BGH, Beschluss vom 15. 05. 2013, Az: 1 StR 469/12
Der Bundesgerichtshof setzte sich im vorliegenden Beschluss mit einem recht skurilen Sachverhalt auseinander. Ein Verkehrsteilnehmer hatte aus Verärgerung darüber, dass er geblitzt worden war seinen Kastenwagen vor der Messanalage abgestellt. Zu untersuchen war die Strafbarkeit des Fahrers nach der doch eher ein Schattendasein führenden Norm des § 316 b des Strafgesetzbuchs.
Die Unbrauchbarmachung einer dem Betrieb dienenden Sache gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB erfordert für ein tatbestandsmäßiges Verhalten eine Einwirkung auf die Sachsubstanz.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2013 beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückgegeben.
Gründe:
I. 1. Das Amtsgericht Waldkirch hat den Angeklagten am 30. November 2011 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt.
a) Nach den getroffenen Feststellungen führte der Gemeindevollzugsbeamte B. als zuständiger Messbeamter der Stadt W. am Morgen des 1. Juni 2011 in der S. straße in W. im Bereich zwischen dem dortigen Schloss und der Bäckerei Z. eine Geschwindigkeitsmessung durch. Dabei wurde der Angeklagte als Führer eines Kastenwagens, amtliches Kennzeichen, mit einer überhöhten Geschwindigkeit von 43 km/h gemessen, was die Auslösung des aufgebauten Blitzgerätes sowie die Fertigung eines Lichtbildes zur Folge hatte. Aus Verärgerung über die von ihm bemerkte Geschwindigkeitsmessung stellte der Angeklagte den von ihm gesteuerten Kastenwagen anschließend direkt vor dem Sensor der Messanlage ab. Dem Angeklagten ging es hierbei nur darum, dass der o. g. Messbeamte keine weiteren Geschwindigkeitsmessungen mehr durchführen konnte. Danach entfernte er sich zu Fuß und suchte seine nahegelegene Wohnung in der S. str. auf.
Der Messbeamte ermittelte daraufhin die Telefonnummer des Angeklagten und rief diesen auf dessen Mobiltelefon an. Nachdem der Angeklagte erkannt hatte, dass es sich bei dem Anrufer um den betreffenden Messbeamten handelte, beendete er umgehend das Gespräch. Mehrere Folgeanrufe blieben erfolglos. Daraufhin begab sich der Gemeindevollzugsbeamte zum Anwesen des Angeklagten und forderte ihn auf, den Kastenwagen wegzufahren, da er den Messbetrieb verhindere. Der Angeklagte gab hierauf lediglich zu verstehen, dass er jederzeit auch vor einer Messeinrichtung parken könne, da dort kein Parkverbot herrsche. Daraufhin holte der Gemeindevollzugsbeamte bei seinem Dienstvorgesetzten die Genehmigung zum Abschleppen des Kastenwagens ein. Auf die danach erfolgte mündliche Androhung des Abschleppens mit entsprechender Kostenfolge reagierte der Angeklagte nicht.
Der Gemeindevollzugsbeamte ging sodann zu seinem Messfahrzeug zurück und forderte telefonisch eine Abschleppfirma an. Noch während des Telefonats kam der Angeklagte mit einem Traktor und einem Zweiachsanhänger angefahren. Er stellte den Kastenwagen weg und parkte stattdessen den Traktor an dieser Stelle. Zudem senkte er den Frontlader des Fahrzeugs ab. Auch hierbei ging es dem Angeklagten darum, weitere Geschwindigkeitsmessungen durch den Messbeamten zu verhindern. Die an ihn gerichtete Aufforderung, den Traktor wegzustellen, ignorierte der Angeklagte und fuhr mit seinem Kastenwagen davon. Der inzwischen eingetroffene Abschleppunternehmer konnte den Traktor nicht abschleppen, da der Frontlader des Fahrzeugs herabgelassen war.
Nachdem schließlich Polizeibeamte hinzugekommen waren, fuhr der Angeklagte den Traktor weg.
Aufgrund des gesamten Geschehens konnte die Messstelle ca. eine Stunde lang nicht betrieben werden, was der Angeklagte auch beabsichtigte.
b) Nach Auffassung des Amtsgerichts sei deswegen der Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 Alt. 1 StGB verwirklicht, weil der Angeklagte Gewalt angewendet habe, um den Messbeamten zum Unterlassen weiterer Messungen zu zwingen. Die Gewaltanwendung zur Durchsetzung des von ihm verfolgten Ziels sei auch verwerflich im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB gewesen.
c) Gegen das Urteil legte der Angeklagte durch seinen Verteidiger am 7. Dezember 2011 „Rechtsmittel“ ein, welches innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als Sprungrevision bezeichnet wurde. Gestützt auf die Verletzung materiellen Rechts beantragte der Angeklagte, freigesprochen zu werden, hilfsweise das angefochtene Urteil mit seinen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts habe er durch sein Verhalten keine Gewalt im Sinne des Nötigungstatbestandes ausgeübt.
2. Das zur Entscheidung über die Revision berufene Oberlandesgericht Karlsruhe ist der Auffassung, dass die Feststellungen des Amtsgerichts den Schuldspruch wegen Nötigung nicht tragen, weil durch sie nicht belegt sei, dass gegen den Messbeamten Gewalt im Sinne einer körperlichen Zwangswirkung ausgeübt worden sei. Vielmehr habe der Angeklagte mit seinem Vorgehen den Tatbestand der Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht. Es beabsichtigt daher, in entsprechender Anwendung des § 354 StPO den Schuldspruch dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte der Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig ist, und im Übrigen die Revision des Angeklagten durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Karlsruhe durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 3. März 1997 – 2 Ss 59/97 (NStZ 1997, 342) gehindert. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart liegt keine Störung des Betriebs einer der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienenden Einrichtung oder Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, wenn eine Geschwindigkeitsmessanlage unbrauchbar gemacht (im dort zu entscheidenden Fall durch Beschmieren des Fotoobjektivs mit Senf bzw. einer cremeartigen weißen Masse) und dadurch die Ahndung von Verkehrsverstößen durch Verwarnungen oder Bußgeldbescheide unmöglich wird. Dies beruhe zum einen darauf, dass die Messanlage in ihrer Funktion keine eigenständige gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB geschützte Anlage sei, sondern nur eine dem Betrieb der Bußgeldbehörde dienende Sache darstelle, die als unselbständiges Glied in die Kette der betrieblichen Vorgänge von der Ermittlung bis zur Ahndung der Verkehrsordnungswidrigkeiten integriert sei. Dafür, ob durch den unbrauchbar gemachten Fotoapparat der Messanlage eine der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Einrichtung oder Anlage gestört wurde, sei deshalb auf die übergeordnete Organisationseinheit, die Bußgeldbehörde, abzustellen. Zum anderen schütze der unbestimmte Rechtsbegriff „der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienend“ die Funktion nur solcher besonders wichtiger Einrichtungen und Anlagen, deren Hauptzweck die unmittelbare Abwehr von Gefahren für bedeutende Rechtsgüter der Allgemeinheit oder des Einzelnen ist, soweit deren Schutz nicht bereits § 88 Abs. 1 Nr. 4 StGB unterfalle. Weil der auf die Ermittlung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ausgerichtete Hauptzweck der Bußgeldbehörde in erster Linie repressiv einzuordnen sei, sei sie keine der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Einrichtung im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Sie unterscheide sich auch grundlegend von der unmittelbaren Gefahrenabwehr, die unabhängig von der Schuld des Verursachers an der Entwicklung des Geschehens akut drohende Schadensereignisse verhindern will. Dabei hat das Oberlandesgericht Stuttgart auch berücksichtigt, dass der Tätigkeit der Bußgeldbehörde im Hinblick auf den „Denkzetteleffekt“ bei den Betroffenen eine gewisse vorbeugende Gefahrenabwehr nicht abgesprochen werden kann.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe sieht – ohne auf die vom Oberlandesgericht Stuttgart vorgenommene einengende Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienend“ einzugehen – eine Geschwindigkeitsmessanlage als eine der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB an und hat deshalb die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Frage vorgelegt:
„Ist eine Geschwindigkeitsmessanlage eine eigenständige, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienende Anlage im Sinne des § 316 b Abs. 1 Nr. 3 StGB?“
3. Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen: Die Sache wird an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückgegeben.
Er ist der Auffassung, dass die Vorlegungsfrage nicht entscheidungserheblich ist.
II. Die Vorlegung der Sache ist unzulässig, weil deren Voraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG nicht gegeben sind.
Der Senat hat bereits Zweifel daran, dass die Vorlegungsfrage mit der gewählten unbestimmten Formulierung „Geschwindigkeitsmessanlage“ einer Vorlageentscheidung zugänglich ist oder wenigstens unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses sowie des angefochtenen amtsgerichtlichen Urteils in einer Weise umformuliert werden kann, die zu einer ausreichenden inhaltlichen Bestimmtheit der Vorlegungsfrage und damit zu einer eindeutig zu beantwortenden Frage führt. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben. Denn der zu Grunde liegende Sachverhalt erfüllt jedenfalls keine der Tathandlungen des § 316b Abs. 1 StGB, so dass die das Tatobjekt betreffende Vorlegungsfrage keinesfalls entscheidungserheblich sein kann.
1. Allerdings ist die Vorlegungspflicht gemäß § 121 Abs. 2 GVG, obwohl dort nicht ausdrücklich genannt, auch bei Sprungrevisionen, wie vorliegend, gegeben (BGH, Beschluss vom 24. Juli 1987 – 3 StR 36/87, BGHSt 35, 14, 16; BeckOK-StPO/Huber, Ed. 15, § 121 GVG Rn. 4).
2. Das Oberlandesgericht Karlsruhe begründet die Vorlage der Sache und seine vom Oberlandesgericht Stuttgart abweichende Rechtsansicht, der das Oberlandesgericht München insoweit gefolgt ist (NJW 2006, 2132, 2133), wie folgt:
„Eine Geschwindigkeitsmessanlage ist nach Auffassung des Senats eine der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB (so auch LK-König, StGB, 12. Aufl., § 316b Rn. 29; Fischer, a. a. O., § 316 b Rn. 5; SK-StGB/Wolters, 129. Lfg. 09/2011, § 316 b Rn. 7).
Zwar handelt es sich bei einer von der Bußgeldbehörde eingesetzten Geschwindigkeitsmessanlage auch um ein technisches Einsatzmittel, dessen sich die Bußgeldbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient. Trotzdem stellt ein solches Gerät eine Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB dar. Der Begriff der Anlage setzt dem Wortlaut nach zunächst eine Konstruktion aus technischen Materialien voraus (BGHSt 31, 1). Um eine klare Abgrenzung zu dem ebenfalls in § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB aufgeführten Begriff der Einrichtung vorzunehmen, ist der Anlagenbegriff zudem als vornehmlich aus sächlichen Mitteln bestehende Funktionseinheit zur planmäßigen Erreichung eines auf gewisse Dauer berechneten Erfolgs definiert (LK-König, a. a. O. Rn. 8). Diese Voraussetzungen sind bei einer Geschwindigkeitsmessanlage gegeben.
Eine Geschwindigkeitsmessanlage dient auch der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Denn gerade Geschwindigkeitsmessungen erfolgen nicht allein aus repressiven, sondern auch aus präventiven Zwecken (LK-König, a. a. O., Rn. 24; so im Ergebnis auch Fischer, a. a. O.; offen gelassen von OLG Stuttgart a. a. O.).
Geschwindigkeitsmessungen haben nicht nur das Ziel, Verkehrsverstöße zu ahnden, sondern dienen auch dazu, die Verkehrsteilnehmer zur Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit anzuhalten, um so Unfälle und andere Straßenverkehrsgefährdungen zu verhindern.
Der Angeklagte hat diese Messanlage durch das Parken seiner Fahrzeuge unmittelbar vor ihr unbrauchbar gemacht. Durch das Unterbrechen des Laser- bzw. Radarstrahls hat er auf das Gerät eingewirkt und dieses in seiner Funktionsfähigkeit jedenfalls nicht unerheblich beeinträchtigt. Die Frage der Brauchbarkeit beurteilt sich nach Zweck und Funktionsweise der Anlage. Vorliegend war die Geschwindigkeitsmessanlage, die den auf der Straße bewegenden Pkw-Verkehr umfassend kontrollieren soll, durch die verdeckenden Fahrzeuge des Angeklagten vollständig außer Betrieb gesetzt, weil verhindert wurde, dass der Verkehr überhaupt von dem Laser- oder Radarstrahl erfasst wurde.
Damit ist in einer für das Tatbestandsmerkmal Unbrauchbarmachen ausreichender Weise auf die Anlage selbst eingewirkt, weil die Aussendung des Laser- bzw. Radarstrahls unterbunden wurde und die Messanlage für die Dauer der Störung nicht mehr ordnungsgemäß verwendet werden konnte. Hierdurch ist die typische, durch § 316b StGB ins Auge gefasste Gefahrenlage verwirklicht worden.
Als unerheblich sieht es der Senat an, dass die Geschwindigkeitsmessanlage mobil und nicht fest mit dem Boden verbunden war. Soweit eine Ortsfestigkeit als weitere Voraussetzung für den Anlagenbegriff gefordert wird, ist damit lediglich ein ortsfester Einsatz gemeint (LK-König, a. a. O. Rn. 8). Diese Voraussetzungen sind aber bei einer mobilen Geschwindigkeitsmessanlage erfüllt. Nach dem Aufbau des Geräts und der erforderlichen Einstellung vor dem ersten Gebrauch wird es an einer konkreten Stelle und damit ortsfest eingesetzt.
Nach alledem sprechen sowohl Gesetzeswortlaut als auch Gesetzeszweck dafür, Geschwindigkeitsmessanlagen als Anlagen und damit als Schutzobjekte des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB anzusehen.
Demgegenüber findet die Auffassung des OLG Stuttgart, dass § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB eindeutig zwischen dem öffentlichen Betrieb, der gestört werde, und der Ursache der Störung unterscheidet mit der Folge, dass Geschwindigkeitsmessanlagen keine eigenständigen Schutzobjekte im Sinne von § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB wären, im Gesetzeswortlaut keine Stütze.
Denn der „öffentliche Betrieb“ wird im Tatbestand des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erwähnt, sondern findet sich lediglich in der amtlichen Überschrift des Straftatbestandes; es ist aber nicht zulässig, dem öffentlichen Betrieb als generell übergeordneter Einheit mithilfe der amtlichen Überschrift Eingang in den Tatbestand zu verschaffen (so auch LK-König, a. a. O. Rn. 9a).
Vielmehr ist dem Wortlaut des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB eindeutig zu entnehmen, dass der Betrieb einer Einrichtung und der Betrieb einer Anlage gleichrangige Schutzgegenstände darstellen (LK-König, a. a. O.). Anlagen im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB werden grundsätzlich von einer anderen Organisationseinheit betrieben. Würde man die hinter der Anlage stehende Organisationseinheit als vorrangig ansehen, wäre die Anlage als eigenständiges Schutzobjekt überflüssig und hätte vom Gesetzgeber nicht in den Tatbestand aufgenommen werden müssen. § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB soll aber gerade gemeinschaftswichtige Anlagen in ihrem Betrieb gegen Sabotageakte und damit das ordnungsgemäße Arbeiten solcher Anlagen als Funktionseinheiten schützen (Fischer, a. a. O. Rn. 1). Da solche Geschwindigkeitsmessanlagen aber in aller Regel auch Hilfsmittel der jeweiligen Behörden darstellen, würde der Schutzzweck nicht erreicht werden, wenn diese nicht als Schutzobjekte des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB gelten.“
3. Die Vorlegungsfrage ist, worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 14. November 2012 zutreffend hingewiesen hat, mit der dort gewählten unbestimmten Formulierung „Geschwindigkeitsmessanlage“ einer Vorlageentscheidung nicht zugänglich; denn von § 121 Abs. 2 GVG werden nur Rechtsfragen umfasst (BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1982 – 4 StR 60/82, BGHSt 31, 86, 89 mwN, und vom 3. April 2001 – 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358, 361; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. Juni 1977 – 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212, 213 [nicht bei „rechtlich unverbindlichen Hinweisen“]). Die Klärung einer Tatfrage ist einer Vorlage auch dann nicht zugänglich, wenn diese wie eine Rechtsfrage formuliert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 1983 – 5 StR 513/82, BGHSt 31, 314, 316). Ob eine in der Formulierung der Vorlagefrage „Geschwindigkeitsmessanlage“ „eine eigenständige, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienende Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB“ ist, hängt angesichts der an eine solche zu stellenden Anforderungen auch von deren konkreter Beschaffenheit ab und ist damit Tatfrage. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der kontrovers beurteilten Bedeutung der Ortsfestigkeit als Bestandteil des Anlagebegriffs in § 316b StGB (dazu LK- StGB/König, 12. Aufl., § 316b Rn. 8 mwN). Enthielte der Begriff der Anlage ein solches – wie auch immer im Detail zu verstehendes – Teilmerkmal, würden zumindest sog. Laserpistolen, möglicherweise aber auch mobile Messgeräte nicht als Anlage im Sinne von § 316b StGB verstanden werden können. Sie sind aber von der Formulierung „Geschwindigkeitsmessanlage“ erfasst.
Ob eine – an sich rechtlich zulässige – Umformulierung der Vorlegungsfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2001 – 4 StR 507/00, BGHSt 46, 358, 361 f.), wie sie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ergänzend formuliert hat, möglich ist, kann offenbleiben. Zwar lassen sich unter Heranziehung der Sachverhalte der Vorlageentscheidung sowie des dieser zu Grunde liegenden Urteils des Amtsgerichts Waldkirch Anhaltspunkte über die Beschaffenheit der konkret verwendeten Geschwindigkeitsmessanlage entnehmen („aufgebautes Blitzgerät“, Vorhandensein eines Sensors, Einsatz eines Laser- oder Radarstrahls, keine feste Verbindung mit dem Boden, Vorhandensein eines Messfahrzeugs). Selbst auf der Grundlage solcher tatsächlicher Gegebenheiten wären die Vorlagevoraussetzungen nach § 121 Abs. 2 GVG aber nicht gegeben.
III. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat, fehlt es auf der Grundlage des vom Amtsgericht festgestellten und dem Vorlagebeschluss zugrunde liegenden Sachverhalts an einer dem Tatbestand des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallenden Tathandlung des Angeklagten. Das vorlegende Oberlandesgericht kann daher mangels Tatbestandsmäßigkeit gemäß § 316b Abs. 1 StGB nicht von der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart abweichen.
1. § 316b Abs. 1 StGB weist eine zweiaktige Struktur auf. Der Tatbestand setzt für den hier allein in Frage kommenden § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB eine Störung oder eine Verhinderung des Betriebs einer der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienenden Anlage voraus. Diese Störung oder Verhinderung muss ihre Ursache (siehe nur Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316b Rn. 6) darin haben, dass eine dem Betrieb dienende Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verändert oder unbrauchbar gemacht oder – was hier ersichtlich von vornherein nicht in Frage kommt – die für den Betrieb bestimmte elektrische Kraft entzogen wird.
Hier kommt allenfalls das Merkmal des Unbrauchbarmachens einer dem Betrieb dienenden Sache, dem wie auch immer technisch gestalteten Messgerät, in Betracht, was aber entgegen der vom vorlegenden Oberlandesgericht vertretenen Auffassung ebenfalls ausscheidet.
2. Vorliegend hat der Angeklagte die beabsichtigten Geschwindigkeitsmessungen allein dadurch verhindert, dass er mit seinen jeweils in Richtung des Messstrahls geparkten Fahrzeugen Messungen anderer vorbeifahrender Fahrzeuge verhinderte. Dabei wirkte er jedoch, anders als bei dem vom Oberlandesgericht Stuttgart (NStZ 1997, 342 f.) entschiedenen Fall, nicht einmal äußerlich durch Beschmieren oder bspw. Bekleben auf die Substanz der Sache ein. Es lag mithin keine Manipulation an dem Messgerät selbst oder einem wesentlichen Teil davon vor, die zu einer tatsächlichen Funktionsminderung geführt haben könnte, was aber Voraussetzung einer Tatbestandsmäßigkeit wäre (zur Erforderlichkeit einer Einwirkung auf die Sachsubstanz vgl. OLG Celle, NStZ 2005, 217; BVerfG NVwZ 2006, 583; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 317 Rn. 9, 11; SK-StGB/Wolters, 129. Lief. § 316b Rn. 10; Fischer, aaO; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 316b Rn. 5). Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass derjenige den Tatbestand nicht erfüllt, der einen Fernsprechanschluss dadurch blockiert, dass er diesen anwählt und nicht auflegt (vgl. LK-StGB/Wolff aaO). Dem entspricht auch, dass bei Blockadeaktionen gegenüber einem Zug es nicht ausreichend ist, wenn dessen Weiterfahrt durch Personen auf den Gleisen verhindert wird; erst bei einem direkten Einwirken auf die Gleise selbst kann der Tatbestand gegeben sein (OLG Celle NStZ 2005, 217 f.).
So liegt der Fall auch hier. Mit dem Parken seiner Fahrzeuge vor dem Sensor der Messeinheit hat der Angeklagte zwar weitere Messungen anderer Fahrzeuge verhindert, an einem direkten Einwirken auf die Sachsubstanz fehlte es aber. Dies erweist sich schon daraus, dass bereits ein leichtes Versetzen des Messfahrzeuges oder (je nach Gerät) auch nur der Messeinrichtung Messungen wieder möglich gemacht hätte. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auch von den Fallgestaltungen der Oberlandesgerichte Stuttgart (NStZ 1997, 342 f. – Beschmieren des Fotoobjektivs) und München (NJW 2006, 2132 f. – Überbelichtung des Fotofilms durch Blitzlichtreflexion), bei denen eine bloße Veränderung des Standorts – auch wenn dies praktisch nicht möglich gewesen wäre – nichts an der allerdings nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Anlage selbst geändert hätte.
3. Der Senat ist vorliegend nicht durch die Besonderheiten des Vorlageverfahrens gemäß § 121 Abs. 2 GVG daran gehindert, ungeachtet der auf den Anlagenbegriff des § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB beschränkten Vorlagefrage die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage abweichend von dem vorlegenden Oberlandesgericht zu beurteilen. Die grundsätzlich bestehende Bindung des Senats an die Auffassung des Oberlandesgerichts über das Vorliegen der Tathandlung gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB entfällt, weil dieses insoweit von einer rechtlich so nicht haltbaren Betrachtung ausgegangen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in solchen Konstellationen die ansonsten bestehende Bindung an die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit durch das vorlegende Gericht nicht vor (BGH, Beschlüsse vom 22. August 1994 – 3 StR 209/84, NStZ 1985, 217, 218, und vom 14. Mai 1974 – 1 StR 366/73, BGHSt 25, 325, 328; siehe auch BGH, Beschluss vom 21. Februar 1968 – 2 StR 360/67, BGHSt 22, 94, 100 mwN). Das Oberlandesgericht hat bei der Beurteilung des Vorliegens der Tathandlung gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 3 StGB im rechtlichen Ausgangspunkt nicht ausreichend deutlich zwischen dem Unbrauchbarmachen der dem Betrieb einer Anlage oder Einrichtung dienenden Sache und der dadurch verursachten Verhinderung oder Störung des Betriebs der Anlage oder Einrichtung unterschieden. Das trägt der Struktur des Tatbestandes nicht genügend Rechnung. Vor allem aber hat es in rechtlich nicht vertretbarer Weise bei dem Merkmal des Unbrauchbarmachens auf das Erfordernis einer Einwirkung auf die Sachsubstanz verzichtet. Die Notwendigkeit einer solchen Art der Einwirkung ergibt sich für das Unbrauchbarmachen jedoch eindeutig aus dem systematischen Vergleich mit den übrigen in dem Tatbestand genannten Tathandlungen (Zerstören, Beschädigen, Beseitigen, Verändern). Dementsprechend wird – wie aufgezeigt (III. 2.) – eine Sachsubstanzeinwirkung für ein tatbestandsmäßiges Verhalten vorausgesetzt.
Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzugeben.