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Verbrauchsgüterkäufe – Beweislast für Mängel

Leitsatz vom Verfasser – nicht amtlich: Tritt an einem gekauften Gegenstand innerhalb von 6 Monaten ein Mangel auf, wird nach § 476 BGB vermutet, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe an den Käufer bestand. Der Verkäufer trägt in diesen Fällen die Beweislast dafür, dass der Mangel erst später entstanden ist. Um diese Beweiserleichterung in Anspruch nehmen zu können, muss der Verbraucher jedoch das Vorliegen bestimmter Tatsachen nachweisen. Erstens muss der Verbraucher vortragen und den Beweis erbringen, dass der gekaufte Gegenstand nicht vertragsgemäß ist, weil er zum Beispiel nicht die im Kaufvertrag vereinbarten Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den Gebrauch eignet, der von einem derartigen Gegenstand gewöhnlich erwartet werden kann. Der Verbraucher muss nur die Vertragswidrigkeit beweisen. Er muss weder ihren Grund noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist. Zweitens muss der Verbraucher beweisen, dass die in Rede stehende Vertragswidrigkeit binnen 6 Monaten nach der Lieferung des Gegenstandes offenbar geworden ist, also sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Sind diese Tatsachen erwiesen, ist der Verbraucher vom Nachweis befreit, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gegenstandes bzw. der Übergabe an ihn bestand. Das Auftreten der Vertragswidrigkeit in dem kurzen Zeitraum von 6 Monaten erlaubt die Vermutung, dass sie zum Zeitpunkt der Lieferung „zumindest im Ansatz“ bereits vorlag, auch wenn sie sich erst nach der Lieferung des Gutes herausgestellt hat. Es ist dann also Sache des gewerblichen Verkäufers, den Beweis zu erbringen, dass die Vertragswidrigkeit zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes noch nicht vorlag, indem er dartut, dass sie ihren Grund oder Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen durch den Käufer nach der Lieferung hat (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.06.2015, Az: C-497/13).

Verbrauchsgüterkäufe – Beweislast für Mängel

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.06.2015, Az: C-497/13

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 1999/44/EG – Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter – Eigenschaft des Käufers – Eigenschaft als Verbraucher – Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware – Obliegenheit zur Unterrichtung des Verkäufers – Vertragswidrigkeit, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung der Ware offenbar geworden ist – Beweislast“

In der Rechtssache C 497/13 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gerechtshof Arnhem Leeuwarden (Niederlande) mit Entscheidung vom 10. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 16. September 2013, in dem Verfahren Froukje Faber gegen Autobedrijf Hazet Ochten BV erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie des Richters F. Biltgen, Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2014, unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Autobedrijf Hazet Ochten BV, vertreten durch W. van Ochten, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, C. Schillemans und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne und J. C. Halleux als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. November 2014 folgendes Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und Art. 5 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171, S. 12).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Faber und der Autobedrijf Hazet Ochten BV (im Folgenden: Autohaus Hazet) wegen einer Klage auf Ersatz des Schadens, der durch eine behauptete Vertragswidrigkeit eines von Frau Faber beim Autohaus Hazet gekauften Gebrauchtfahrzeugs verursacht worden sein soll.

Rechtlicher Rahmen Unionsrecht

Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 1999/44 definiert den Begriff „Verbraucher“ als „jede natürliche Person, die im Rahmen der unter diese Richtlinie fallenden Verträge zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“.

Art. 2 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

(1) Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern.

 (2) Es wird vermutet, dass Verbrauchsgüter vertragsgemäß sind, wenn sie

a) mit der vom Verkäufer gegebenen Beschreibung übereinstimmen und die Eigenschaften des Gutes besitzen, das der Verkäufer dem Verbraucher als Probe oder Muster vorgelegt hat;

b) sich für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck eignen, den der Verbraucher dem Verkäufer bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht hat und dem der Verkäufer zugestimmt hat;

c) sich für die Zwecke eignen, für die Güter der gleichen Art gewöhnlich gebraucht werden;

d) eine Qualität und Leistungen aufweisen, die bei Gütern der gleichen Art üblich sind und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, wenn die Beschaffenheit des Gutes und gegebenenfalls die insbesondere in der Werbung oder bei der Etikettierung gemachten öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder dessen Vertreters über die konkreten Eigenschaften des Gutes in Betracht gezogen werden.“

Art. 3 („Rechte des Verbrauchers“) der Richtlinie 1999/44 sieht in Abs. 1 vor, dass „[d]er Verkäufer … dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit [haftet], die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes besteht“.

In Art. 5 dieser Richtlinie, der die Fristen betrifft, heißt es:

(1) Der Verkäufer haftet nach Artikel 3, wenn die Vertragswidrigkeit binnen zwei Jahren nach der Lieferung des Verbrauchsgutes offenbar wird. …

 (2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Verbraucher den Verkäufer zur Inanspruchnahme seiner Rechte über die Vertragswidrigkeit binnen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem er die Vertragswidrigkeit festgestellt hat, unterrichten muss.

 (3) Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar.“

Art. 7 der Richtlinie 1999/44 stellt klar, dass deren Bestimmungen bindend sind und insbesondere Vertragsklauseln, durch welche die mit der Richtlinie gewährten Rechte unmittelbar oder mittelbar eingeschränkt werden, für den Verbraucher gemäß dem innerstaatlichen Recht nicht bindend sind.

Niederländisches Recht Materielles Recht

Art. 7:5 Abs. 1 des Burgerlijk Wetboek (Bürgerliches Gesetzbuch, im Folgenden: BW) definiert den Verbrauchsgüterkauf als „Vertrag über den Kauf einer beweglichen Sache …, den ein Verkäufer, der in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, mit einem Käufer, der eine natürliche Person ist, die nicht in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, abschließt“.

Art. 7:17 Abs. 1 BW bestimmt, dass die gelieferte Sache vertragsgemäß sein muss.

Art. 7:18 Abs. 2 BW, durch den Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 in niederländisches Recht umgesetzt wird, sieht vor:

 „Bei einem Verbrauchsgüterkauf wird vermutet, dass die Sache bei Lieferung nicht vertragsgemäß gewesen ist, wenn die Abweichung von dem Vereinbarten innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Lieferung offenbar wird, sofern sich aus der Art der Sache oder der Art der Abweichung nicht etwas anderes ergibt.“

Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs für den Erlass dieser Bestimmung geht hervor, dass der Käufer darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass die Sache von dem Vereinbarten abweicht und diese Abweichung innerhalb von sechs Monaten nach der Lieferung offenbar geworden ist. Dann ist es Sache des Verkäufers, darzulegen und zu beweisen, dass die Sache bei der Lieferung doch dem Vereinbarten entsprach.

In Art. 7:23 Abs. 1 BW heißt es:

 „Der Käufer kann sich nicht mehr darauf berufen, dass das, was geliefert worden ist, nicht vertragsgemäß ist, wenn er dies dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist angezeigt hat, nachdem er dies festgestellt hat oder vernünftigerweise hätte feststellen müssen. Stellt sich jedoch heraus, dass der Sache eine Eigenschaft fehlt, die der Verkäufer zugesichert hat, oder bezieht sich die Abweichung auf Tatsachen, die der Verkäufer kannte oder kennen musste, aber nicht mitgeteilt hat, muss die Anzeige innerhalb einer angemessenen Frist nach der Feststellung erfolgen. Bei einem Verbrauchsgüterkauf muss die Anzeige innerhalb einer angemessenen Frist nach der Feststellung erfolgen, wobei eine Anzeige innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Feststellung rechtzeitig ist.“

Nach ständiger Rechtsprechung des Hoge Raad hat, wenn der Verkäufer geltend macht, dass die Anzeige nicht fristgemäß erfolgt ist, der Käufer darzulegen und bei substantiiertem Bestreiten zu beweisen, dass er diese Anzeige rechtzeitig und auf eine für den Verkäufer erkennbare Weise vorgenommen hat. Im Fall eines Verbrauchsgüterkaufs hängt die Frage, ob eine mehr als zwei Monate nach der Feststellung der Vertragswidrigkeit vorgenommene Anzeige als rechtzeitig angesehen werden kann, von den Umständen des Einzelfalls ab.

Verfahrensrecht

Nach den Art. 23 und 24 des Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering (Zivilprozessordnung, im Folgenden: Rv) darf der Richter nur über die Anträge der Parteien entscheiden und muss sich dabei an die rechtlichen Umstände halten, auf die der Antrag, die Klage oder die Verteidigung gestützt sind.

Das mit einem Rechtsmittel befasste Gericht darf nur über die Rügen entscheiden, die die Parteien in ihrem ersten Schriftsatz im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht haben. Das Rechtsmittelgericht muss jedoch die einschlägigen Bestimmungen zwingenden Rechts anwenden, auch wenn sich die Parteien nicht darauf berufen haben.

Nach Art. 22 Rv allerdings „[kann] der Richter … in allen Fällen und bei jedem Verfahrensstand eine oder beide Parteien auffordern, bestimmte Behauptungen zu präzisieren oder bestimmte Unterlagen zu dem Rechtsstreit vorzulegen“.

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

Am 27. Mai 2008 erwarb Frau Faber beim Autohaus Hazet einen Gebrauchtwagen. Für den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag wurde ein vorgedrucktes Formular mit dem Briefkopf des Autohauses und der Überschrift „Kaufvertrag Privatpersonen“ verwendet.

Am 26. September 2008 fing das Fahrzeug während einer Fahrt Feuer und brannte vollständig aus. Frau Faber, die das Fahrzeug führte, war auf dem Weg zu einem geschäftlichen Termin in Begleitung ihrer Tochter.

Das Fahrzeug wurde von einem Abschleppwagen zum Autohaus Hazet und dann auf dessen Bitte zu einem Verschrottungsunternehmen gebracht, um dort gemäß den geltenden umweltrechtlichen Vorschriften gelagert zu werden. Frau Faber behauptet, aber das Autohaus Hazet bestreitet, dass sich die Parteien bei dieser Gelegenheit über den Brand und die etwaige Haftung des Autohauses unterhalten hätten.

Anfang 2009 meldete sich das Autohaus Hazet telefonisch bei Frau Faber, die ihm erklärte, dass sie auf den Bericht der Polizei über den Brand warte. Auf Anfrage von Frau Faber teilte ihr die Polizei jedoch mit, dass kein technischer Bericht erstellt worden sei.

Am 8. Mai 2009 wurde das betreffende Fahrzeug verschrottet, nachdem das Autohaus Hazet zuvor darüber informiert worden war.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 teilte Frau Faber dem Autohaus Hazet mit, dass sie es für den Schaden haftbar mache, der ihr aus der Zerstörung ihres Fahrzeugs durch den Brand entstanden sei. Diesen Schaden in Höhe des Kaufpreises des Fahrzeugs und des Wertes verschiedener darin befindlicher Gegenstände bezifferte Frau Faber auf 10 828,55 Euro.

Anfang Juli 2009 beauftragte Frau Faber einen Gutachter mit einer technischen Untersuchung zur Ermittlung der Ursache des Fahrzeugbrands. Da das Fahrzeug inzwischen zerstört worden war, konnte das Gutachten nicht erstellt werden.

Am 26. Oktober 2010 verklagte Frau Faber das Autohaus Hazet bei der Rechtbank Arnhem (Niederlande).

Zur Begründung ihrer Klage machte Frau Faber geltend, dass das Fahrzeug nicht dem Vereinbarten entsprochen habe und daher nicht vertragsgemäß im Sinne von Art. 7:17 BW gewesen sei. Allerdings trug sie nicht vor, dass sie ihren Kauf als Verbraucherin getätigt habe.

Das Autohaus Hazet hielt dem entgegen, es liege kein Fall von Vertragswidrigkeit vor und zudem habe Frau Faber ihre Beanstandung verspätet vorgebracht, so dass sie nach Art. 7:23 Abs. 1 BW alle ihre Ansprüche verloren habe.

Mit Urteil vom 27. April 2011 wies die Rechtbank Arnhem die Anträge von Frau Faber zurück. Dieses Gericht war der Auffassung, dass sich das Autohaus Hazet zu Recht auf Art. 7:23 Abs. 1 BW berufen habe, da die erste Kontaktaufnahme zwischen den Parteien erst Anfang 2009 per Telefon stattgefunden habe, also mehr als drei Monate nach dem Fahrzeugbrand. Ob Frau Faber als Verbraucherin gehandelt habe, brauche nicht geprüft zu werden.

Am 26. Juli 2011 legte Frau Faber gegen das Urteil der Rechtbank Arnhem Rechtsmittel zum Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Niederlande) ein.

Im Rahmen ihres Rechtsmittels machte Frau Faber zwei Rügen geltend: Mit der ersten wendete sie sich gegen die Beurteilung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach sie nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen gehandelt habe. Mit der zweiten machte sie geltend, die am Unfallort eingesetzten Feuerwehr- und Polizeikräfte hätten von einem technischen Mangel des Fahrzeugs gesprochen.

Hingegen erhob Frau Faber keine Rüge gegen die Feststellung der Rechtbank Arnhem, es sei nicht zu ermitteln, ob der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag ein Verbrauchsgut betroffen habe. Sie äußerte sich auch nicht dazu, ob sie das Fahrzeug als Verbraucherin erworben habe.

Unter diesen Umständen hat der Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist das nationale Gericht – sei es aufgrund des Grundsatzes der Effektivität, aufgrund des mit der Richtlinie 1999/44 angestrebten hohen Verbraucherschutzniveaus innerhalb der Europäischen Union oder aufgrund anderer Bestimmungen oder Normen des Unionsrechts – verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob der Käufer bei einem Vertrag ein Verbraucher im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 1999/44 ist?

2. Sofern die erste Frage bejaht wird: Gilt dies auch, wenn die Verfahrensakte keine (oder nicht genügend oder widersprüchliche) tatsächlichen Informationen enthält, um die Eigenschaft des Käufers feststellen zu können?

3. Sofern die erste Frage bejaht wird: Gilt dies auch für ein Rechtsmittelverfahren, in dem der Käufer das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts nicht beanstandet hat, soweit darin diese Prüfung (von Amts wegen) nicht vorgenommen worden ist und die Frage, ob der Käufer als Verbraucher anzusehen ist, ausdrücklich offengelassen worden ist?

4. Ist die Richtlinie 1999/44 (bzw. deren Art. 5) als eine Norm zu betrachten, die den im nationalen Recht zwingenden innerstaatlichen Bestimmungen gleichwertig ist?

5. Stehen der Grundsatz der Effektivität, das mit der Richtlinie 1999/44 angestrebte hohe Verbraucherschutzniveau innerhalb der Union oder andere Bestimmungen oder Normen des Unionsrechts dem niederländischen Recht in Bezug auf eine Darlegungs- und Beweislast des Verbrauchers/Käufers hinsichtlich der Pflicht, dem Verkäufer den vermeintlichen Mangel eines gelieferten Gutes (rechtzeitig) anzuzeigen, entgegen?

6. Stehen der Grundsatz der Effektivität, das mit der Richtlinie 1999/44 angestrebte hohe Verbraucherschutzniveau innerhalb der Union oder andere Bestimmungen oder Normen des Unionsrechts dem niederländischen Recht in Bezug auf eine Darlegungs- und Beweislast des Verbrauchers/Käufers dafür, dass das Gut vertragswidrig ist und diese Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung offenbar geworden ist, entgegen? Was bedeuten die Worte „Vertragswidrigkeiten, die … offenbar werden“ in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44, und insbesondere: In welchem Maße muss der Verbraucher/Käufer Tatsachen und Umstände darlegen, die die Vertragswidrigkeit (bzw. deren Ursache) betreffen? Reicht es dafür aus, dass der Verbraucher/Käufer darlegt und bei substantiiertem Bestreiten beweist, dass der erworbene Gegenstand nicht (einwandfrei) funktioniert, oder hat er auch darzulegen und bei substantiiertem Bestreiten zu beweisen, welcher Mangel des verkauften Gegenstands dieses Nichtfunktionieren (bzw. nicht einwandfreie Funktionieren) verursacht (hat)?

7. Spielt es bei der Beantwortung der vorstehenden Fragen eine Rolle, dass sich Frau Faber im vorliegenden Verfahren in beiden Rechtszügen von einem Rechtsanwalt hat vertreten lassen?

Zu den Vorlagefragen

Zu den Fragen 1, 2, 3 und 7

Mit diesen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das nationale Gericht, das mit einem Rechtsstreit über die Gewährleistung befasst ist, die der Verkäufer dem Käufer im Rahmen eines Kaufvertrags über eine körperliche bewegliche Sache schuldet, nach dem Grundsatz der Effektivität verpflichtet ist, von Amts wegen zu prüfen, ob der Käufer als Verbraucher im Sinne der Richtlinie 1999/44 anzusehen ist, obwohl sich diese Partei nicht auf diese Eigenschaft berufen hat.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich im Ausgangsrechtsstreit zwei Privatpersonen gegenüberstehen. Zwar kann sich in einem solchen Rechtsstreit keine der Parteien auf die unmittelbare Wirkung der Richtlinie 1999/44 berufen, aber nach ständiger Rechtsprechung muss das nationale Gericht, bei dem ein Rechtsstreit ausschließlich zwischen Privatpersonen anhängig ist, bei der Anwendung der Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts das gesamte nationale Recht berücksichtigen und es so weit wie möglich anhand von Wortlaut und Zweck der einschlägigen Richtlinie auslegen, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel vereinbar ist (vgl. insbesondere Urteil LCL Le Crédit Lyonnais, C 565/12, EU:C:2014:190, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach den dem Gerichtshof mitgeteilten Informationen wurde die Umsetzung der Richtlinie 1999/44 in die niederländische Rechtsordnung dadurch vorgenommen, dass in das Siebte Buch („Besondere Verträge“) des BW zusätzlich zu den Gewährleistungsregeln, die unterschiedslos für alle Verträge gelten, besondere Vorschriften für Kaufverträge über Verbrauchsgüter eingefügt wurden.

Zu dem hier fraglichen Kaufvertrag führt das vorlegende Gericht jedoch aus, dass hinsichtlich der anwendbaren Bestimmungen Zweifel bestünden, da nicht sicher sei, ob dieser Kaufvertrag mit einem Verbraucher abgeschlossen worden sei.

Der Vorlageentscheidung ist nämlich zu entnehmen, dass Frau Faber zwar zur Begründung ihres Gewährleistungsverlangens gegen das Autohaus Hazet ein Vertragsdokument mit der Überschrift „Kaufvertrag Privatpersonen“ vorgelegt, aber nicht angegeben hat, ob dieser Vertrag im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit oder außerhalb dieser geschlossen wurde, obwohl das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht anhand dieses Gesichtspunkts feststellen könnte, ob sie als Verbraucherin im Sinne des anwendbaren nationalen Rechts und von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 1999/44 angesehen werden kann. Außerdem wurde im ersten Rechtszug die Klage von Frau Faber wegen der im nationalen Recht vorgesehenen Fristen als verspätet abgewiesen, ohne dass ermittelt wurde, in welcher Eigenschaft sie den Vertrag abgeschlossen hatte. Schließlich hat Frau Faber im Rahmen der von ihr vorgetragenen Rechtsmittelgründe, die den Gegenstand des vor dem Rechtsmittelgericht anhängigen Rechtsstreits begrenzen, gleichfalls nicht geltend gemacht, dass sie als Verbraucherin gehandelt habe.

Hinsichtlich der Frage, ob das nationale Gericht in einem solchen Zusammenhang von Amts wegen prüfen muss, ob der Käufer als Verbraucher anzusehen ist, ist hervorzuheben, dass bei einer fehlenden Harmonisierung des Verfahrensrechts die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig als die für entsprechende innerstaatliche Klagen ausgestaltet sein dürfen (Grundsatz der Äquivalenz) und sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität).

Dabei ist es grundsätzlich Sache des nationalen Gerichts, zur Ermittlung der Rechtsvorschriften, die in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit anwendbar sind, die Tatsachen und Handlungen rechtlich einzuordnen, die die Parteien zur Stützung ihrer Anträge geltend gemacht haben. Diese rechtliche Einordnung ist in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem die vom Kläger geltend gemachte Gewährleistungshaftung für den Kaufgegenstand nach Maßgabe einer Eigenschaft des Käufers unterschiedlich geregelt sein kann, vorab durchzuführen. Eine solche Einordnung setzt als solche nicht voraus, dass der Richter eine Beurteilungsbefugnis von Amts wegen ausübt, sondern nur, dass er das Vorliegen einer gesetzlichen Voraussetzung feststellt und überprüft, von der die anwendbare Rechtsnorm abhängt.

Ebenso wie es dem nationalen Richter im Rahmen der Verfahrensmodalitäten seiner innerstaatlichen Rechtsordnung obliegt, zur Ermittlung der anwendbaren nationalen Rechtsnorm die ihm von den Parteien unterbreiteten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte einzuordnen, wobei er die Parteien gegebenenfalls zu allen sachdienlichen ergänzenden Angaben auffordern kann, ist er nach dem Grundsatz der Äquivalenz zu dem gleichen Tätigwerden verpflichtet, um zu klären, ob eine Norm des Unionsrechts anwendbar ist.

So könnte es sich im Ausgangsverfahren verhalten, in dem das nationale Gericht, wie es in der Vorlageentscheidung selbst festgestellt hat, über ein „Indiz“ verfügt, nämlich ein von Frau Faber vorgelegtes Dokument mit der Überschrift „Kaufvertrag Privatpersonen“, und es nach Art. 22 Rv die von der niederländischen Regierung hervorgehobene Möglichkeit besitzt, den Parteien aufzugeben, bestimmte Behauptungen zu präzisieren oder bestimmte Unterlagen vorzulegen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu diesem Zweck Ermittlungen vorzunehmen.

Nur falls die Verfahrensmodalitäten der innerstaatlichen Rechtsordnung dem nationalen Gericht keine Möglichkeit geben, eine genaue rechtliche Einordnung der streitigen Tatsachen und Handlungen vorzunehmen, wenn eine solche nicht von den Parteien selbst für ihr Vorbringen ausdrücklich geltend gemacht wurde, würde sich somit die Frage stellen, ob der Grundsatz der Effektivität dieses Gericht dazu ermächtigen kann, eine Partei als Verbraucher einzustufen, die sich nicht auf diese Eigenschaft berufen hat.

Der Gerichtshof hat nämlich auf der Grundlage des Grundsatzes der Effektivität ungeachtet entgegenstehender innerstaatlicher Rechtsvorschriften die Anforderung gestellt, dass das nationale Gericht von Amts wegen bestimmte Vorschriften anwendet, die in Richtlinien der Union auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes enthalten sind. Diese Anforderung wurde mit der Erwägung gerechtfertigt, dass das durch diese Richtlinien geschaffene Schutzsystem davon ausgeht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt und dass eine nicht zu unterschätzende Gefahr besteht, dass sich der Verbraucher vor allem aus Unkenntnis nicht auf eine seinem Schutz dienende Rechtsnorm beruft (vgl. in diesem Sinne zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen [ABl. L 95, S. 29] Urteil Mostaza Claro, C 168/05, EU:C:2006:675, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie zur Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit [ABl. 1987, L 42, S. 48] Urteil Rampion und Godard, C 429/05, EU:C:2007:575, Rn. 65).

Der Gerichtshof hat klargestellt, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist (vgl. insbesondere Urteil Kušionová, C 34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Jedoch hätten Verfahrensmodalitäten, durch die es – wie dies im Ausgangsverfahren der Fall sein könnte – sowohl dem erstinstanzlichen Gericht als auch dem Rechtsmittelgericht, die mit einer Gewährleistungsklage im Rahmen eines Kaufvertrags befasst sind, untersagt würde, auf der Grundlage der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, über die sie verfügen oder über die sie auf ein einfaches Auskunftsersuchen hin verfügen können, das fragliche Vertragsverhältnis als Verkauf an einen Verbraucher einzustufen, wenn sich dieser nicht ausdrücklich auf diese Eigenschaft berufen hat, zur Folge, dass dem Verbraucher die Pflicht auferlegt würde, selbst eine vollständige rechtliche Einordnung seiner Lage vorzunehmen, um nicht die Rechte zu verlieren, die ihm der Unionsgesetzgeber mit der Richtlinie 1999/44 verleihen wollte. In einem Bereich, in dem sich Privatpersonen nach dem Verfahrensrecht etlicher Mitgliedstaaten vor Gericht selbst vertreten dürfen, bestünde eine nicht zu unterschätzende Gefahr, dass der Verbraucher vor allem aus Unkenntnis derartigen Anforderungen nicht genügen könnte.

Daraus folgt, dass Verfahrensmodalitäten wie die in der vorstehenden Randnummer beschriebenen nicht mit dem Grundsatz der Effektivität in Einklang stünden, da sie geeignet wären, für auf Vertragswidrigkeiten gestützte Gewährleistungsklagen, an denen Verbraucher beteiligt sind, die Anwendung des Schutzes, den die Richtlinie 1999/44 diesen einräumen soll, übermäßig zu erschweren.

Der Grundsatz der Effektivität verlangt vielmehr, dass in einem Rechtsstreit über einen Vertrag, der möglicherweise in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt, das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, sofern es über die dafür nötigen rechtlichen und tatsächlichen Anhaltspunkte verfügt oder darüber auf ein einfaches Auskunftsersuchen hin verfügen kann, die Frage prüft, ob der Käufer als Verbraucher eingestuft werden kann, selbst wenn er sich nicht ausdrücklich auf diese Eigenschaft berufen hat.

Es ist hinzuzufügen, dass die Frage, ob der Verbraucher anwaltlich vertreten wird oder nicht, an dieser Schlussfolgerung nichts zu ändern vermag, da die Auslegung des Unionsrechts sowie die Tragweite der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz von den konkreten Umständen jedes Einzelfalls unabhängig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Rampion und Godard, C 429/05, EU:C:2007:575, Rn. 65).

Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist auf die Fragen 1, 2, 3 und 7 zu antworten, dass die Richtlinie 1999/44 dahin auszulegen ist, dass in einem Rechtsstreit über einen Vertrag, der möglicherweise in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt, das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, sofern es über die dafür nötigen rechtlichen und tatsächlichen Anhaltspunkte verfügt oder darüber auf ein einfaches Auskunftsersuchen hin verfügen kann, die Frage zu prüfen hat, ob der Käufer als Verbraucher eingestuft werden kann, selbst wenn er sich nicht ausdrücklich auf diese Eigenschaft berufen hat.

Zur vierten Frage

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 der Richtlinie 1999/44 als eine Norm betrachtet werden kann, die einer Bestimmung zwingenden Rechts im Sinne seines innerstaatlichen Rechts gleichwertig ist, d. h. als eine Norm, die das nationale Gericht im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens von Amts wegen prüfen kann.

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass diese Frage konkret auf Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie abzielt, wonach bis zum Beweis des Gegenteils grundsätzlich vermutet wird, dass Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Frage des vorlegenden Gerichts nur erheblich sein kann, wenn das nationale Gericht festgestellt hat, dass der betreffende Vertrag in den sachlichen Geltungsbereich der Richtlinie 1999/44 fällt, was insbesondere voraussetzt, dass dieser Vertrag mit einem Verbraucher geschlossen wurde.

In dem Haftungssystem, dass durch die Richtlinie 1999/44 geschaffen wurde, begründet deren Art. 2 Abs. 2 eine widerlegbare Vermutung der Vertragsmäßigkeit, während ihr Art. 3 Abs. 1 klarstellt, dass der Verkäufer für jede Vertragswidrigkeit haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsguts besteht. Aus der kombinierten Anwendung dieser Bestimmungen folgt, dass es grundsätzlich dem Verbraucher obliegt, den Beweis zu erbringen, dass eine Vertragswidrigkeit vorliegt und dass diese bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand.

Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 normiert eine Abweichung von diesem Grundsatz für den Fall, dass die Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar wird. In diesem Fall wird vermutet, dass die Vertragswidrigkeit schon zum Zeitpunkt der Lieferung bestand.

Diese Beweislasterleichterung zugunsten des Verbrauchers beruht auf der Feststellung, dass sich in Fällen, in denen die Vertragswidrigkeit erst nach dem Zeitpunkt der Lieferung des Gutes offenbar wird, die Erbringung des Beweises, dass diese Vertragswidrigkeit bereits zu diesem Zeitpunkt bestand, als „eine für den Verbraucher unüberwindbare Schwierigkeit“ erweisen kann, während es in der Regel für den Gewerbetreibenden viel leichter ist, zu beweisen, dass die Vertragswidrigkeit nicht zum Zeitpunkt der Lieferung bestand und dass sie beispielsweise auf unsachgemäßen Gebrauch durch den Verbraucher zurückzuführen ist (vgl. die Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und  garantien, KOM[95] 520 endg., S. 14).

Die Verteilung der Beweislast, die Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 vornimmt, ist gemäß Art. 7 dieser Richtlinie sowohl für die Parteien, die davon nicht durch eine Vereinbarung abweichen dürfen, als auch für die Mitgliedstaaten, die auf ihre Einhaltung achten müssen, unabdingbar. Daraus ergibt sich, dass diese Beweislastregel auch dann anzuwenden ist, wenn sich der Verbraucher, dem sie zugutekommen kann, nicht ausdrücklich auf sie berufen hat.

In Anbetracht von Natur und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, den Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 für den Verbraucher sicherstellt, ist diese Bestimmung als eine Norm zu betrachten, die den nationalen Bestimmungen, die im innerstaatlichen Recht zwingend sind, gleichwertig ist. Daraus folgt, dass das nationale Gericht, sofern es im Rahmen seines nationalen Rechtspflegesystems über die Möglichkeit verfügt, eine solche Norm von Amts wegen anzuwenden, von Amts wegen jede Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts anwenden muss, die diesen Art. 5 Abs. 3 umsetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil Asturcom Telecomunicaciones, C 40/08, EU:C:2009:615, Rn. 52 bis 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Daher ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 dahin auszulegen ist, dass er als eine Norm anzusehen ist, die einer nationalen Bestimmung, die im innerstaatlichen Recht zwingend ist, gleichwertig ist, und dass das nationale Gericht von Amts wegen jede Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts anwenden muss, die seine Umsetzung in innerstaatliches Recht sicherstellt.

Zur fünften Frage

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Grundsatz der Effektivität einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der der Verbraucher nachzuweisen hat, dass er den Verkäufer rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichtet hat.

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der niederländische Gesetzgeber eine solche Pflicht in Art. 7:23 BW vorsieht und es nach der Rechtsprechung des Hoge Raad dem Käufer bei Bestreiten des Verkäufers obliegt, den Beweis zu erbringen, dass er diesen über die Vertragswidrigkeit des gelieferten Gutes unterrichtet hat. Ferner lässt sich den Angaben des vorlegenden Gerichts entnehmen, dass nach der vom niederländischen Gesetzgeber erlassenen Regelung diese Unterrichtung als rechtzeitig erfolgt gilt, wenn sie binnen zwei Monaten nach der Feststellung der Vertragswidrigkeit erfolgt ist. Außerdem ist nach der Rechtsprechung des Hoge Raad die Beantwortung der Frage, ob eine nach dem Ablauf dieser Frist erfolgte Unterrichtung noch als rechtzeitig angesehen werden kann, von den Umständen jedes Einzelfalls abhängig.

Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 dürfen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Verbraucher zur Inanspruchnahme seiner Rechte den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit binnen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem er die Vertragswidrigkeit festgestellt hat, unterrichten muss.

Nach den Vorarbeiten für die Richtlinie trägt diese Möglichkeit dem Anliegen Rechnung, die Rechtssicherheit zu stärken, indem der Käufer zu einer „gewissen Sorgfalt unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers“ gezwungen wird, „ohne dass damit dem Verbraucher eine zwingende Verpflichtung auferlegt würde, die betreffende Sache genauestens zu prüfen“ (vgl. die Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie, KOM[95] 520 endg., S. 16).

Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie und aus dem mit dieser Bestimmung verfolgten Zweck ergibt, kann die dem Verbraucher damit auferlegte Pflicht nicht über die Obliegenheit hinausgehen, den Verkäufer über das Vorliegen einer Vertragswidrigkeit zu unterrichten.

Was den Inhalt dieser Mitteilung anbelangt, kann der Verbraucher in diesem Stadium nicht verpflichtet sein, den Beweis zu erbringen, dass eine Vertragswidrigkeit das von ihm erworbene Gut tatsächlich beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung der Unterlegenheit, in der er sich hinsichtlich des Kenntnisstands über die Eigenschaften dieses Gutes und dessen Zustand im Zeitpunkt des Verkaufs gegenüber dem Verkäufer befindet, kann der Verbraucher auch nicht verpflichtet sein, den genauen Grund für diese Vertragswidrigkeit anzugeben. Damit die Mitteilung für den Verkäufer von Nutzen sein kann, muss sie hingegen eine Reihe von Angaben enthalten, deren Genauigkeitsgrad zwangsläufig je nach den Umständen des Einzelfalls, die sich auf die Art des fraglichen Gutes, den Inhalt des Kaufvertrags und das konkrete Auftreten der behaupteten Vertragswidrigkeit beziehen, unterschiedlich sein wird.

Was den Nachweis angeht, dass die Unterrichtung des Verkäufers tatsächlich erfolgt ist, so unterliegt er grundsätzlich den nationalen Bestimmungen in diesem Bereich, die jedoch den Grundsatz der Effektivität beachten müssen. Daraus folgt, dass ein Mitgliedstaat keine Anforderungen vorsehen darf, die geeignet wären, die Ausübung der Rechte aus der Richtlinie 1999/44 durch den Verbraucher unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.

Daher ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 dahin auszulegen ist, dass er nicht einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der der Verbraucher für die Inanspruchnahme seiner Rechte aus dieser Richtlinie den Verkäufer rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichten muss, vorausgesetzt, dass der Verbraucher für diese Unterrichtung über eine Frist von nicht weniger als zwei Monaten ab dem Zeitpunkt seiner Feststellung der Vertragswidrigkeit verfügt, dass sich diese Unterrichtung nur auf das Vorliegen dieser Vertragswidrigkeit erstrecken muss und dass sie nicht Beweisregeln unterliegt, die dem Verbraucher die Ausübung seiner Rechte unmöglich machen oder diese übermäßig erschweren.

Zur sechsten Frage

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 vorgenommene Beweislastverteilung funktioniert, und insbesondere, welches die Umstände sind, die der Verbraucher beweisen muss.

Wie in Rn. 53 dieses Urteils festgestellt worden ist, normiert diese Bestimmung eine Abweichung von dem Grundsatz, wonach es dem Verbraucher obliegt, die in Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie festgelegte Vermutung der Vertragsmäßigkeit des verkauften Gutes zu widerlegen und den Beweis der von ihm behaupteten Vertragswidrigkeit zu erbringen.

Falls die Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar wird, erleichtert Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 die dem Verbraucher obliegende Beweislast, indem er für diesen Fall die Vermutung aufstellt, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestand.

Um diese Beweiserleichterung in Anspruch nehmen zu können, muss der Verbraucher jedoch das Vorliegen bestimmter Tatsachen nachweisen.

Erstens muss der Verbraucher vortragen und den Beweis erbringen, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist, da es z. B. nicht die im Kaufvertrag vereinbarten Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den Gebrauch eignet, der von einem derartigen Gut gewöhnlich erwartet wird. Der Verbraucher muss nur das Vorliegen der Vertragswidrigkeit beweisen. Er muss weder den Grund für die Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist.

Zweitens muss der Verbraucher beweisen, dass die in Rede stehende Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, also sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat.

Wenn diese Tatsachen nachgewiesen sind, ist der Verbraucher vom Nachweis befreit, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand. Das Auftreten dieser Vertragswidrigkeit in dem kurzen Zeitraum von sechs Monaten erlaubt die Vermutung, dass sie zum Zeitpunkt der Lieferung „zumindest im Ansatz“ bereits vorlag, auch wenn sie sich erst nach der Lieferung des Gutes herausgestellt hat (vgl. die Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie, KOM[95] 520 endg., S. 14).

Es ist dann also Sache des Gewerbetreibenden, gegebenenfalls den Beweis zu erbringen, dass die Vertragswidrigkeit zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes noch nicht vorlag, indem er dartut, dass sie ihren Grund oder Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach dieser Lieferung hat.

Falls es dem Verkäufer nicht gelingt, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass der Grund oder Ursprung der Vertragswidrigkeit in einem Umstand liegt, der erst nach der Lieferung des Gutes eingetreten ist, erlaubt die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 aufgestellte Vermutung dem Verbraucher, seine Rechte aus der Richtlinie geltend zu machen.

Daher ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 dahin auszulegen ist, dass die Regel, wonach vermutet wird, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand,

– zur Anwendung gelangt, wenn der Verbraucher den Beweis erbringt, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist und dass die fragliche Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, d. h., sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Der Verbraucher muss weder den Grund der Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass deren Ursprung dem Verkäufer zuzurechnen ist;

– von der Anwendung nur dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Verkäufer rechtlich hinreichend nachweist, dass der Grund oder Ursprung der Vertragswidrigkeit in einem Umstand liegt, der nach der Lieferung des Gutes eingetreten ist.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass in einem Rechtsstreit über einen Vertrag, der möglicherweise in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt, das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, sofern es über die dafür nötigen rechtlichen und tatsächlichen Anhaltspunkte verfügt oder darüber auf ein einfaches Auskunftsersuchen hin verfügen kann, die Frage zu prüfen hat, ob der Käufer als Verbraucher eingestuft werden kann, selbst wenn er sich nicht ausdrücklich auf diese Eigenschaft berufen hat.

2. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er als eine Norm anzusehen ist, die einer nationalen Bestimmung, die im innerstaatlichen Recht zwingend ist, gleichwertig ist, und dass das nationale Gericht von Amts wegen jede Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts anwenden muss, die seine Umsetzung in innerstaatliches Recht sicherstellt.

3. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er nicht einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der der Verbraucher für die Inanspruchnahme seiner Rechte aus dieser Richtlinie den Verkäufer rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichten muss, vorausgesetzt, dass der Verbraucher für diese Unterrichtung über eine Frist von nicht weniger als zwei Monaten ab dem Zeitpunkt seiner Feststellung der Vertragswidrigkeit verfügt, dass sich diese Unterrichtung nur auf das Vorliegen dieser Vertragswidrigkeit erstrecken muss und dass sie nicht Beweisregeln unterliegt, die dem Verbraucher die Ausübung seiner Rechte unmöglich machen oder diese übermäßig erschweren.

4. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass die Regel, wonach vermutet wird, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand,

– zur Anwendung gelangt, wenn der Verbraucher den Beweis erbringt, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist und dass die fragliche Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, d. h., sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Der Verbraucher muss weder den Grund der Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass deren Ursprung dem Verkäufer zuzurechnen ist;

– von der Anwendung nur dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Verkäufer rechtlich hinreichend nachweist, dass der Grund oder Ursprung der Vertragswidrigkeit in einem Umstand liegt, der nach der Lieferung des Gutes eingetreten ist.

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