Ansprüche aus abgetretenem Recht
LG Bautzen – Az.: 2 O 291/11 – Urteil vom 09.03.2012
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,3-fachen des nach dem Urteil für den Beklagten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,3-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert: bis 7.000,– €.
Tatbestand
Der Kläger macht mit der Klage die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Pkw-Kauf nach erfolgtem Rücktritt geltend.
Die Mutter des Klägers, die in Hoyerswerda wohnende Zeugin … suchte am 24. 06. 10 das Betriebsgelände des Beklagten in … auf. Der Beklagte ist Kfz-Händler und hatte einen Pkw Passat zum Verkauf ins Internet gestellt; wegen der Einzelheiten wird auf die Internet-Annonce des Beklagten (Aktenseite 19 des Anlagenordners „Beklagter“) verwiesen.
Die Mutter des Klägers schaute sich am 24. 06. 10 auf dem Betriebsgelände des Beklagten einen Pkw Passat an. Anschließend unterzeichnete die Mutter des Klägers das als Anlage 1 zur Klageschrift (Aktenseite 1 des Anlagenordners Kläger) vorgelegte Kaufvertragsformular, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage verwiesen wird. Am 25. 06. 10 veranlasste die Ehefrau des Klägers, die Zeugin …, eine Blitzüberweisung von 3.000,– € an den Beklagten. Dies sollte – was zwischen den Parteien unstreitig ist – die erforderliche Anzahlung für den Kauf des Pkw sein. Der Beklagte übersandte nach Erhalt des Geldes den Kfz-Brief an den in … wohnenden Kläger.
Nach Anmeldung des Fahrzeuges reiste der Kläger mit dem Kfz-Kennzeichen nach … und holte den Pkw beim Beklagten ab. Bei dieser Gelegenheit zahlte der Kläger den restlichen Kaufpreis in Höhe von 3.999,– € in bar an den Beklagten.
Mit Anwaltsschreiben vom 30. 07. 10 zeigte die im Prozess für den Kläger tätige Rechtsanwaltskanzlei sich für die Mutter des Klägers als Käuferin des Pkw beim Beklagten an. Mit dem Schreiben wurden Mängel moniert und der Beklagte zur Nachbesserung unter Fristsetzung aufgefordert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Aktenseite 9 des Anlagenordners Kläger verwiesen. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 31. 08. 10 und teilte mit, am 11. 08. sei eine unbekannte Frau und ein junger Mann, vermutlich ein Verwandter der „Mandantin“, mit dem Pkw bei ihm gewesen und hätten eine Rücknahme eingefordert. Bei dieser Gelegenheit sei angeboten worden, das Fahrzeug nachzubessern; das sei durch die anwesende Frau abgelehnt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Anlage B 4 im Anlagenordner Beklagter verwiesen.
Mit Schreiben vom 09. 09. 10 forderten die Anwälte der Klägerseite – noch namens der Mutter des Klägers – die Rücknahme des Fahrzeuges und die Erstattung des Kaufpreises. Mit Schreiben vom 08. 10. 10 erklärten die anwaltlichen Vertreter des Klägers, Frau … die Mutter des Klägers – habe zwischenzeitlich mitgeteilt, dass der von ihr unterzeichnete Kaufvertrag nicht im eigenen Namen, sondern in Vertretung ihres Sohnes unterzeichnet wurde. Der Kläger sei damit Käufer. Es wurden erneut Mängel gerügt und unter Fristsetzung deren Beseitigung verlangt, wobei gefordert wurde, dass der Beklagte das Fahrzeug hierzu beim Kläger in … abholen könne.
Auf dieses Schreiben erfolgte keine Reaktion des Beklagten. Der Kläger hat daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag mit Schreiben vom 26. 10. 10 erklärt.
Der Kläger behauptet, nach den Umständen des Vertragsschlusses sei für den Beklagten eindeutig erkennbar gewesen, dass er, nicht seine Mutter, Käufer des Pkw sei.
Auf die Veröffentlichung im Internet habe sich zunächst seine Frau, die Zeugin …, mit dem Beklagten telefonisch in Verbindung gesetzt. Bei dieser Gelegenheit habe die Zeugin dem Beklagten erklärt, dass ihr Mann am Kauf des Pkw Interesse habe und seine Mutter lediglich wegen der räumlichen Nähe zum Betrieb des Klägers das Fahrzeug besichtigen wolle. Die Mutter des Klägers habe dann bei Besichtigung des Fahrzeuges klargestellt, dass sie das Fahrzeug lediglich für ihren Sohn reservieren wolle, keineswegs aber es selber kaufen. Wegen des Kaufpreises – der überraschend 1.000,– € über dem „Internet-Angebot“ lag – habe die Mutter des Klägers mit dem Kläger nochmals eigens telefoniert. Anschließend habe sie das ihr vorgelegte Kaufvertragsformular lediglich mit dem Vorbehalt unterzeichnet, dass sie nicht selber kaufen, sondern nur für ihren Sohn reservieren wolle.
Seinen Rücktritt stützt der Kläger auf das Vorliegen nachfolgender Mängel:
1. Unstreitig war am Pkw das Radio defekt; der Kläger hat ein Austauschradio vom Beklagten erhalten und ohne Vorbehalt entgegengenommen. Das Fahrzeug verfügt – entgegen der Beschreibung des im Internet angebotenen Fahrzeuges – über kein Xenon-Licht. Der Kläger behauptet, bei der Besichtigung durch seine Mutter sei hierauf nicht eingegangen worden. Auch sei nicht mitgeteilt worden, dass es sich bei dem zu kaufenden Fahrzeug nicht um das im Internet angebotene Fahrzeug handele. Der Beklagte macht in diesem Zusammenhang geltend, er habe die Mutter des Klägers anlässlich der Besichtigung darauf hingewiesen, dass es sich nicht um das im Internet angebotene Fahrzeug, sondern um ein anderes, vergleichbares, Fahrzeug handele.
2. Der Kläger behauptet, die Scheinwerfer des Fahrzeuges seien „blind“, zudem könne die Distanzeinstellung nicht mehr vorgenommen werden. Der Beklagte bestreitet dies und macht geltend, falls diese Behauptung zuträfe, läge hierin kein rechtlich relevanter Mangel mit Blick auf das Alter des Fahrzeuges.
3. Der Kläger behauptet darüber hinaus, die Nebelscheinwerfer seien nicht eingestellt. Der Beklagte bestreitet dies und meint, wenn die Behauptung zuträfe, liege darin kein rechtlich relevanter Mangel.
4. Der Kläger behauptet, die Kfz-Beleuchtung sei defekt, es handele sich um einen erheblichen, weil sicherheitsrelevanten Mangel.
5. Der Kläger behauptet darüber hinaus, die Gurtstraffer seien außer Funktion. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang auf die am 25. 06. 10 absolvierte Hauptuntersuchung hin und bestreitet einen Defekt bei Übergabe des Fahrzeuges.
6. Der Kläger behauptet, das Kofferraum-Licht funktioniere nicht.
7. Unstreitig funktionierte bei dem gekauften Fahrzeug die Heizung nicht ordnungsgemäß. Der Beklagte macht geltend, er habe anlässlich eines Besuches des Klägers und seiner Frau im August 2010 die Beseitigung angeboten. Der Kläger bestreitet dies. Er behauptet, der Beklagte habe die Nachbesserung mit Hinweis auf fehlende Zeit abgelehnt.
8. Der Kläger behauptet darüber hinaus, die Ölleitung sei defekt und das Ersatzrad nicht ordnungsgemäß aufgepumpt gewesen. Er macht deswegen ergänzend Schadenersatz geltend.
9. Der Kläger behauptet schließlich mit Schriftsatz vom 01. 02. 12, anlässlich eines Werkstattbesuches sei festgestellt worden, dass das gekaufte Fahrzeug 100.000 km mehr Laufleistung als im Kaufvertrag angegeben ausgewiesen habe. Wegen dieses behaupteten Mangels hat der Kläger im vorbezeichneten Schriftsatz nochmals den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Die Mutter des Klägers hat während laufendem Rechtsstreit etwaige Ansprüche aus einem Kaufvertrag über den Pkw an den Kläger abgetreten. Der Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auf das in den AGB zum Kaufvertrag ausgewiesene Verbot der Abtretung ohne Zustimmung des Verkäufers. Der Kläger stellt diese Klausel für unwirksam; jedenfalls versage der Beklagte treuwidrig seine Zustimmung.
Der Kläger beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.359,99 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf ab Klagezustellung zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des VW Passat 2.0 mit der Fahrgestellnummer ….
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er behauptet, er habe anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass entgegen der mit der Mutter des Klägers getroffenen schriftlichen Vereinbarung nicht diese, sondern ihr Sohn Käufer habe sein sollen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau sowie der Mutter des Klägers als Zeugen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10. 02. 12 verwiesen. Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht ein Anspruch gegen den Beklagten zu.
1. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass er selber, nicht seine Mutter, Käufer des Pkw war. Die von der Mutter des Klägers unterzeichnete Vertragsurkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Es steht damit zunächst zu vermuten, dass die Mutter des Klägers, nicht der Kläger, den streitgegenständlichen Pkw gekauft hat. Der Kläger konnte auch nicht nachweisen, dass entgegen des Vertragswortlautes etwas anderes zwischen dem Beklagten und seiner Mutter – nämlich eine bloße Reservierung des Fahrzeuges für den Kläger oder ein Kaufvertrag zwischen Kläger und Beklagtem – vereinbart wurde.
Das Gericht vermag es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auszuschließen, dass es einen Grund für die Unterzeichnung des Kaufvertrages durch die Mutter des Klägers am 24. 06. 10 gab, über den sich beide Seiten im Prozess einschließlich der gehörten Zeugen „ausgeschwiegen“ haben. Es ist zwar zunächst glaubhaft, dass sich die Zeugin Bittner-Richter mit dem Beklagten telefonisch in Verbindung setzte und ihr Interesse bzw. das Interesse ihres Mannes an dem Erwerb des im Internet annoncierten Fahrzeuges äußerte. Es ist auch nachvollziehbar, dass die Zeugin – wie geschildert – um eine Reservierung bat, damit ihr Mann sich bei der nächsten Gelegenheit das Fahrzeug selber anschauen könne, wenn er nach Dresden fährt.
Es mag auch noch nachzuvollziehen sein, dass man die Mutter des Klägers darum bat, sich das Fahrzeug anzuschauen, da sie in dem im Vergleich zur Entfernung von … nach … nahe gelegenen … wohnt. Der weitere objektive Fortgang der Angelegenheit lässt sich aber nicht mehr widerspruchsfrei zu den Schilderungen des Klägers wie der gehörten Zeuginnen bringen:
Zur Annahme, die Mutter des Klägers habe am 24. 06. 10 das Auto bloß „reserviert“, passt es nicht, dass die Ehefrau des Klägers am Folgetag 3.000,– € zur Anweisung brachte und hierauf die Fahrzeugpapiere durch den Beklagten an die Adresse des Klägers versandt wurden, damit dieser das Fahrzeug anmelden könne, was er auch tat. So etwas macht man eigentlich nicht, solange ein Geschäft bloß möglich, aber noch nicht verbindlich abgeschlossen ist. Weder die Zeugin …, die nach eigenen Angaben insgesamt 6 Mal mit dem Beklagten telefoniert haben will, noch die Zeugin … haben dem Gericht plausibel aufgezeigt, aus welchen Gründen man zum Vollzug des Kaufvertrages schritt, ohne einen Kaufvertrag überhaupt abgeschlossen zu haben. Trotz eindringlichen Befragens und Eingehens auf die Zeuginnen unter Berücksichtigung von deren Verständnishorizont durch das Gericht und die an der Verhandlung beteiligten Anwälte gaben die Zeuginnen hierzu keinerlei plausible Erklärungen; es war vielmehr sogar spürbar, dass beide Zeuginnen – jede auf ihre Art – die dahinzielenden Fragen geradezu „abwehrten“.
Es entstand insoweit in gewisser Weise der Eindruck, dass man sich in der Familie des Klägers auf eine gewisse „Sprachregelung“ – nämlich das Vorliegen einer bloßen Reservierung – verständigt hatte und es den Zeuginnen darum ging, nichts zu offenbaren, was dieser Sichtweise abträglich sein könnte. Hinzu kommt, dass die Angaben der Zeugin … – der Mutter des Klägers –, soweit sie angab, lediglich eine Reservierung getätigt zu haben, nicht ausräumbaren Zweifeln begegnen.
Das Gericht hält es dabei nicht für ausgeschlossen, dass jemand eine textlich ganz eindeutige Vertragsurkunde – wie vorliegend – in der irrigen Annahme unterschreibt, er bestätige oder vereinbare etwas anderes als dort ausgewiesen. Das kommt insbesondere in den Fällen in Betracht, in denen einem mündlich zuvor etwas anderes suggeriert wurde. Gerade älteren Personen kann so etwas passieren. Dazu muss man weder altersdement noch geschäftsunfähig sein.
Das Gericht hält es für möglich, dass dies auch vorliegend so gewesen sein könnte. Erhebliche Gesichtspunkte sprechen jedoch dagegen; zu beweisen hätte diesen Sachverhalt der Kläger.
Zunächst spricht gegen diese Annahme das spätere Verhalten des Klägers selber. Der Kläger hat sich nämlich – wie schon aufgezeigt – so verhalten, als ob rechtswirksam ein Kaufvertrag geschlossen wurde, was zumindest alles andere als naheliegend war, wenn man zuvor seiner Mutter einen Kaufvertrag mehr oder weniger in arglistiger Täuschungsabsicht untergeschoben hätte. Darüber hinaus machte die Zeugin … auf das Gericht mit ihrer Aussage keinen sehr glaubwürdigen Eindruck. Die Schilderung der Zeugin war in der zentralen Aussage zur Reservierung auffällig detailarm und wirkte geradezu einstudiert. Es entstand – wie schon aufgezeigt – der Eindruck einer getroffenen „Sprachregelung“, wozu es auch passt, dass die Zeugin zur weiteren Abwicklung des Geschäfts, in welches sie eigentlich einbezogen sein musste, keine Angaben machte.
Der Kläger konnte auch nicht nachweisen, dass der Kaufvertrag durch seine Mutter in Vertretung für ihn geschlossen wurde. Der hierzu gehaltene anwaltliche Vortrag des Klägers findet in den Angaben der Zeuginnen … sowie … überhaupt keine Stütze.
Ein Anspruch aus eigenem Recht steht dem Kläger daher nicht zu.
2. Der Kläger kann auch nicht aus abgetretenem Recht erfolgreich den Beklagten in Anspruch nehmen. Denn die durch seine Mutter erklärte Abtretung scheitert am Zustimmungsvorbehalt in den AGB des Beklagten. Das darin enthaltene Abtretungsverbot ohne Zustimmung ist wirksam. Der BGH hat in einer Entscheidung vom 24. 09. 80 (Aktenzeichen VIII ZR 273/79) die Zulässigkeit von Abtretungsverboten in AGB für einen vergleichbaren Fall als gegeben angesehen. Diese Entscheidung ist auch nicht mit der Schuldrechtsmodernisierung überholt. Das Recht des Verbrauchsgüterkaufes sieht keine Einschränkung von Abtretungsverboten vor.
Der Zustimmungsvorbehalt benachteiligt den Käufer auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 BGB). Dem Verkäufer eines gebrauchten Pkw steht ein berechtigtes Interesse zur Seite, bei der Auseinandersetzung um Gewährleistungsansprüche sich mit dem Käufer und nicht einem beliebigen Dritten auseinandersetzen zu müssen. Relevant ist dies insbesondere bei der Frage des Erfüllungsortes der Nachbesserung sowie der zu vergütenden Aufwendungen des Nachbesserungsberechtigten.
Mit Blick hierauf hat der Beklagte vorliegend auch die Zustimmung zur Abtretung nicht treuwidrig verweigert. Der Kläger wird hierdurch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt. Vielmehr hätte seine Mutter, die Zeugin … aufgrund der vorliegenden Kaufvertragsurkunde unproblematisch Gewährleistungsansprüche geltend machen können. Die in Anbetracht der Dokumentenanlage erkennbar problematische Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger selbst ist „selbst geschaffene Not“.
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO). Wegen der in der Reduzierung des Klageantrages ohne zugleich erfolgter Teilerledigungserklärung liegende Teilklagerücknahme folgt dies aus § 269 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wurde gem. §§ 48 GKG, 3, 4 ZPO festgesetzt.