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Übliche Beschaffenheit eines Oldtimers

Oldtimer-Kauf: Kein Rücktrittsrecht bei fehlenden Originalteilen und unpassenden Schlüsseln

Im vorliegenden Fall entschied das OLG Braunschweig über die Berufung einer Klägerin, die nach Rücktritt vom Kaufvertrag die Rückabwicklung eines bei der Beklagten erworbenen Pkw-Oldtimers Mercedes-Benz 560 SEL verlangte. Das Landgericht Göttingen wies die Klage in erster Instanz ab. Die Begründung: Die fehlenden Originalteile und unpassenden Schlüssel stellen keinen Mangel dar und berechtigen nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

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Mängel im Oldtimer-Kauf: Keine Vereinbarung über Originalteile und Schließanlage

Die Klägerin begehrte die Rückabwicklung des Kaufvertrags, da der verkaufte Oldtimer nicht über die originalen Motor- und Schließanlagenteile verfügte. Zudem passten die nachträglich zugesandten Schlüssel nicht zu allen Schlössern des Fahrzeugs. Das Landgericht Göttingen sah in diesen Umständen keinen Mangel, der einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen würde, da keine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien festgestellt werden konnte.

Nacherfüllungsfrist und Rücktrittsrecht: Klägerin setzte keine Frist

Das Landgericht urteilte, dass die Klägerin kein Rücktrittsrecht aufgrund der unpassenden Schlüssel habe, da sie der Beklagten keine Nacherfüllungsfrist gesetzt habe. Die Berufung der Klägerin wurde vom OLG Braunschweig zurückgewiesen, und sie musste die Kosten des Berufungsrechtszuges tragen.

Berufung der Klägerin: Argumente für Rücktrittsrecht und Rückabwicklung

In ihrer Berufung führte die Klägerin an, dass das Landgericht die von ihr dargelegten Tatsachen und angebotenen Beweise nicht hinreichend oder unrichtig gewürdigt habe. Sie behauptete, dass der Oldtimer zwei Mängel aufweise: die weder originale noch funktionsfähige Schließanlage sowie der nicht originale Motor. Die Beklagte sei ein auf Youngtimer und Oldtimer spezialisiertes Gebrauchtwagenhändler und habe arglistig gehandelt.

Fazit: Kein Rücktrittsrecht bei fehlenden Originalteilen und unpassenden Schlüsseln

Das OLG Braunschweig bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Göttingen und wies die Berufung der Klägerin zurück. Somit wurde das Urteil rechtskräftig: Die fehlenden Originalteile und unpassenden Schlüssel berechtigten die Klägerin nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag eines Oldtimers.

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Das vorliegende Urteil

OLG Braunschweig – Az.: 9 U 66/21 – Beschluss vom 14.01.2022

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 29.9.2021- 3 O 61/20 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Göttingen dahingehend berichtigt wird, dass auf dessen Seite 5 in der dritten Zeile des letzten Absatzes das zweite Wort statt „Klägerin“ richtig „Beklagte“ lautet.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil des Landgerichts vom 29.9.2021 – 3 O 61/20 – ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 28.560,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Übliche Beschaffenheit eines Oldtimers
(Symbolfoto: mblach/123RF.COM)

Die Klägerin begehrt nach von ihr erklärtem Rücktritt die Rückabwicklung des Kaufes eines bei der Beklagten am 4.2.2020 erworbenen Pkw-Oldtimers Mercedes-Benz 560 SEL.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands I. Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 2-4 = Bl. 198-200 d.A. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen und persönlicher Anhörung der Parteien abgewiesen. Ein Rückabwicklungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Dass es sich bei dem im Fahrzeug verbauten Motor und der Schließanlage nicht mehr um die Originalteile handele, die das Fahrzeug bei Werksauslieferung aufgewiesen habe, stelle mangels feststellbarer entsprechender Vereinbarung keinen Mangel dar. Der Umstand, dass der von der Beklagten der Klägerin nachgesandte Schlüsselsatz nicht zu allen Schlössern des Fahrzeugs passe, berechtige nicht zum Rücktritt, weil die Klägerin insoweit der Beklagten keine Nacherfüllungsfrist gesetzt habe.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 1.10.2021 (Bl. 214 d.A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.10.2021 (Bl. 213 d.A.), eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag (Bl. 212 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15.11.2021 (Bl. 220ff. d.A.), eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag (Bl. 219 d.A.), begründet.

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel in vollem Umfang weiter. Zur Begründung führt sie an:

Das Landgericht habe die von ihr dargelegten Tatsachen und angebotenen Beweise nicht hinreichend bzw. unrichtig gewürdigt. Das Fahrzeug habe sehr wohl zwei Mängel aufgewiesen: zum einen die weder originale noch funktionsfähige Schließanlage, zum anderen sei das Fahrzeug unstreitig nicht mehr mit dem Motor ausgestattet gewesen, welches bei Erstauslieferung werkseitig verbaut gewesen sei. Die Beklagte sei ein auf Youngtimer und Oldtimer spezialisierte Gebrauchtwagenhändler und habe mit dem abgelesenen km-Stand von nur 38.444 „hinreichend Werbung betrieben“ und sie – die Klägerin – „angelockt“. Die Beklagte habe arglistig gehandelt. Dabei könne es dahinstehen, ob die Klägerin das Fahrzeug im Rahmen eines Handelsgeschäfts gemäß § 343 HGB erworben habe. Die Beklagte treffe gegenüber jedwedem Käufer eine umfassende Untersuchungspflicht vor dem Verkauf. Da sie diese nicht erfüllt und die Klägerin darüber auch nicht unterrichtet habe, treffe sie der Vorwurf der Arglist. Denn die Beklagte hätte bei der ihr obliegenden Sichtprüfung leicht feststellen können, dass sich in dem Fahrzeug nicht mehr der originale Auslieferungsmotor befunden habe. Der Umstand, dass sich der Auslieferungsmotor nicht mehr im Fahrzeug befunden habe, belege im Übrigen, dass die abgelesene Laufleistung nicht stimmen könne, was die Beklagte allerdings mehrfach gegenteilig „suggeriert“ habe. Die Klägerin meint, das Landgericht habe in dem Urteil bekräftigt, dass bei Nichtvorhandensein des Originalmotors die Beklagte eine Offenbarungspflicht treffe. Eine Untersuchungs- und damit verbundene Offenbarungspflicht habe die Beklagte aber auch unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen gehabt. Entsprechendes gelte für die nicht passende und nicht funktionierende Schließanlage. Dem Landgericht sei auf Seite 5 unten des angefochtenen Urteils eine unbeabsichtigte Verwechslung zwischen Klägerin und Beklagten unterlaufen. Schließlich habe allein die Beklagte die Untersuchungspflicht getroffen. Die Berufung meint, das Landgericht habe aus dem Umstand, dass die Beklagte die tatsächliche Laufleistung nicht gekannt habe, gefolgert, dass keine entsprechende Untersuchungspflicht der Beklagten bestanden habe, was denkgesetzwidrig sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe es vor dem Rücktritt wegen beider Mängel nicht der vorhergehenden Fristsetzung für eine Nacherfüllung bedurft, weil für sie angesichts des arglistigen Verhaltens der Beklagten eine Nacherfüllung unzumutbar gewesen sei. Auch die Übergabe der Unterlagen des Herstellers Daimler, ausgestellt am 16.12.2016, überreicht als Anlage K3, über die Werksausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs und die dortige Angabe der Motornummer belege, dass die Beklagte die Klägerin weder hinreichend aufgeklärt habe, noch ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sei. Aus der Beweisaufnahme gehe im Übrigen hervor, dass es nicht der Klägerin zuzumuten gewesen sei, die Motornummer abzugleichen, weil dafür ein Spezialwerkzeug, nämlich ein Spiegel erforderlich sei, um hinter dem Motorblock die Motornummer einsehen zu können.

Die Klägerin kündigt an, zu beantragen unter Abänderung des am 29.9.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Göttingen – 3 O 61/20 – die Beklagte zu verurteilen,

1.

an die Klägerin 28.560 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2020 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Mercedes-Benz 560 SEL, Limousine lang, Fahrzeug-Identitätsnummer WDB…, Farbe …, Kfz-Brief-Nummer EXPORT CERTIFICATE N, Erstzulassung ….1990, zu zahlen,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2020 zu zahlen.

Die Beklagte kündigt an, zu beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 15.11.2021 (Bl. 220-227 d.A.) und die Berufungserwiderung vom 29.11.2021 (Bl. 232f. d.A.) verwiesen.

Der Senat hat unter dem 16.12.2021 die Parteien gem. § 522 Abs. 2 ZPO auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung einstimmig als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.1.2022 Stellung genommen. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 11.1.2022 (Bl. 249-252 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin war durch einstimmigen Beschluss des Senats zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Das Urteil des Landgerichts (Bl. 197 ff. d. A.) erweist sich auch gemessen an den Ausführungen in der Berufungsbegründung (Bl. 220ff. d.A.) sowie der Stellungnahme der Klägerin vom 11.1.2022 (Bl. 249ff. d.A.) im Ergebnis als zutreffend.

Die Rügen der Berufung greifen nicht durch:

1.

Zwar kann sich die Beklagte nicht auf den vertraglichen Gewährleistungsausschluss berufen. Es handelt sich um eine unwirksame [ b)] allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten [ a)].

a)

Es handelt sich um einen vorgedruckten Gewährleistungsausschluss in einem von der Beklagten verwendeten Vordruck und damit um eine AGB gem. § 305 BGB. Die auf der zweiten Seite der Kaufbestellung, des schriftlichen „Auftrags“ vom 4.2.2020, mit „Besondere Vereinbarungen“ aufgeführte Wiederholung des umfassenden Gewährleistungsausschlusses „Die Vertragsparteien sind sich einig, dass Mangelfreiheit nicht Gegenstand des Vertrages und wertbildender Faktor ist“ führt nicht zur Annahme einer Individualabrede i. S. v. § 305b BGB, da für ein Aushandeln (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 305 Rn. 15 mwNw) nichts ersichtlich ist.

b)

Eine – wie hier – umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a BGB) und für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 Buchst. b BGB) ausgeschlossen ist, ist nicht nur gegenüber Verbrauchern, sondern ebenso im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders unwirksam (BGH, Versäumnisurteil vom 19. September 2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1-6).

2.

Gleichwohl stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach Rücktritt nach den §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 BGB nicht zu. Das gilt sowohl unter dem Aspekt der fehlenden Ausstattung mit dem Auslieferungsmotor und der Auslieferungsschließanlage [ a)], als auch dem der Laufleistung [ b)] sowie dem der fehlenden einheitlichen Fahrzeugschlüssel [ c)].

a)

Dass das Fahrzeug beim Erwerb durch die Klägerin nicht mehr mit dem Auslieferungsmotor und der bei Auslieferung verbauten Schließanlage ausgestattet war, ist jeweils kein Mangel i. S. v. §§ 437, 434 BGB.

aa)

Die Klägerin hat nach dem Ergebnis der verfahrensfehlerfrei durchgeführten Beweisaufnahme des Landgerichts eine – schriftliche oder mündliche – Vereinbarung zwischen den Parteien (§ 434 Abs. 2 BGB), wonach der Motor des Fahrzeugs oder bestimmte sonstige Komponenten derselbe bzw. dieselben wie bei der Werksauslieferung hätten sein müssen, nicht bewiesen.

(1)

Die vom Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnete schriftliche Kaufbestellung (Anlage K1 = Bl. 1f. AB) enthält dazu nichts.

(2)

Die Zeugenaussagen sind dazu unergiebig geblieben (vgl. LG-Prot. v. 8.9.2021 = Bl. 188ff. d.A.). Dass und warum das Landgericht keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür gesehen hat, nach denen den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin eher Glauben zu schenken gewesen wäre als den gegenteiligen des Geschäftsführers der Beklagten, ist nicht zu beanstanden. Auf die insoweit nachvollziehbaren und überzeugenden Entscheidungsgründe des Landgerichts wird Bezug genommen (LGU S. 5, 1. und 2. Absatz = Bl. 201 d.A.).

(3)

Eine Beschaffenheitsvereinbarung ergibt sich auch nicht aus der Übergabe des zum Fahrzeug gehörenden Zertifikats der Daimler AG vom 16.12.2016 („VeDoc Status Ausgeliefert“, Anlage K3 = Bl. 9 f. AB). Bei diesem Zertifikat handelt es sich nicht um eine aktuelle Zustandsbeschreibung des Fahrzeugs, sondern um eine Bestätigung, mit welchen technischen Merkmalen das Fahrzeug im Jahr 1990 produziert wurde (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. November 2014 – 9 U 234/12, Rn. 33, juris). Die Bedeutung des Schriftstücks ergibt sich aus den Formulierungen des Herstellers in dem Zertifikat („Status Ausgeliefert“). Sein Inhalt als Ausdruck aus dem Datensystem VeDoc des Herstellers Daimler-Benz geht für so alte Fahrzeuge wie die der Baureihe W126 ohnehin nicht über die den ebenfalls nur den Auslieferungszustand ausweisende „Papier“-Datenkarte hinaus (vgl. https://www.w126-forum.de/read.php?1,326848,326924).

bb)

Die Klägerin konnte das Vorhandensein des Auslieferungsmotors im gekauften Fahrzeug auch nicht als übliche Beschaffenheit erwarten (§ 434 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

(1)

Es gibt keine Regel, dass ein Oldtimer üblicherweise in bestimmtem Umfang nur aus Originalteilen bestehen dürfte (OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.11.2014 – 9 U 234/12, Rn. 29, juris). Ein Käufer kann beim Erwerb eines Fahrzeugs als „Oldtimer/Youngtimer“ generell nicht ohne Weiteres erwarten, dass das Fahrzeug mit dem Originalzustand zum Zeitpunkt der Herstellung übereinstimmt (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; LG Berlin VersR 1969, 31). Selbst bei Vereinbarung einer „Originalität“ kann eine ursprünglich unberührte Originalität nicht erwartet werden (Knoop, Original – was ist das eigentlich?, DAR 2017, 190, 191). Legt ein Käufer darauf Wert, insbesondere auf „Matching Numbers“ – das bedeutet im Oldtimerhandel, dass das Fahrzeug (mindestens) mit demselben Motor oder Getriebe ausgerüstet ist, mit dem es vor Jahrzehnten vom Band lief (vgl. http://www.car-range.de/lexikon-a-z/articles/lexikon-matching-numbers.html, Abruf vom 15.12.2021, 17:27 Uhr; vgl. Stenger, Velocity US Car Parts, 25.4.2017

= https://www.velocity-group.de/blog/vorsicht-beim-kauf-einer-numbers-matching-corvette/), so muss er gegenüber dem Verkäufer mit Erfolg auf eine entsprechende Vereinbarung hinwirken (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 30; OLG Koblenz, Urteil vom 8. Juni 2011 – 1 U 104/11, Rn. 21, juris). Die Erwartung „Matching Numbers“, also insbesondere die Ausstattung mit demselben Motor wie dem bei der Werksauslieferung ist auch nicht im Hinblick auf eine etwa absolvierte oder vereinbarte Oldtimer-Hauptabnahme gem. § 23 StVZO berechtigt; § 23 StVZO setzt solches nicht voraus (vgl. Neu in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 23 StVZO, Stand: 1.12.2021, Rn. 26, Fn. 22).

(2)

Wegen der Nichterweislichkeit einer Beschaffenheitsvereinbarung, der Auslieferungsmotor sei noch im Wagen verbaut, durfte selbst dann, wenn der abgelesene Kilometerstand mit 38.444 der tatsächlichen Laufleistung entsprechen sollte, der Kläger aus objektiver Sicht nicht erwarten, das Fahrzeug sei noch mit demselben Motor ausgestattet, mit dem es 1990 das Werk verlassen hat. Bei einem 31 Jahre alten Fahrzeug kann der Motor auch durch sehr langen Nichtgebrauch infolge Motorrost oder dadurch, dass eine geringe Laufleistung fälschlich zum Anlass genommen wird, Ölwechselintervalle zu strecken, erheblichen Schaden nehmen (Hoberg in: Welt.de vom 9.10.2020, https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article217485876/Oldtimer-pflegen-So-schicken-Sie-das-Auto-richtig-in-den-Winterschlaf.html, Abruf vom 15.12.2021, 14:31 Uhr). Es kommt daher entgegen der Stellungnahme der Klägerin vom 10.1.2022 auch auf die – ohnehin lediglich allgemeine – Äußerung „in Japan fahren die Fahrzeuge nur wenige Kilometer“ nicht an.

b)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keine Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs. Es kommt daher nicht darauf an, ob bei Übergabe die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs und/oder des darin verbauten Motors tatsächlich 38.444 km betragen hat.

Die Klägerin hat nach dem Ergebnis der verfahrensfehlerfrei durchgeführten Beweisaufnahme des Landgerichts nicht bewiesen, dass eine Gesamtlaufleistung von 38.444 km oder auch überhaupt eine bestimmte Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs zwischen den Parteien gem. § 434 Abs. 2 BGB – schriftlich oder mündlich – vereinbart worden ist oder gem. § 434 Abs. 3 Nr. 2 BGB aufgrund etwaiger öffentlicher Äußerungen der Verkäuferseite als Beschaffenheit erwartet werden konnte.

aa)

Die vom Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnete schriftliche Kaufbestellung enthält dazu nichts.

bb)

Die Zeugenaussagen und selbst die persönliche Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin sind zu einer Vereinbarung über die Laufleistung unergiebig geblieben. Soweit der Zeuge N. und der Geschäftsführer der Klägerin angegeben haben, der Sohn des Geschäftsführers der Beklagten habe gesagt, Importfahrzeuge aus Japan würden „in der Regel wenig gefahren“ (LG-Prot. v. 8.9.2021, S. 2 und 4 = Bl. 188R und 189R d.A.), ist das für eine konkludente Vereinbarung und auch für eine konkrete Beschaffenheitsäußerung zu unbestimmt. Unabhängig davon stünde dem die Angabe des persönlich angehörten Geschäftsführer der Beklagten entgegen, er habe nochmals thematisiert, dass die Beklagte für den Kilometerstand keine Gewährleistung übernehmen könne. Dass und warum das Landgericht keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür gesehen hat, nach denen den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin eher Glauben zu schenken gewesen wäre als denen des Geschäftsführers der Beklagten, ist auch insoweit nicht zu beanstanden. Auf die insoweit nachvollziehbaren und überzeugenden Entscheidungsgründe des Landgerichts wird Bezug genommen (LGU S. 5, 1. und 2. Absatz = Bl. 201 d.A.).

cc)

Das Internet-Angebot der Beklagten enthält zwar die Angabe „38.444 km“, indes nicht als Laufleistung, sondern ausdrücklich als „Abgelesener Tachostand“ (Anlage K2 = Bl. 6 AB). Das ist keine Äußerung zur Laufleistung des Fahrzeugs als Beschaffenheit; es handelt sich vielmehr um eine bloße Wissenserklärung über das Ergebnis der Ablesung des Tachostands (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. November 2012 – I-3 W 228/12, Rn. 28, juris). Unabhängig davon war dieses Ableseergebnis vorliegend richtig. Für eine über die Wissenserklärung hinausgehende „hinreichende anlockende Werbung“ ist nichts Tatsächliches vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.

c)

Das Fehlen des passenden einheitlich funktionierenden Fahrzeughauptschlüssels zu dem streitgegenständlichen Oldtimer der Baureihe W126, die gerichtsbekannt bereits über ein Hauptschlüssel-System verfügte, ist zwar ein Mangel gem. § 437 BGB i. V. m. § 434 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Die Klägerin kann darauf aber gleichwohl keinen Rückabwicklungsanspruch stützen.

Sie hat es entgegen § 377 Abs. 1 HGB unterlassen, die nachgelieferten Fahrzeugschlüssel unverzüglich daraufhin zu untersuchen, ob sie zu dem Schließsystem des Fahrzeugs (vollständig) passen, und ihr Nichtpassen unverzüglich zu rügen, weshalb das Fahrzeug bezüglich dieses Mangels gemäß § 377 Abs. 2 bzw. 3 HGB als genehmigt gilt [ aa)]. Unabhängig fehlt es – wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – an der für einen wirksamen Rücktritt gem. § 323 Abs. 1 BGB erforderlichen erfolglosen Fristsetzung zur Nacherfüllung [ bb)]. Eine Arglist der Beklagten, die sie daran hindern würde, sich auf die fehlende unverzügliche Untersuchung und Mängelanzeige zu berufen (§ 377 Abs. 5 HGB), oder die ein Nacherfüllungsverlangen wegen Vertrauensverlustes entbehrlich machte (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB), ist nicht festzustellen [ cc)].

aa)

§ 377 HGB ist vorliegend anzuwenden. Der streitgegenständliche Kauf war ein beiderseitiges Handelsgeschäft i. S. v. § 377 Abs. 1 HGB i. V. m. § 343 HGB. Für die Beklagte als Oldtimer-Händlerin gehörte dieser eindeutig zu ihrem Handelsgewerbe. Für die Klägerin gilt indes rechtlich nichts Anderes. Beide Parteien sind als Kapitalgesellschaften in Form einer GmbH jeweils Handelsgesellschaften. Es greift mithin bereits die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB i. V. m. § 6 Abs. 1 HGB (vgl. Merkt in: Baumbach/Hopt, 40. Aufl., § 6 Rn. 3). Alle Geschäfte einer Handelsgesellschaft sind in ihrem Betrieb als Handelsgewerbe vorgenommen (Leyens in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 344 Rn. 1). Abgesehen davon gehört der bereits nach klägerischem Vortrag als Kapitalanlage vorgenommene streitgegenständliche Fahrzeugerwerb zur ihrem u. a. eingetragenen Gesellschaftszweck der Verwaltung eigenen Vermögens (vgl. Schriftsatz vom 19.8.2021, S. 6f. = Bl. 183f. d.A.).

Dass dem Fahrzeug der Hauptschlüssel fehlte, war zwischen den Parteien bei Fahrzeugübergabe bekannt. Die (erste) Nacherfüllung war insoweit bereits angekündigt. Im Falle der Nacherfüllung (Nachlieferung, Nachbesserung) durch den Verkäufer hat der Käufer nach deren Abschluss zur Erhaltung seiner Rechte im Handelsgeschäft die Kaufsache unverzüglich erneut zu untersuchen und etwa verbliebene oder auch neue Mängel wiederum unverzüglich zu rügen (Steimle/Dornieden in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, § 377 HGB, Rn. 32). Die Obliegenheit zur unverzüglichen Untersuchung und die Pflicht zur unverzüglichen Mängelanzeige waren mithin vorliegend quasi aufschiebend bedingt durch die nachträgliche Übersendung der von der Beklagten veranlassten Schlüsselanfertigungen. Diese hat die Klägerin nach eigenem Vorbringen nicht sofort nach Erhalt darauf überprüft, ob sie zum Fahrzeug passen. Stattdessen hat sie das Fahrzeug bis zum späteren Verbringen zu Wartungs- und Reparaturarbeiten im April unverschlossen in einer abgeschlossenen Tiefgarage „wohlverwahrt“ (vgl. Schriftsatz vom 19.8.2021, S. 9 = Bl. 186 d.A.). Entgegen ihrer Rechtsansicht befreite diese Art der Verwahrung die Klägerin nicht von ihrer Obliegenheit zur unverzüglichen Untersuchung und Mängelanzeige. Diese hing schon nach dem Tatbestand des § 377 Abs. 1 HGB nicht davon ab, ob für die Klägerin ein sonstiger (letztlich gewillkürter) Anlass bestand, die übersandten Schlüssel zu verwenden. Die Überprüfung der Schlüssel, ob und inwieweit diese zum Fahrzeug passen, war auch nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang i. S. v. § 377 HGB tunlich, ging es doch gerade um einen nachbestellten Schlüsselsatz. Dass insoweit eine Ersatzlieferung nach mehr als 30 Jahren auf Anhieb zum passenden und voll funktionsfähigen Ergebnis führen würde, war aus objektiver Sicht keineswegs zwingend und machte deshalb die – unschwer durchführbare – unverzügliche Untersuchung nicht entbehrlich.

bb)

Der Rücktritt der Klägerin ist auch hinsichtlich der Schließanlage nicht wirksam. Ein Nacherfüllungsverlangen der Klägerin zum Erhalt der einheitlichen Schließanlage war nicht gemäß § 440 BGB hinfällig.

(1)

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte die (weitere) Nachlieferung diesbezüglich verweigert hat oder ihr diese nicht möglich gewesen wäre (vgl. Verkaufsinserat der Beklagten: „560 SEL Limousine Lang, mehrfach VORHANDEN!“, Anlage K2 = Bl. 6 AB; vgl. auch Ebay „Zündschloss Schließanlage Türgriff MERCEDES-BENZ W126“ https://www.ebay.de/itm/255206280531, Abruf 16.12.2021, 10:29 Uhr). Da es sich bei den übersandten Schlüsseln um die erste Nachlieferung handelte, ist auch nicht ohne Weiteres festzustellen, dass die Nacherfüllung bereits endgültig fehlgeschlagen war. Soweit die Berufung nun erstmals in ihrer Stellungnahme vom 10.1.2022 (S. 3, 1. Abs. = Bl. 251 d.A.) behauptet, die Beklagte sei „trotz mehrfacher Aufforderung und eigener Zusage nicht in der Lage“ gewesen, „hier eine Nachbesserung vorzunehmen“, ist das nicht zu berücksichtigen. Zum einen ist dieses Vorbringen entgegen § 138 Abs. 1, 1. Alt. ZPO unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Es ist nicht ersichtlich, wann die Beklagte wie „mehrfach“ vergeblich aufgefordert worden sein soll. Zudem geht die unsubstantiierte Behauptung, die Beklagte sei zur Lieferung eines einheitlichen Schließsystems „nicht in der Lage“ gewesen, nicht auf den unbestrittenen und im Hinweisbeschluss ausdrücklich angeführten Umstand ein, wonach die Beklagte über mehrere typengleiche Fahrzeuge verfügte. Das hätte einen Tausch der Schließanlagen ermöglicht; jedenfalls spricht mehr dafür als dagegen, sodass auch insoweit die nunmehrige Behauptung unschlüssig ist. Aber selbst wenn sie – hier nur unterstellt – schlüssig wäre, so wäre ihr im Berufungsverfahren als einem neuen streitigen Angriffsmittel nicht mehr nachzugehen, da die Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO fehlen. In I. Instanz hat die Klägerin vorgetragen (Schriftsatz vom 7.9.2020, S. 6f. = Bl. 77f. d.A.): „Bei Abholung des Fahrzeugs wurde dem Geschäftsführer der Klägerin nur der Ersatzschlüssel, der sog. Portemonnaie-Schlüssel, übergeben. Die Beklagte sagte zu, die übrigen Schlüssel nachzuschicken. Es erfolgte dann aber seitens der Beklagten die Mitteilung, dass der Schlüsselsatz nicht mehr auffindbar sei, man werde aber den Originalschlüssel bei Daimler-Benz anfordern. Der dann von der Beklagten gelieferte Schlüssel passte allerdings nicht zu dem Fahrzeug. Die Klägerin hat daraufhin bei Daimler-Benz nach der Original-Schlüsselnummer selber ein Schlüssel fertigen lassen. Dieser passt aber nur noch auf das Schloss des Handschuhfaches, die übrige Schließanlage ist aber eine ganz andere als die originale.“ Dieses, von der Klägerin in der gesamten I. Instanz nicht mehr geänderte Vorbringen hat die Beklagte nicht bestritten und ist damit zugrundezulegen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Es ist auch zutreffend und unangefochten im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils so festgestellt (LGU Seite 2 Mitte = Bl. 198 d.A.).

(2)

Entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 10.1.2022 (S. 3 = Bl. 251 d.A.) war für sie ein Nachbesserungsverlangen nicht aufgrund des Umstands unzumutbar (§ 440 Satz 1, 3. Alt. BGB), dass der Mangel an der Schließanlage womöglich erst nach Klageerhebung bekannt geworden und der Rücktritt mit der Klageerhebung bereits erklärt worden ist. Dieser Umstand betrifft nicht die Frage der Zumutbarkeit des vor einem berechtigten Rücktritt gesetzlich erforderlichen Nachbesserungsverlangens. Er betrifft vielmehr die Frage, ob ein Umstand bereits zum Rücktrittszeitpunkt einen Rücktrittsgrund darstellte, sodass er für den aus anderen Gründen erklärten Rücktritt noch nachgeschoben werden kann (zur grundsätzlichen Zulässigkeit vgl. Staudinger/Schwarze, BGB, Bearb. 2020, § 323, Rn. D 16 mwNw). Ist das – wie hier – zu verneinen, weil eben zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung es (mindestens) an einem Nachbesserungsverlangen fehlte, ist das auch keine Frage der Zumutbarkeit des Nachbesserungsverlangens im Hinblick auf etwaige weitere Rücktrittserklärungen. Der Käufer hat dem Verkäufer grundsätzlich wegen jedes einzelnen Mangels Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben (BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10, Rn. 17, juris). Dass er wegen eines (vermeintlichen) anderen Mangels bereits den Rücktritt erklärt und insoweit bereits Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages erhoben hat, ist daher unerheblich.

cc)

Der Einwand, infolge Vertrauensverlustes wegen Arglist habe sie keine weitere Mängelrüge erheben und keine weitere Nacherfüllung verlangen müssen (§§ 377 Abs. 5 HGB, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB), steht der Klägerin nicht zu. Sie hat nicht bewiesen, dass die Mitarbeiter der Beklagten arglistig gehandelt haben. Auch hierzu rechtfertigt die Stellungnahme der Klägerin vom 10.1.2022 keine andere Beurteilung.

(1)

Der wiederholte Hinweis der Klägerin auf die Untersuchungspflicht der Beklagten greift nicht durch. In Bezug auf den Umstand, dass das Fahrzeuge nicht mehr mit dem Auslieferungsmotor ausgestattet war, gilt das schon deshalb, weil dieser Umstand – wie ausgeführt – ohne erwiesene gegenteilige Vereinbarung oder Beschaffenheitszusage keinen Mangel darstellt. Die Berufung geht rechtsirrig davon aus, dass bereits ein Unterlassen der Untersuchung zur Haftung des Händlers führt. Eine unterlassene Untersuchung ist ohne „zugehörigen“ Mangel nicht haftungsbegründend. Das übersieht die Klägerin auch weiterhin in ihrer Stellungnahme vom 10.1.2022 (S. 2f. = Bl. 250f. d.A.). Eine Arglist kann insoweit daher auch nicht vorliegen. Das hat das Landgericht zutreffend gesehen. Überdies hat – wie bereits ausgeführt – die Beweisaufnahme auch sonst nicht ergeben, dass die Mitarbeiter der Beklagten bei Kaufvertragsschluss eine Relevanz gerade von „Matching Numbers“ für die Klägerin hätten erkennen können und müssen.

Unabhängig davon trifft den Gebrauchtwagenhändler keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet (BGH, Urteil vom 15. April 2015 – VIII ZR 80/14, Ls. 1 und Rn. 14, juris; Bestätigung und Fortführung der Urteile vom 19. Juni 2013, VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; vom 7. Juni 2006, VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; vom 3. November 1982, VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217 unter II 2 b; vom 21. Januar 1981, VIII ZR 10/80, WM 1981, 323 unter II 3 b aa; vom 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; vom 16. März 1977, VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 unter III 1 a; vom 21. Januar 1975, VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; st. Rspr.; so auch OLG Köln, Urteil vom 13. März 2001 – 3 U 173/00, Rn. 10, juris.). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht festzustellen, dass die Motornummer bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug-Typ durch eine fachmännische äußere Besichtigung eines Händlers („Sichtprüfung“) ablesbar ist. Nach der Aussage des Zeugen F. benötigt man – wie die Berufung selbst hervorhebt – dafür ein Spiegelinstrument oder ein Endoskop (LG-Prot. v. 8.9.2021, S. 5 = Bl. 190 d.A.). Ob es aufgrund dieses Umstands dem Geschäftsführer der Klägerin nicht möglich gewesen ist oder aber doch möglich gewesen wäre, selbst die Motornummer abzulesen, ist nicht entscheidend.

Mit einem Spiegelinstrument oder Endoskop in den Motorraum einzutauchen fällt jedenfalls entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 10.1.2022 nicht mehr unter eine „äußere“ Besichtigung, sondern gehört bereits zu einer umfassenden Untersuchung, zu welcher der gewerbliche Verkäufer nicht anlasslos verpflichtet ist (vgl. (BGH, Urteil vom 15. April 2015 – VIII ZR 80/14, Rn. 14, juris). Das gilt unabhängig davon, ob ihm solche umfassenden Untersuchungsschritte gar nicht oder nur schwierig oder aufgrund etwa vorhandener Ausrüstung (hier: Spiegelinstrument oder Endoskop) durchaus möglich wären. Das ist eine Rechtsfrage, deren Beantwortung dem Gericht obliegt. Mithin bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 10.1.2022 auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu, wie leicht oder schwer es mit den genannten Spezialwerkzeugen möglich ist, die Motornummer festzustellen. Das gilt unabhängig davon aber auch deshalb, weil – wie oben ausgeführt – ohne besondere Vereinbarung von „Matching Numbers“ ein gewerblicher Händler ohnehin eine Sichtprüfung nicht auf diesen Umstand erstrecken muss.

(2)

Eine Arglist in Bezug auf die Laufleistung scheitert ebenfalls bereits daran, dass eine Vereinbarung einer bestimmten Laufleistung nicht bewiesen ist.

Soweit die Berufung in dem Zusammenhang rügt, das Landgericht habe aus dem Umstand, dass die Beklagte die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs „angeblich“ nicht gekannt habe, gefolgert, dass keine entsprechende Untersuchungspflicht der Beklagten bestanden habe, was denkgesetzwidrig sei (BB S. 8 = Bl. 227 d.A.), liegt das auch aus einem weiteren Grund neben der Sache. Denn eine solche Schlussfolgerung ist dem Urteil an keiner Stelle zu entnehmen. Das Landgericht hat vielmehr ausgeführt, dass mit den Angaben in der schriftlichen Kaufbestellung, wonach das Fahrzeug aus Japan stamme und der Verkäufer für den abgelesenen Kilometerstand keine Gewährleistung übernehme, klargestellt sei, dass die Beklagte die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs nicht kenne und „also auch keine entsprechende Untersuchung vorgenommen hat“ (LGU S. 6 = Bl. 202 d.A.). Diese Ausführungen des Landgerichts sind in keiner Weise zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine über die bloße Sichtprüfung hinausgehende gesteigerte Untersuchungspflicht im Einzelfall hat der Käufer darzulegen und zu beweisen. Der Umstand, dass ein Händler – wie hier unwiderlegt die Beklagte – offengelegt nicht weiß, ob der nur abgelesene Kilometerstand der tatsächlichen Laufleistung entspricht, gibt, wenn – wie hier ebenfalls unwiderlegt – eine bestimmte Laufleistung nicht als Beschaffenheit vereinbart ist, gerade keinen Anlass zu einer gesteigerten Untersuchung.

(3)

Hinsichtlich des Mangels der fehlenden einheitlichen Schließanlage ist der Beklagten ebenfalls keine Arglist anzulasten. Die „normale“ Sichtprüfung dürfte zwar sicherlich dafür geeignet sein, festzustellen, ob ein Schlüsselsatz passt oder nicht. Es ist aber vorliegend schon nicht festzustellen, dass der Schlüsselsatz bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses fehlte. Falls er – wie nicht auszuschließen ist – seinerzeit noch nicht fehlte, hätte zu diesem Zeitpunkt auch die gebotene, dafür taugliche Sichtprüfung durch die Beklagte nichts Anderes ergeben können. Dass der Schlüsselsatz später nicht mehr auffindbar war, vermag keine Arglist der Mitarbeiter der Beklagten zu belegen, geschweige denn eine auf den Kaufabschluss rückwirkende.

II.

Das landgerichtliche Urteil enthält an der vorbezeichneten Stelle eine offensichtliche versehentliche (§ 319 ZPO) Parteibezeichnungsverwechslung. Da es dort um die Untersuchungspflicht des Fahrzeughändlers ging, kann insoweit nur die Beklagte gemeint sein. Solange der Rechtsstreit in der Rechtsmittelinstanz schwebt, ist auch das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht für die Berichtigung zuständig (BGHZ 106, 373; 133, 191; BGH NJW 1996, 2101; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2007 – VII ZR 121/06, Rn. 2, juris).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.

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