Landgericht Krefeld, Az.: 3 O 311/13, Urteil vom 13.03.2014
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit der Klage die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Kraftfahrzeug. Der Kläger kaufte bei der Beklagten am 06.01.2011 einen G 000 DD 0,0 00D M zu einem Kaufpreis von 20.540,00 €. Der Kauf wurde über einen von der Beklagten vermittelten Darlehensvertrag der G-Bank für Firmenkunden finanziert. Dem Kläger wurde ein Rabatt in Höhe von 3.180,50 € gewährt. Wegen des Zahlungsplans zur Bedienung des Darlehens wird auf den Darlehensvertrag (Bl. 9 d. GA.) Bezug genommen. Der Kläger wies bei Abschluss des Kaufvertrages unter Vorlage seiner Gewerbeanmeldung darauf hin, dass er ein kaufmännisch eingerichtetes Gewerbe betreibt. Das Fahrzeug wurde am 06.01.2011 an den Kläger übergeben.
Dem Kaufvertrag lagen die Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten zugrunde. Unter Ziffer VI. 2. a) heißt es:
„Soll eine Mängelbeseitigung durchgeführt werden, gilt folgendes:
Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen, vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon unverzüglich zu unterrichten, wenn die erste Mängelbeseitigung erfolglos war. […]“
Im Oktober 2011 fand eine Rückrufaktion des Herstellers G statt, über die der Kläger von der Beklagten unterrichtet wurde und an der das Fahrzeug des Klägers teilnahm. In der Folgezeit brachte der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug mehrmals wegen eines behaupteten Mangels des Schließmechanismus des Kofferraums und der Elektronik des Verdecks in eine G Vertragswerkstatt in X, wo am 02.04.2012, am 16.10.2012 und am 11.12.2012 Nachbesserungsversuche stattfanden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.12.2013 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Mängeln des Fahrzeugs. Mit diesem Schreiben machte der Kläger erstmals gegenüber der Beklagten Ansprüche wegen etwaiger Mängel geltend. Neben der Rückzahlung der bisher gezahlten Kreditraten begehrt der Kläger Ersatz von Zinsen in Höhe von 2.127,30 €, die die Beklagte aus dem erhaltenen Kaufpreis gezogen haben soll. Wegen der Nutzung des Fahrzeugs lässt sich der Kläger eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.133,23 € anrechnen.
Der Kläger behauptet, es liege ein Fehler im Schließmechanismus des Kofferraums und in der Elektronik bzw. Mechanik des Verdecks vor. Die Mängel seien jeweils spätestens am Tag nach der Entdeckung bei der ortsansässigen G-Vertragswerkstatt angezeigt worden. Sie seien bereits bei Übergabe des Fahrzeugs angelegt gewesen und erst nach der Rückrufaktion aufgetreten. Sämtliche Nachbesserungsversuche seien erfolglos gewesen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des PKW ………..M, Fahrgestellnummer ……….an ihn 9.198,53 € nebst Zinsen aus 8.000,00 € in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2013 zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1 beschriebenen Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und behauptet, Ursache etwaiger Mängel sei eine Fehlbedienung seitens des Klägers. Sie meint, etwaige Gewährleistungsrechte seien gemäß § 377 HGB ausgeschlossen. Sie erhebt die Einrede der Verjährung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2, 323, 346 Abs. 1 BGB zu. Der Kläger ist nicht wirksam von dem am 06.01.2011 geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.
Es kann dahinstehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug wegen eines Fehlers am Schließmechanismus des Kofferraums und der Elektronik bzw. Mechanik des Verdecks im Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB aufwies. Die Gewährleistungsrechte des Klägers sind gemäß § 377 Abs. 2 und Abs. 3 HGB ausgeschlossen. Der Kläger hat etwaige Sachmängel nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten gerügt. Gemäß § 377 Abs. 1 HGB hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft ist. Zeigt sich später ein Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden, § 377 Abs. 2 HGB. Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware nach § 377 Abs. 2, Abs. 3, 2. Hs. HGB als genehmigt.
a) § 377 HGB ist auf den vorliegenden Kaufvertrag anwendbar. Der Kaufvertrag ist für beide Parteien ein Handelsgeschäft im Sinne des § 343 HGB. Danach sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören, Handelsgeschäfte. Für das Vorliegen eines Handelsgeschäfts spricht die Vermutung gemäß § 344 Abs. 1 HGB (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Auflage 2014, § 344, Rn. 1). Der Kläger ist Kaufmann im Sinne des § 1 HGB und er ist als solcher auch gegenüber der Beklagten aufgetreten. Er hat bei den Vertragsverhandlungen seine Gewerbeanmeldung vorgelegt und angegeben, ein kaufmännisch eingerichtetes Gewerbe zu betreiben. An diesem Auftreten als Kaufmann muss sich der Kläger festhalten lassen. Dass das streitgegenständliche Fahrzeug zumindest ursprünglich aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Beklagten nicht zur privaten Nutzung vorgesehen war, ergibt sich auch daraus, dass sich der von der Beklagten vermittelte Darlehensvertrag ausweislich des Formulars „Darlehensvertrag (FIRMEN)“ auf einen gewerblichen Verwendungszweck bezogen hat. Der Kläger hat die Vermutung gemäß § 344 Abs. 1 HGB nicht im Wege des Gegenbeweises widerlegt. Unerheblich ist insbesondere, ob das Fahrzeug sich mittlerweile nicht mehr im Betriebsvermögen des Klägers befindet oder von seiner Ehefrau genutzt wird.
b) Der Kläger hat seiner Rügepflicht aus § 377 HGB nicht genügt. Es kann dahinstehen, ob den Käufer bei dem Kauf des Fahrzeugs eine allgemeine Untersuchungspflicht im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB traf und ob die später behaupteten Mängel erkennbar gewesen wären. Gemäß § 377 Abs. 3 HGB hätte der Kläger etwaige Mängel zumindest unverzüglich nach ihrer Entdeckung gegenüber der Beklagten anzeigen müssen. Dies ist schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht erfolgt. Die behaupteten Mängel am Schließmechanismus des Kofferraums und am Verdeck wurden nach den Angaben des Klägers erstmals am 02.04.2012 gegenüber der G-Vertragswerkstatt in X beanstandet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren dem Kläger die streitgegenständlichen Mängel an dem Fahrzeug bekannt und hätten der Beklagten angezeigt werden können. Der Kläger hat sich jedoch erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 27.12.2012 an die Beklagte gewandt und dieser gegenüber Mängel angezeigt. Diese Mängelrüge ist nicht unverzüglich im Sinne des § 377 HGB, das heißt ohne schuldhaftes Zögern gemäß § 121 BGB, erfolgt (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Auflage 2014, § 377, Rn. 35 f.).
Soweit der Kläger vorbringt, er habe Mängel spätestens am Tag nach der Entdeckung bei der G-Vertragswerkstatt in X angezeigt, reicht auch dies für die Erfüllung der Rügepflicht nicht. Die Mängelanzeige hat nach dem Wortlaut des § 377 HGB gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Ziffer VI. 2. a) der Verkaufsbedingungen enthält keine Erweiterung der Empfangszuständigkeit für die Mängelrüge auf die für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betriebe (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2012 – 2 U 177/11, zitiert bei juris, Rn. 39).
c) Die kaufmännische Rügepflicht gemäß § 377 HGB ist durch Ziffer VI. 2. a) der Neuwagen-Verkaufsbedingungen des Beklagten nicht abbedungen worden. Der Regelungsgehalt der Klausel beschränkt sich allein auf die Durchführung und Abwicklung der Nacherfüllung gemäß § 439 BGB. Sinn und Zweck der Vorschrift ist, den Käufer vor Unannehmlichkeiten bei der Durchführung der Nacherfüllung zu schützen, die dadurch bedingt sein können, dass sich der Wohnsitz des Käufers in weiter Entfernung vom Sitz der Verkäufers befindet. Zugleich soll aber gewährleistet sein, dass der Verkäufer von einem gescheiterten ersten Nachbesserungsversuch eines anderen anerkannten Betriebs Kenntnis erlangt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2012 – 2 U 177/11, zitiert bei juris, Rn. 35). Die Vorschrift § 377 HGB wird durch diese Regelung nicht berührt. Sie dient dem Interesse des Verkäufers, im Handelsverkehr alsbald Kenntnis von Sachmängeln zu erlangen (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Auflage 2014, § 377, Rn. 1).
d) Auch ein Verzicht der Beklagten auf den Einwand der Verspätung der Mängelrüge ist nicht erfolgt. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte stillschweigend auf den Einwand der Verspätung der Mängelrüge verzichtet hätte. Es sind keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Käufer von einem Verzicht auf den Verspätungseinwand ausgehen durfte (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.1998 – VIII ZR 259/97, zitiert bei juris, Rn. 17 f.).
2. Mangels Begründetheit in der Hauptsache bestehen auch der geltend gemachte Zinsanspruch und der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht. Auch der Feststellungsantrag ist unbegründet. Mangels eines wirksamen Rücktritts befindet sich die Beklagte nicht in Annahmeverzug bzgl. der Rücknahme des Fahrzeugs.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 9.300,00 € festgesetzt.