Nutzungsvorteil ist der Wertvorteil, den jemand durch die Nutzung einer Sache vor der Rückabwicklung eines Vertrages erlangt hat. Bei der Rückabwicklung eines Autokaufs nach Anfechtung muss der Käufer die Nutzung des Fahrzeugs entschädigen, weil er den Wagen bereits gefahren ist. Dieser Vorteil wird meist anhand der gefahrenen Kilometer im Verhältnis zur erwarteten Gesamtlaufleistung berechnet und vom Rückzahlungsbetrag abgezogen (§ 818 Absatz 3 BGB). So wird gerecht ausgeglichen, dass der Käufer das Auto benutzt hat, bevor er es zurückgibt.

Beispiel: Wer ein Auto für 25.000 Euro kaufte und 10.000 von 200.000 erwarteten Kilometern fuhr, muss für diese Nutzung einen Teil des Kaufpreises (hier anteilig 1/20) abziehen, wenn er den Kauf rückgängig macht.


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Vorvertragliche Pflichtverletzung (culpa in contrahendo)

Die vorvertragliche Pflichtverletzung beschreibt ein schuldhaftes Verhalten einer Partei bereits in der Phase vor Vertragsschluss, z.B. bei Vertragsverhandlungen. Verstößt eine Partei gegen Rücksichtnahmepflichten, etwa durch falsche oder unvollständige Informationen über wichtige Umstände, kann sie zum Schadensersatz verpflichtet werden (§§ 311 Absatz 2, 241 Absatz 2, 280 Absatz 1 BGB). Im Beispiel des Autokaufs bedeutet dies, dass das Verschweigen der Reparaturhistorie als schuldhafte Pflichtverletzung gilt und der Käufer Ersatz für entstandene Kosten wie Finanzierungsraten und Reparaturaufwendungen verlangen kann.


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Annahmeverzug

Annahmeverzug entsteht, wenn eine Partei eine ihr ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt, obwohl sie dazu verpflichtet ist. Im Kaufrechtskontext kann das bedeuten, dass der Verkäufer das zurückgegebene Fahrzeug nicht entgegennehmen will. Der Annahmeverzug beginnt rechtlich, wenn der Käufer bereit ist, den Rücktritt umzusetzen und das Fahrzeug zurückzugeben, der Verkäufer diese Rückgabe jedoch unbegründet verweigert. Im beschriebenen Fall lehnte das Gericht Annahmeverzug der Fahrzeughändlerin ab, weil der Käufer das Eigentum am Fahrzeug nicht mangelfrei übertragen konnte, da es im Sicherungseigentum der Bank stand.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 123 Absatz 1 BGB (Anfechtung wegen arglistiger Täuschung): Ermöglicht die Rückabwicklung eines Vertrags, wenn eine Partei durch Täuschung zum Vertragsschluss verleitet wurde. Die Anfechtung bewirkt die Unwirksamkeit des Vertrags von Anfang an. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Käufer focht den Kaufvertrag wegen Verschweigens der erheblichen Reparaturhistorie durch die Fahrzeughändlerin an, was das Gericht als arglistige Täuschung bewertete und die Vertragsnichtigkeit begründete.
  • § 142 Absatz 1 BGB (Wirkungen der Anfechtung): Bestimmt, dass ein angefochtener Vertrag als von Anfang an nichtig gilt und somit rückabzuwickeln ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund der wirksamen Anfechtung wurde der Kaufvertrag als nichtig angesehen, womit der Käufer Anspruch auf Rückabwicklung hat.
  • § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB (Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung): Regelt, dass wer ohne rechtlichen Grund etwas erlangt hat, dies zurückzugeben hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Fahrzeughändlerin muss den erhaltenen Kaufpreis zurückerstatten, da der Vertrag als nichtig gilt und somit kein rechtlicher Grund für die Zahlung besteht.
  • § 818 Absatz 3 BGB (Anrechnung von Nutzungsvorteilen bei ungerechtfertigter Bereicherung): Die Rückgabepflicht entfällt soweit der Bereicherte durch die Nutzung der Sache keinen Vorteil mehr hat; dadurch wird eine Verrechnung der Nutzungsvorteile ermöglicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht rechnete die vom Käufer gefahrenen Kilometer als Nutzungsvorteil an, was den Rückzahlungsbetrag entsprechend minderte.
  • § 166 Absatz 2 BGB (Zurechnung von Wissen und Handeln des Vertreters): Wissen und Handeln eines Vertreters wird dem Vertretenen zugerechnet, als hätte dieser selbst Kenntnis. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Wissen des Mitarbeiters der Fahrzeughändlerin über die Reparaturen wurde der Fahrzeughändlerin als Unternehmen zugerechnet und begründete die Arglist.

Das vorliegende Urteil


LG Lübeck – Az.: 3 O 150/21 – Urteil vom 08.05.2025


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