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Haltbarkeitsgarantie im Fahrzeugkaufvertrag – Erstattung Reparaturkosten einer Drittwerkstatt

LG Bonn – Az.: 1 O 288/17 – Urteil vom 08.06.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Mit schriftlichem Vertrag vom 01.12.2016 (Anlage K1 = Bl…. d.A.) kaufte der Kläger unter der Firma Heizungs-Sanitär H von der Beklagten ein gebrauchtes Fahrzeug des Herstellers A, Typ X, Erstzulassung 09.07.2013, zum Preis von 10.500,00 EUR. Der Fahrzeugerwerb wurde durch einen Darlehensgeber finanziert. In dem Kaufvertragsformular findet sich der vorgedruckte Passus:

Hiermit bestellt der Käufer in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit folgendes gebrauchte Kraftfahrzeug unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel, sofern nicht der Verkäufer ( … ) eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache ( … ) übernommen hat.

Unter der Rubrik „Besondere Vereinbarungen:“ befindet sich der Zusatz:

Gutachten wurde besprochen und folgende Vereinbarung festgehalten: 12 Monate Garantie; Zulassung durch AH C.

Der Kläger erhielt das Fahrzeug am 05.12.2016. Am 01.02.2017 erhielt der Kläger von der Beklagten Unterlagen einer Garantie eines externen Versicherers in Gestalt der „N2 Garantie AG“. Diese Unterlagen weisen die Vereinbarung eines Garantiehöchstbetrages von 1.500,00 EUR aus und wurden von dem Kläger unterzeichnet.

Anfang Februar 2017 sprang das Fahrzeug nach einer Betankung nicht mehr an. Der Kläger versuchte den Verkäufer zu erreichen, was jedoch nicht gelang. Das Fahrzeug wurde dann zu der neben der Tankstelle gelegenen Autohaus T GmbH & Co. KG – im Folgenden: Autohaus T – verbracht, wo ein Motorschaden festgestellt wurde. Nachdem der Kläger die Beklagte über den Motorschaden informiert hatte, leitete diese die Abholung des Fahrzeuges in die Wege, um den Schadensumfang zu prüfen und eine Reparaturfreigabe der Garantieversicherung herbeizuführen. Als die Mitarbeiter der Beklagten, die Zeugen Q und B, zu dem Autohaus T kamen um das Fahrzeug mit einem Anhänger zur Untersuchung abzuholen, stellten sie fest, dass der Motor schon auseinandergenommen war. Die weiteren Einzelheiten des Verlaufs dieses Termins sind zwischen den Parteien streitig.

In der Folgezeit führte das Autohaus T die Reparatur durch und erteilte dem Kläger hierfür am 05.05.2017 eine Rechnung über 6.110,65 EUR brutto (5.135,00 EUR netto; Anlage K3 = Bl…. – … d.A.), die von dem Kläger bezahlt wurde. Mit E-Mail vom 31.05.2017 (Anlage B1 = Bl…. d.A.) übersandte der Kläger die Rechnung an den bei der Beklagten tätigen Zeugen P mit den Fragen:

Wickeln Sie die Angelegenheit mit der Versicherung ab ?

Kulanz von A ?

Hierauf antwortete der Zeuge P am gleichen Tage (Anlage B2 = Bl…. – … d.A.), das man keine Leistungen aus der Garantieversicherung zusagen könne, da entgegen den besonderen Vertragsbedingungen der N2 Garantie AG eine Reparatur ohne Freigabe erfolgt sei.

Haltbarkeitsgarantie im Fahrzeugkaufvertrag - Erstattung Reparaturkosten einer Drittwerkstatt
(Symbolfoto: Ground Picture/Shutterstock.com)

Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, ihm sei mit dem Kaufvertrag eine unbeschränkte – 12-monatige – Garantie der Beklagten gewährt worden. Er behauptet, ihm sei im Rahmen des Abschlusses des Kaufvertrages von Seiten der Beklagten suggeriert worden, dass er ein Jahr Garantie – wie auch bei einer Privatperson – erhalte. Die Beklagte habe dabei geäußert, sie habe mit der Garantiegewährung keine Probleme, da sie vernünftige Fahrzeuge veräußere. Bei dem Kauf sei ihm versehentlich, was insoweit zwischen den Parteien unstreitig ist, auch die für den Darlehensgeber vorgesehene Zulassungsbescheinigung Teil II ausgehändigt worden. Hierauf sei er von der Beklagten telefonisch aufmerksam gemacht worden, dann zu der Beklagten gefahren und habe dort die Zulassungsbescheinigung Teil II wieder abgegeben, was zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig ist. Bei diesem Termin sei ihm auch der Garantievertrag mit der N2 Garantie AG zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Er – der Kläger – sei zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass dadurch eine Verbesserung der ohnehin gewährten Garantie erfolge und habe den Garantievertrag deshalb ohne ihn sich durchzulesen unterzeichnet.

Der Kläger behauptet ferner, die Beklagte habe mit dem Autohaus T vereinbart, dass dieses Autohaus das Fahrzeug reparieren solle. Hierzu sei der Beklagten ein Kostenvoranschlag (so S.3 der Replik = Bl…. d.A.) beziehungsweise Angebot (so S.3 der Klageschrift) des Autohauses T übersandt worden. Sodann sei von Seiten der Beklagten mündlich die Übernahme der Reparaturkosten erklärt worden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.135,00 EUR nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.07.2017 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den außergerichtlichen Kosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 250,10 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, zwischen den Parteien sei von vornherein klar gewesen, dass es sich bei der in dem Kaufvertrag vereinbarten Garantie um die eines externen Versicherers in Gestalt der „N2 Garantie AG“ handele. Bei der Abholung des Fahrzeuges sei der Kläger in Eile gewesen. Die Garantieunterlagen habe ihm die Beklagte deshalb nachsenden sollen. Am 01.02.2017 seien dem Kläger dementsprechend die Garantieunterlagen zugesandt worden.

Nachdem die Zeugen Q und B bei dem Autohaus T festgestellt hatten, dass der Motor schon auseinandergenommen war, hätten diese die beabsichtigte Abholung des Fahrzeuges abgebrochen und die Beklagte informiert. Eine Reparaturfreigabe oder gar eine Erteilung eines Reparaturauftrages durch die Beklagte sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen und die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2017 (S.2f. des Sitzungsprotokolls = Bl….R – … d.A.) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Inhaltes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2018 (Bl…. – … d.A.) nebst Anlagen (Bl…. – … d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 5.135,00 EUR sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 250,10 EUR. Denn dem Kläger ist der ihm obliegende Beweis dafür, dass die ihm von der Beklagten im Rahmen des Kaufvertrages eingeräumte Garantie auch die (unmittelbare) Erstattung der streitgegenständlichen Reparaturkosten einer Drittwerkstatt erfassen sollte, nicht gelungen.

Der im Tatbestand zitierte Passus unter der Rubrik „Besondere Vereinbarungen“ in dem Kaufvertrag der Parteien vom 01.12.2016 beinhaltet eine Haltbarkeitsgarantie im Sinne von § 443 Abs.2 BGB, mit der sich die Beklagte dazu verpflichtet hat, für während der 12-monatigen Garantiezeit an dem verkauften Fahrzeug auftretende Mängel einzustehen und diese kostenlos zu beseitigen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 77.Aufl. 2018, § 443 Rd.9; Pammler in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8.Aufl. 2017, § 443 Rd.39ff.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12.Aufl. 2014, Rd.2583). Dies ergibt sich auch unter verständiger Würdigung des wirtschaftlichen Hintergrundes derartiger Garantieerklärungen für Käufer und Verkäufer bei einem Gebrauchtwagengeschäft (§§ 133, 157, 242 BGB; vgl. Pammler, aaO., § 443 Rd.15; Reinking/Eggert, aaO., Rd.2592) aus den insoweit klar dokumentierten Vertragserklärungen vom 01.12.2016. Die dort ohne jede Einschränkung formulierten „12 Monate Garantie“ sprechen nicht nur infolge ihres Wortlautes für den entsprechenden bindenden Verpflichtungswillen der Beklagten (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, aaO., § 443 Rd.5; Reinking/Eggert, aaO., Rd.2588 und Rd.2594 jeweils m.w.N.). Vielmehr knüpft diese Erklärung an ein dort besprochenes Gutachten über das Fahrzeug an, mithin an einen insoweit sachverständig ermittelten Zustand des Fahrzeuges. Dieses Gutachten stellt den konkreten technischen Hintergrund für die erteilte Haltbarkeitsgarantie dar, die somit entgegen dem Beklagtenvortrag (Schriftsatz vom 08.01.2018) keinesfalls als allumfassend und/oder in Ermangelung eines Anlasses als abwegig eingestuft werden kann. Hinter dieser vorrangigen vertraglichen Vereinbarung einer Haltbarkeitsgarantie tritt der im Tatbestand zitierte formularmäßige Gewährleistungsausschluss der Beklagten zurück (BGH NJW 2007, 1346ff. Rd.28ff.).

Eine Beschränkung dieser Vereinbarung auf die erst zu einem späteren Zeitpunkt im Februar 2017 unterzeichnete Garantie der N2 Garantie AG kann dem Kaufvertrag nicht entnommen werden. Sie ist auch von dem gemäß Beweisbeschluss vom 19.01.2018 (Bl…. d.A.) zu dieser Frage vernommenen Zeugen P nicht glaubhaft bestätigt worden. Insoweit wird auf die fortgeltenden Ausführungen des Unterzeichners in der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2018 (S.11 des Sitzungsprotokolls) Bezug genommen:

Im Zuge der ausführlichen Erörterung und Beweiswürdigung legt das Gericht dar, dass die Aussage des Zeugen P im heutigen Termin die Vermutungswirkungen des Kaufvertrages (Anlage K 1) nicht entkräftet hat. In diesem Kaufvertrag ist ausdrücklich nicht in der Rubrik „Der Käufer erwirbt zusätzlich eine Garantie der Gesellschaft“ die N2 Garantie eingetragen worden. Vielmehr ist eine besondere und damit individuelle Vereinbarung getroffen worden. Diese bezieht sich sowohl auf konkrete Absprachen im Hinblick auf ein Gutachten als auch auf eine 12monatige Garantie. Da diese 12 Monate Garantie keinerlei Einschränkungen aus diesem Kaufvertragsformular enthalten und -wie auch das Gutachten- offensichtlich aufgrund einer Individualvereinbarung in dieses Formular eingetragen worden sind, streitet die Vermutung dieser Kaufvertragsurkunde für die Richtigkeit des Klägervortrages. Die Ausführungen des Zeugen P haben diesen Aspekt nicht widerlegt. Es ist aus der verständigen Sicht eines Käufers und Vertragspartners nicht zu erkennen, dass hier Einschränkungen formuliert worden sind. Auf die Argumentation, dass man als Autohaus derartige Erklärungen nicht unterzeichnen würde bzw. dies unwirtschaftlich sei, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Maßgeblich ist wie ein objektiv denkender verständiger Empfänger die Erklärung verstehen würde. Darüber hinaus hat der Zeuge P ein gewisses Vorverständnis der Praxis seines Arbeitgebers mit in die Auslegung hineingelegt, der das Gericht gleichsam nicht zu folgen vermag.

Dafür, dass diese Haltbarkeitsgarantie der Beklagten aber ohne jede Einschränkung die Erstattung der streitgegenständlichen Reparaturkosten einer Drittwerkstatt erfassen sollte, sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von den Parteien unstreitig vorgetragen worden. Denn die einem Käufer eines Gebrauchtfahrzeuges mit einer Haltbarkeitsgarantie nach dem eingangs zitierten Vertragswortlaut und nach § 443 Abs.2 BGB eingeräumten Vorteile erschöpfen sich in der Gewährleistung der Mangelfreiheit des Fahrzeuges im Sinne von § 434 BGB über den vereinbarten Zeitraum von 12 Monaten sowie in der Erleichterung des Nachweises etwaiger Mängel nicht zuletzt in Bezug auf ihr Vorhandensein bei Gefahrübergang (vgl. § 477 BGB; Pammler, aaO., § 443 Rd.41f. und Rd.65; Reinking/Eggert, aaO., Rd.2583). Da die Gewährleistungshaftung der Beklagten aber primär in einer Nacherfüllung besteht (§§ 439, 437 Ziffer 1. BGB), käme eine unmittelbare Haftung auf Ersatz der Reparaturkosten einer Drittwerkstatt aus einer Haltbarkeitsgarantie nur bei einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien in Betracht (vgl. Palandt/Weidenkaff, aaO., § 443 Rd.13 m.w.N.). Der ihm obliegende Beweis einer Garantieerklärung oder anderweitigen Vereinbarung einer Verpflichtung der Beklagten dieses Inhaltes (vgl. Palandt/Weidenkaff, aaO., § 443 Rd..16; Pammler, aaO., § 443 Rd.69) ist dem Kläger indes nicht gelungen.

Die eine derartige Verpflichtung möglicherweise indizierende Auftragserteilung der Beklagten gegenüber der Autohaus T GmbH & Co. KG soll nach dem Klägervortrag zwar ausweislich der mit der Klageschrift vorgelegten Bestätigung vom 03.08.2017 (Anlage K2 = Bl…. d.A.) erfolgt sein. Der hierfür von dem Kläger benannte Zeuge T hat indes mit Schreiben vom 27.04.2018 (Bl…. d.A.) mitgeteilt, hierzu kein Gespräch geführt zu haben und deshalb keine Angaben zu dem Beweisthema des Beschlusses vom 19.01.2018 (dort Frage 1.b)) machen zu können.

Der daraufhin auf Antrag des Klägers vernommene Zeuge I2 (S.7 des Sitzungsprotokolls vom 27.04.2018) hat indes eine hinreichend klare Auftragserteilung der Beklagten, die eine tragfähige Grundlage für eine derartige Beweisführung sein könnte, nicht glaubhaft bestätigen können. Denn der Zeuge konnte schon seinen Gesprächspartner nicht namentlich benennen, sondern hat den Namen des Geschäftsführers der Beklagten erst nachträglich durch eine Internetrecherche ermittelt und diese dann dem vor Ort mit einem Abschleppwagen erschienen Herrn zugeordnet (S.7 und S.10 des Sitzungsprotokolls). Zudem widerspricht diese Aussage dem von dem Kläger nicht widersprochenen und deshalb gemäß § 138 Abs.3 ZPO unstreitigen Beklagtenvortrag, wonach zur Abholung des Fahrzeuges die Zeugen Q und B erschienen waren. Im Übrigen spricht die von dem Zeugen bekundete Auftragserteilung für die Fahrzeugzerlegung durch den Kläger und die Absprache, dem Kläger die Rechnung zu stellen (S.9 des Sitzungsprotokolls), gegen eine Auftragserteilung der Beklagten. Hinzu kommt der Umstand, dass die Beklagte nach der Aussage des Zeugen von einer Kostenübernahme durch die N2 Garantie AG ausgegangen ist (E-Mail vom 01.03.2018 = Bl. …f. d.A.; S.8 des Sitzungsprotokolls), mithin nicht selbst für die streitgegenständlichen Reparaturkosten einstehen wollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 11., 711 ZPO.

Streitwert: 5.135,00 EUR.

 

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