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Rücktritt Fahrzeugkaufvertrag – Eintragung eines SIS-Suchvermerks als Rechtsmangel

OLG Köln – Az.: 15 U 124/17 – Urteil vom 01.03.2018

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.07.2017 (27 O 428/16) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger das Fahrzeug des Herstellers C, Typ Y, Fahrzeug-Ident-Nr. XXXFF4XXX0XX53XXX herauszugeben und zwar Zug um Zug gegen

  • Herausgabe des Fahrzeugs des Herstellers W, Typ U, Fahrzeug-Ident-Nr. XXXZZZXXX9XX33XXX;
  • Zahlung eines Betrages in Höhe von 10.500 EUR abzüglich eines Betrages, der sich wie folgt errechnet 0,2562 EUR x Kilometer gemäß Tachostand des C im Zeitpunkt der Rückgabe abzüglich 170.000 km;
  • Zinsen aus dem sich gemäß vorstehender Berechnung ergebenden Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2014;
  • Zahlung eines weiteren Betrages, der sich wie folgt berechnet: 0,1111 EUR x Kilometer gemäß Tachostand des U im Zeitpunkt der Rückgabe abzüglich 160.000 km.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 EUR, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Rücktritt Fahrzeugkaufvertrag - Eintragung eines SIS-Suchvermerks als Rechtsmangel
(Symbolfoto: SaiArLawKa2/Shutterstock.com)

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Fahrzeuggeschäfts, bei dem der Kläger dem Beklagten einen Pkw C Y überließ und als Gegenleistung einen Barbetrag in Höhe von 10.500 EUR sowie einen Pkw W U erhielt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 10.11.2014 auf Bl. 4 d.A. Bezug genommen. Für das Fahrzeug W U, das der Beklagte zuvor vom Streithelfer erworben hatte, ist aus unklarer Ursache ein Suchvermerkseintrag im Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Sachanträge wird auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung (Bl. 38 ff. d.A.) Bezug genommen. Ergänzt sei, dass das Fahrzeug U kurz nach der Übergabe einen Motorschaden hatte. Deswegen verlangte der Kläger unter dem 14.11.2014 primär wegen dieses Schadens, aber auch wegen angeblicher Unfallschäden, der angeblich nicht offengelegten Tatsache eines Re-Imports aus Italien und angeblicher Tachomanipulationen die Rückabwicklung des Geschäfts, wobei wegen der Details auf das Anwaltsschreiben vom 14.11.2014 (Bl. 48 ff. d.A.) verwiesen wird. Unter dem 14.01.2015 (Bl. 47 d.A.) schrieb der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers, der damals den Beklagten gegenüber dem Kläger vertrat, den damaligen Bevollmächtigten des Klägers an. Er fasste aus seiner Sicht eine mündlich angeblich zuvor erzielte Einigung wie nachstehend zusammen: „Zum Ausgleich sämtlicher zwischen den Parteien bestehender Ansprüche, bekannt oder unbekannt“ sollte der Beklagte einen Einmalbetrag in Höhe von 1.650 EUR zahlen Zug- um-Zug gegen Übergabe eines Satzes Winterreifen für den C Y. Ferner hieß es: „Damit findet die Angelegenheit insgesamt ihre Erledigung.“ Die erbetene Rückbestätigung erfolgte indes nicht, u.a. weil der Kläger nicht mit der Ausgleichsklausel einverstanden war und die Herausgabe von Felgen zu klären war. Der damalige Bevollmächtigte des Klägers bestätigte nach einem Telefonat mit dem damaligen Bevollmächtigten des Beklagten sodann unter dem 19.01.2015 folgende Einigung, wobei wegen der Details auf den Schriftsatz Bl. 134 d.A. Bezug genommen wird: „Zum Ausgleich aller zwischen den Parteien in der Kaufvertragsangelegenheit … bestehenden Ansprüche zahlt ihr Auftraggeber an meinen Mandanten … 1.650 EUR, Zug um Zug gegen Übergabe eines kompletten Satzes von gebrauchten Winterreifen für das … Fahrzeug – C Y ohne Felgen. ( … ) Damit findet die Angelegenheit insgesamt ihre Erledigung“. Auf dieser Basis wurde die zugesagte Zahlung sodann geleistet und es wurden auch die genannten Gegenstände übergeben. Die SIS-Problematik war als solches seinerzeit noch kein Thema unter den Parteien.

Das zwischenzeitlich behördlich beschlagnahmte Fahrzeug Pkw U befindet sich – wie zuletzt unstreitig ist – seit Juni 2015 bei der Firma Auto M, die vom Kläger mit der Veräußerung des Pkw U im Kundenauftrag beauftragt worden war. Die Firma Auto M macht gegen den Kläger u.a. Ansprüche auf Standgeld und Kostenerstattung wegen eines ebenfalls am SIS-Vermerks gescheiterten und zu einem Prozess vor dem AG Wittlich (Urt. v. 09.11.2016 – 4b C 430/15, Bl. 45 ff. d.A.) führenden Veräußerungsversuchs an einen anderen Käufer geltend, weitere Einzelheiten sind unter den Parteien umstritten.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.07.2017 die Klage abgewiesen, da ein Eingreifen des § 935 BGB mangels Aufklärbarkeit der Hintergründe des SIS-Vermerks nicht nachgewiesen und somit Eigentum am Fahrzeug übertragen worden sei. Der Suchvermerk als Sachmangel sei von einem – hier im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung – anzunehmenden umfassenden stillschweigenden Gewährleistungsverzicht erfasst. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 38 ff. d.A.).

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Die vom Landgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung trage nicht, zumal – wie nunmehr herausgefunden worden sei – der Beklagte ein gewerblicher Kfz-Händler sei. Zudem gehe es nicht um einen Sach-, sondern einen Rechtsmangel. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 79 f. d.A.) und die Schriftsätze vom 11.12.2017 (Bl. 102 f. d.A.) und vom 04.01.2018 (Bl. 109 f d.A.) Bezug genommen sowie auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 14.02.2018 (Bl. 148 d.A.). Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 29.01.2018, auf den wegen der weiteren Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 129 ff. d.A.), behauptet der Kläger zudem erstmals, es sei ihm nunmehr unmöglich, das Fahrzeug U noch an den Beklagten herauszugeben, da das Autohaus M die Herausgabe an den Kläger wegen unberechtigter Gegenansprüche verweigere und dem Kläger die Durchführung eines Herausgabeverfahrens gegen das Autohaus nach § 275 Abs. 2 BGB nicht zuzumuten sei. Wertersatz für das Fahrzeug sei dann nicht geschuldet, weil der U wegen des Rechtsmangels gen Null tendiere bzw. allenfalls 2.500 EUR betrage; es sei allenfalls ein Herausgabeanspruch abzutreten.

Der Kläger hat zunächst sinngemäß beantragt, das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.07.2017 – 27 O 428/16 – abzuändern und (1) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Auskunft zu erteilen über die Laufleistung/den Kilometerstand des Fahrzeuges des Herstellers C, Typ Y, Fahrzeug-Ident-Nr. XXXFF4XXX0XX53XXX ; (2) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger das Fahrzeug des Herstellers C, Typ Y, Fahrzeug-Ident-Nr. XXXFF4XXX0XX53XXX , Zug um Zug gegen Rückzahlung eines gem. der zu vorstehenden Ziffer 1. zu erteilenden Auskunft noch zu kürzenden Betrages von 10.500,00 EUR herauszugeben; (3) festzustellen, dass der Beklagte sich mit der Annahme nach Maßgabe der vorstehenden Ziffer 2 zu mindernden Betrages von 10.500,00 EUR in Annahmeverzug befindet und (4) den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger an Gebühren anwaltlicher außergerichtlicher Vertretung 1.171,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Nach einem Hinweis des Senats, vom 06.11.2017, auf den zur Meidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (Bl. 90 ff. d.A.), hat der Kläger den Klageantrag zu 1 (Auskunft) zurückgenommen und seinen Klageantrag neu dahingehend gefasst und so berechnet, dass ausgehend von einem Kilometerstand des C von 170.000 km bei Übergabe und einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km und einem Gesamtwert von 20.500 EUR der gefahrene Kilometer mit 0,2562 EUR zu vergüten sei und der Kläger sich ansonsten fiktive Nutzungen aus der Teilbarzahlung verzinst entgegenhalten lasse, wie auf S. 2 des Schriftsatzes vom 04.01.2018 (Bl. 110 d.A.) ausgeführt.

Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß, das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.07.2017 – 27 O 428/16 – abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger das Fahrzeug des Herstellers C, Typ Y, Fahrzeug-Ident-Nr. XXXFF4XXX0XX53XXX herauszugeben, Zug um Zug gegen Zahlung vom 10.500 EUR abzüglich eines Betrages, der sich wie folgt errechnet: 0,2562 EUR x Kilometer gemäß Tachostand im Zeitpunkt der Rückgabe abzüglich 170.000 km nebst Zinsen aus dem sich gemäß vorstehender Berechnung sich ergebenden Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2014;

2. festzustellen, dass der Beklagte sich mit der Annahme nach Maßgabe der vorstehenden Ziffer zu mindernden Betrages von 10.500,00 EUR in Annahmeverzug befindet;

3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.171,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.12.2016 zu zahlen.

Der Beklagte und der Streithelfer beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Der neue Vortrag zum gewerblichen Kfz-Handel sei berufungsrechtlich nicht zu berücksichtigen, zudem sei zur Zeit des Abschlusses des streitgegenständlichem Vertrages noch rein privat agiert worden. Es liege kein Mangel am Fahrzeug vor und zudem könne allenfalls die auf das Fahrzeug entfallende Kaufpreisdifferenz aus dem Kaufvertrag (10.000 EUR) verlangt werden und dies nur gegen Rückgabe des Pkw U. Die Nutzungsberechnung des Klägers sei mangelhaft und der Kläger müsse sich – ausgehend von einem Kilometerstand von 160.000 km bei Übergabe und einer Gesamtlaufleistung von ebenfalls 250.000 km – zudem eine Nutzungsentschädigung für die mit dem Pkw U gefahrenen Kilometer von 0,1111 EUR/km entgegenhalten lassen wie im Schriftsatz vom 10.01.2018 (Bl. 115 d.A.) berechnet.

Mit Schriftsatz vom 10.01.2018 hat der Beklagte zudem erstmals behauptet, man habe sich im Nachgang an das Schreiben vom 14.01.2015 wegen sämtlicher Ansprüche aus dem Kaufvertrag, ob bekannt oder unbekannt, umfassend verglichen. Mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen des Beklagten vom 09.02.2018 (Bl. 145 f. d.A.) und des Streithelfers vom 01.02.2018 (Bl. 141 f. d.A.) vertreten diese insofern Ansicht, dass die Formulierung in der schlussendlich erreichten Einigung vom 19.01.2015 auch ohne den Passus zu den „unbekannten“ Ansprüchen nach §§ 133, 157 BGB als umfassende Ausgleichsklausel zu verstehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 86 ff. d.A.), die Schriftsätze des Beklagten vom 20.12.2017 (Bl. 104 d.A.) und vom 10.01.2018 (Bl. 115 ff. d.A.) sowie die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagte vom 09.02.2018 (Bl. 145 f., 147 d.A.) einerseits und die Schriftsätze des Streithelfers vom 11.11.2017 (Bl. 99 d.A.) und die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Streithelfers vom 01.02.2018 (Bl. 141 f. d.A.) und 22.02.2018 (Bl. 149 d.A.) andererseits verwiesen.

Die Akte StA Koblenz – 3 Ds 2080 Js 15676/16 lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Der zunächst geltend gemachte Auskunftsanspruch ist mit Schriftsatz vom 04.01.2018 wirksam zurückgenommen worden; der Beklagte hat im Termin stillschweigend sein Einverständnis in die Teilklagerücknahme gestellt (§ 269 Abs. 1 ZPO).

2. Dem Kläger steht der tenorierte Rückgewähranspruch aus § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 435, 437 Nr. 2, 323 ff. BGB zu. Wie bereits im Hinweis des Senats ausgeführt, stellt die Eintragung eines SIS-Suchvermerks keinen Fall eines Sachmangels i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB dar, sondern – ungeachtet der theoretischen Löschbarkeit des Eintrages im System – einen Rechtsmangel i.S.d. § 435 BGB dar (BGH v. 18.01.2017 – VIII ZR 234/15, NJW 2017, 1666; v. 26.04.2017 – VIII ZR 233/15, MDR 2017, 939; siehe zudem auch etwa OLG Köln v. 25.03.2014 – 3 U 185/13, NJW-RR 2014, 1080; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. 2017, § 435 Rn. 13; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 435 Rn. 27). Ob die vom Landgericht angenommene Übertragung des Gewährleistungsausschlusses für Sachmängel mit Blick auf den Pkw C auf den Pkw U im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung überzeugt, bedarf letztlich keiner Entscheidung. Denn ein solcher Sachmängelausschluss gilt jedenfalls nicht ohne weiteres für Rechtsmängel (BGH v. 26.04.2017 – VIII ZR 233/15, MDR 2017, 939 m.w.N.). Abweichendes ist auch hier nicht ersichtlich. Daher kommt es auch nicht mehr auf die im Berufungsverfahren aufgeworfene Frage an, ob der Beklagte als Unternehmer tätig geworden ist (§ 475 Abs. 1 BGB) und/oder ihm ggf. ein Arglistvorwurf (§ 444 BGB) zu machen wäre.

Angesichts der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung liegen auch im Übrigen die Rücktrittsvoraussetzungen vor. Soweit der Beklagte und der Streithelfer sich auf die ausweislich des Schriftsatzes vom 19.01.2015 erzielte vergleichsweise Einigung (§ 779 BGB) berufen, kommt es auf die Frage einer Präklusion dieses Vorbringens und/oder des Eingreifens des § 531 Abs. 2 ZPO nicht an. Denn mit der schriftlich niedergelegten und durch Leistungsaustausch bestätigten Einigung sind bei verständiger Würdigung (§§ 133, 157 BGB) gerade angesichts der Vorgeschichte und der Entwurfsfassung vom 14.01.2015 nicht etwa im Sinne eines umfassenden Abgeltungsvergleichs auch alle unbekannten Ansprüche aus dem Tauschgeschäft ausgeschlossen worden, sondern nur die damals tatsächlich konkret streitigen „Angelegenheiten“, die für sich genommen dann umfassend erledigt werden sollten. Dass das Thema „SIS-Vermerk“ aber dann erst später überhaupt zum Problem unter den Parteien wurde, ist unstreitig. Die Thematik ist insbesondere nicht identisch mit der Re-Import-Frage, die im Schriftsatz vom 14.11.2014 angeführt worden war.

Auch der weitere Einwand des Beklagten auf S. 2 der Berufungserwiderung (Bl. 87 d.A.), dass der Kläger nicht Rückabwicklung des gesamten Vertrages verlangen könne, weil nur die Ersetzungsbefugnis für einen Teil des Kaufpreises im Streit stehe, geht fehl. Es geht um ein gemischtes Tauschgeschäft und – auch unter Beachtung der Wertungen aus § 139 BGB – hat der Vertragspartner dabei jedenfalls die Möglichkeit, das gesamte Geschäft als einheitliches Geschäft zurückabzuwickeln, wie man es bei einem direkten Tausch von Kraftfahrzeugen (ohne weitere Zuzahlung eines Differenzbetrages) auch annehmen würde (dazu OLG Hamm v. 01.02.1994 – 19 U 105/93, NJW-RR 1994, 882; MüKo-BGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 480 Rn. 6). Selbst wenn man den vorliegenden Fall wie eine Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens über die Annahme einer sog. Ersetzungsbefugnis und § 365 BGB lösen wollte, ist auch in solchen Fällen im Zweifel der Vertrag bei einem entsprechendem Verlangen komplett zurückabzuwickeln (Westermann, a.a.O., Rn. 3); nichts anderes kann hier gelten.

Der Kläger kann damit den Pkw C Y zurückverlangen, aber – wie der Beklagte und der Streithelfer zutreffend einwenden (vgl. auch § 348 BGB) – nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe der erhaltenen Gegenleistungen sowie der zu ersetzenden Nutzungen bzw. des Wertersatzes für diese Nutzungen. Soweit der Kläger vorträgt, ihm sei die im Gegensatz geschuldete Herausgabe des Pkw U unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), ist das schon nach eigenem Vorbringen so unrichtig, weil er sich nur mit dem Autohaus M auseinandersetzen müsste. Ein Fall des § 275 Abs. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor, weil dem Senat nicht einsichtig ist, weswegen dem Kläger das Führen eines Herausgabeprozesses gegen das Autohaus nicht zuzumuten sein soll, obwohl dem Kläger ja nach eigenem Sachvortrag (angeblich) nur unberechtigte Ansprüche entgegengehalten werden und er die Herausgabe sogar als „völlig selbstverständlich“ bezeichnet (S. 3 des nachgelassenen Schriftsatzes des Klägers vom 29.01.2018 (Bl. 131 d.A.) . Der Beklagte muss sich – anders als der Kläger meint – in dieser Situation auch nicht nur auf die bloße Abtretung eines Herausgabeanspruches verweisen lassen, weil nach § 346 Abs. 1 BGB primär die empfangenen Leistungen so zurück zu gewähren sind, wie sie auch zuvor erfolgt sind.

Daneben sind nach § 346 Abs. 1 BGB die Nutzungen für die Fahrzeugnutzung herauszugeben, was wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe dieser Nutzungen kraft Natur der Sache sogleich in einen Wertersatzanspruch nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB mündet, für dessen Ausschluss nach § 346 Abs. 3 BGB hier beiderseits nichts ersichtlich ist. Die jeweiligen Berechnungen der Parteien sind nicht substantiiert angegriffen und können zugrunde gelegt werden, wobei die auf Hinweis des Senats erfolgte Antragsumstellung auch mit Blick auf § 253 Abs. 2 ZPO nicht zu beanstanden war (vgl. auch OLG Karlsruhe v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950). Bei der Tenorierung war zu bedenken, dass der vom Kläger Zug-um-Zug anzubietende Betrag von 10.500 EUR betragsmäßig gemindert wird um die im Gegenzug vom Beklagten geschuldeten Nutzungsersatzansprüche für die Nutzung des C, die hier verrechnet werden können. Daneben waren aber auch die klägerseits für die Nutzung des U zu zahlenden Nutzungsentschädigungen noch gesondert aufzunehmen. Soweit der Kläger sich ausweislich S. 2 des Schriftsatzes vom 04.01.2018 (Bl. 110 d.A.) die Nutzungen für die erhaltene Teilbarleistung mit 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem Tag nach der Übergabe (10.11.2014) anrechnen lassen will, ist das wegen § 308 Abs. 1 ZPO bindend, im Übrigen beklagtenseits auch nicht angegriffen und – werden die Nutzungen auch nur nach dem Abzugsbetrag bemessen – jedenfalls nach § 287 ZPO gerechtfertigt.

Sofern außergerichtlich im Rücktrittschreiben vom 19.10.2015 (Bl. 5 f. d.A.) klägerseits noch Verwendungen auf den U (§ 347 BGB) angesprochen worden sind, sind diese im Prozess nicht geltend gemacht und daher hier nicht in Ansatz zu bringen.

3. Der Feststellungsantrag ist zwar mit Blick auf § 756 ZPO zulässig, aber unbegründet. Denn ein Annahmeverzug kann nicht nur – wie beantragt – „isoliert“ für den erhaltenen Teil-Bar-Betrag festgestellt werden, sondern wäre schon nach dem Rechtsgedanken des § 266 BGB allenfalls bei ordnungsgemäßem Anbieten der hier insgesamt nach § 346 Abs. 1 BGB zurück zu gewährenden Leistungen anzunehmen, also dann, wenn neben dem Bar-Betrag auch das Fahrzeug W U angeboten worden wäre. Selbst wenn man wegen § 295 S. 1 BGB und der Verweigerungshaltung des Beklagten ein wörtliches Angebot für den Annahmeverzug genügen lassen würde, reichen jedenfalls die vagen Angaben im Schreiben vom 19.10.2015 nicht aus, zumal es zuvor noch keine Annahmeverweigerung des Beklagten gegeben haben kann und der Kläger zudem bis zuletzt seine Herausgabepflicht insbesondere unter Verweis auf § 275 BGB ausdrücklich in Abrede stellt.

4. Die außergerichtlichen Anwaltskosten für den per Anwaltsschriftsatz erklärten Rücktritt vom 19.10.2015 (Bl. 5 f. d.A.) sind ebenfalls nicht ersatzfähig. Ein vorheriger Verzug des Beklagten (etwa nach einem von diesem selbst erklärten Rücktritt) ist nicht ersichtlich, so dass Ansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ersichtlich ausscheiden. Ein Vertretenmüssen der Pflichtverletzung in Form des Rechtsmangels durch den Beklagten wird zwar nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet, doch ist dessen Vortrag, er habe keine Kenntnis vom SIS-Vermerk gehabt und wegen der ihm vollständig übergebenen Papiere auch nicht haben können, nicht bestritten und somit prozessual als wahr zu unterstellen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die vage Garantieerklärung im Kaufvertrag zum C genügt nicht für die Annahme einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht auch betreffend den hier streitgegenständlichen Rechtsmangel des eingetauschten Fahrzeugs U, so dass der Anspruch auch nicht auf §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 435 BGB zu stützen ist.

5. Die Kostenentscheidung basiert auf § 269 Abs. 3 S. 1, 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, wobei wegen des Teilunterliegens gerade mit Blick auf die voraussichtlich für den Kläger in der Umsetzung eher problematische Zug-um-Zug-Verurteilung wegen des Pkw U (dazu Hensen, NJW 1999, 395 ff.) und auch das Unterliegen mit dem Feststellungsantrag eine Kostenaufhebung als sachgerecht und angemessen erschien, auch mit Blick auf die daraus abzuleitenden Kostenfolgen für den Streithelfer (dazu BGH v. 03.04. 2003 – V ZB 44/02, NJW 2003, 1948). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Wert des Berufungsverfahrens: bis 22.000 EUR

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