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Standheizung: Mangelhaft bei Nichterreichung einer Zimmertemperatur?

LG Hanau, Az.: 2 S 196/16, Urteil vom 04.09.2017

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 25.11.2016 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat die Berufung Erfolg.

Zutreffend hat das Amtsgericht den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag als Werkvertrag qualifiziert.

Eine zum Rücktritt vorn Vertrag berechtigende Schlechtleistung des Beklagten gemäß § 323 Abs. 1 BGB liegt jedoch nicht vor.

Standheizung: Mangelhaft bei Nichterreichung einer Zimmertemperatur?
Foto: AlekSashka/ Bigstock

Wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, dient eine Pkw-Standheizung zwar dazu, ein Fahrzeug vorwärmen zu können, wozu neben dem Vorwärmen des Motors auch das Vorwärmen der Innenraumluft der Fahrgastzelle gehört. Nach den Feststellungen des vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ist die Standheizung allerdings hierzu auch in der Lage. Während des Testlaufs am 06.02.2015 gegen 8.00 Uhr erhöhte sich während der 30-minütigen Aufheizphase die Innenraumtemperatur von minus 4,2 Grad Celsius bzw. minus 3,9 Grad Celsius an den beiden Innenraumthermometern stetig bis auf 15,7 Grad Celsius bzw. 15,5 Grad Celsius. Die maximale an der Luftaustrittsdüse der Armaturentafel gemessene Temperatur betrug nach 25 Minuten sogar 55,8 Grad Celsius. Bezogen auf die Innenraumtemperatur hat der Sachverständige hiernach eine Temperaturerhöhung im Mittel von ca. 19,6 Grad Celsius festgestellt.

Soweit der Kläger moniert, dass man bei Temperaturen von gut 15 Grad Celsius noch nicht von einem Wohlfühlklima sprechen könne, dass aber der Hersteller der Standheizung, die Firma Webasto, mit einem „Wohlfühlklima“ werbe, ist hieraus eine Schlechtleistung im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB nicht zu deduzieren. Unabhängig von der Frage, ob dieser Werbeaussage für den vorliegenden Werkvertrag eine leistungsbestimmende Bedeutung beigemessen werden kann, ist festzustellen, dass der Hersteller selbst den Begriff des „Wohfühlklimas“ temperaturmäßig nicht definiert hat; vielmehr lautet die Erläuterung des Herstellers hierzu ausweislich des Prospekts (BI. 145 d. A.): „Während Ihr Nachbar sein Auto freischaufelt, kratzt und kalte Füße bekommt, steigen Sie mit einer Webasto-Standheizung“ direkt ins vorgewärmte Auto.“

Eine konkrete Temperaturanforderung lässt sich dieser Anpreisung gerade nicht entnehmen. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf den auf der übernächsten Prospektseite (BI. 147 d. A.) abgebildeten Temperaturgraph auf eine im Testbetrieb erreichte Temperatur von knapp 30 Grad Celsius nach 30 Minuten Betriebsdauer verweist, ist dies unbehelflich, da gemäß der Erläuterung zu dieser Temperaturkurve nur ein ganz konkretes Fahrzeug, nämlich ein Ford S Max, getestet wurde – wobei noch nicht einmal dies klar ist, da im nachfolgenden Textfeld nicht ein Ford S Max, sondern ein Ford Galaxy 2.0 TCDi als Testfahrzeug genannt ist. Unstreitig fährt der Kläger ein solches Fahrzeug nicht. Eine Aussage dahin, dass die in der Temperaturkurve abgebildete Maximaltemperatur bei jedem anderen Fahrzeug, insbesondere auch beim Fahrzeug des Klägers, erzielbar sei, lässt sich dieser einfachen Anpreisung nicht entnehmen, zumal unmittelbar über der Temperaturkurve lediglich allgemein ausgeführt ist, dass in nur 30 Minuten die Frontscheibe vollständig enteise und sich der Innenraum auf angenehme Temperaturen erwärme; auch hier also eine werbliche Anpreisung ohne konkrete Temperaturzusage.

Nicht zu folgen vermag das Gericht der rechtlichen Würdigung des Amtsgerichts, wonach beim Betrieb der Standheizung sogenannte Zimmertemperatur zu erreichen sein müsse. Die mietrechtliche Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Die Rahmenbedingungen und die Interessen der Betroffenen divergieren erheblich. Die Fahrgastzelle eines Autos ist weder von ihrem Dämmungszustand noch vom Nutzungsverhalten der sich darin befindlichen Personen vergleichbar mit einer Wohnung. Wer bei winterlichen Außentemperaturen Auto fährt, passt sich – da eine Autofahrt regelmäßig nicht Selbstzweck ist – wegen der hiermit verbundenen Aktivitäten durch witterungsadäquate Kleidung den Außentemperaturen an, so dass ein Fahrzeuginsasse anders als der Nutzer einer Wohnung nicht auf eine Raumtemperatur wie in einer Wohnung angewiesen ist, Auch verlöre die Standheizung bei entsprechenden Anforderungen ihren Charakter als bloße Zusatzheizung. So hat denn auch der gerichtlich beauftragte Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 16.02.2015 konstatiert, dass die Anforderungen an eine Standheizung weder in einer DIN-Norm geregelt seien, noch seitens des Herstellers überprüfbare Referenzwerte für die Heizwirkung der streitgegenständlichen Standheizung am Fahrzeug des Klägers existierten, so dass sich die Behauptung des Klägers wegen nicht existierender Mindestanforderungen bzw. verbindlicher Referenzwerte des Herstellers über die geforderte Heizleistung der Standheizung am Fahrzeug des Klägers nicht bestätigen lasse. Die vom Amtsgerichts im Folgenden herangezogenen Ergebnisse einer Untersuchung des ADAC taugen vorliegend schon deshalb nicht als Kriterium für die Heizleistung, weil der ADAC nicht Standheizungen, sondern fest verbaute Autoheizungen getestet hatte.

Die Werkleistung des Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen mangelhaft.

Soweit der Kläger moniert, dass sich die eingebaute Standheizung bei seinem Fahrzeug nur dann sinnvoll nutzen lasse, wenn man vor ihrer Inbetriebnahme manuell die Lüftungsdüsen auf die Frontscheibe bzw. den Fußraum ausrichtet und den Lüftungsregler auf volle Leistung stellt, stellt dieses Erfordernis keinen Werkmangel dar, auch wenn das – wie der Kläger behauptet.- bei seinen bisherigen Fahrzeugen nicht nötig gewesen sein sollte. Der Kläger trägt selbst nichts dazu vor, dass technische Standards insoweit eine automatische Einstellung erfordern. Vielmehr handelt es sich um eine nachvollziehbare Handhabung, um Luft in den betreffenden Fahrzeugbereichen effektiv zu verteilen. Ob dies automatisch oder manuell geschieht, ist eine Frage des Komforts und mangels entsprechender technischer Regelwerke für die Frage eines. Werkmangels hier ohne Belang.

Dass der nachträglich vom Beklagten eingebaute Sommer-Winter-Umschalter inzwischen, wie der Kläger behauptet, defekt sei, rechtfertigt einen Rücktritt vom Vertrag ebenfalls nicht. Dieser Schalter sollte nach dem Wunsch des Klägers ein manuelles Voreinstellen der Lüftungsdüsen obsolet machen. Jedoch wurde dieser Wunsch erst nach Abschluss des ursprünglichen Werkvertrages, nämlich im Zuge der Bemühungen des Beklagten um Verbesserung der vom Kläger monierten Heizleistung, nachträglich geäußert. Soweit der Kläger, etwa aufgrund seiner Erfahrungen mit vorangegangenen Fahrzeugen, davon ausgegangen gewesen sein mag, dass eine solche automatische Regulation auch beim streitgegenständlichen Einbau möglich sei, hat diese Vorstellung des Klägers mangels vertraglicher Abrede keinen Eingang in den ursprünglich geschlossenen Werkvertrag gefunden. Der behauptete Defekt des nachgerüsteten Schalters tangiert hiernach nicht das zugrundeliegende Werkvertragsverhältnis und rechtfertigt im Übrigen auch nicht den Rücktritt vom gesamten Vertrag.

Andere Anspruchsgrundlagen für das Begehren des Klägers sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 ZPO, da der Kläger in vollem Umfang unterlegen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß §§ 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt.

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