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Fahrzeugkaufvertrag – Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des EG-Typengenehmigungsrechts

Oberlandesgericht weist Aussetzung im Streit um Fahrzeugkauf und EG-Typengenehmigungsrecht ab

Der Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt-Beschluss (Az.: 4 U 78/22 vom 21.07.2022) lehnte den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ab, da eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht als notwendig erachtet wurde und der Bundesgerichtshof bereits klargestellt hat, dass die Bestimmungen des EG-Typengenehmigungsrechts keinen Schutzgesetzcharakter im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB für den Fahrzeugkäufer gegenüber dem Hersteller bieten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 U 78/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Antrag des Klägers auf Verfahrensaussetzung wurde vom Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt zurückgewiesen.
  • Der Senat sieht keine Notwendigkeit, auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Europäischen Gerichtshofs zu warten, da bereits geklärt ist, dass die Vorschriften des EG-Typengenehmigungsrechts nicht dem Schutz des Fahrzeugkäufers dienen.
  • Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass die relevanten Vorschriften nicht dem Schutz des Erwerbers eines Fahrzeugs im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dienen.
  • Eine eindeutige Rechtslage („acte clair“) besteht bezüglich der Nichtanwendbarkeit der genannten Vorschriften auf den Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des Käufers.
  • Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetz- oder Verordnungsgeber mit den relevanten Vorschriften den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit oder des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des Käufers bezweckt hat.
  • Die Schlussanträge des Generalanwalts im Verfahren C-100/21 binden den Gerichtshof nicht und ändern nichts an der gültigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Verbraucherschutz beim Autokauf

Der Fahrzeugkaufvertrag regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Käufer und Verkäufer eines Kraftfahrzeugs. Dabei stellt sich oftmals die Frage, inwieweit EU-Vorschriften wie das EG-Typengenehmigungsrecht auch den Schutz des Verbrauchers bezwecken.

Bei Streitigkeiten rund um den Autokauf geht es häufig um die Auslegung dieser Bestimmungen und ihre Auswirkungen auf die Rechte des Käufers. Die Gerichte müssen klären, ob ein Schutzgesetzcharakter zugunsten des Verbrauchers vorliegt und welche Ansprüche sich daraus für den Käufer ergeben können.

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➜ Der Fall im Detail


Der Rechtsstreit um den Fahrzeugkaufvertrag und das EG-Typengenehmigungsrecht

In einem bemerkenswerten Fall vor dem Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Az.: 4 U 78/22, ging es um die Frage, ob die Bestimmungen des EG-Typengenehmigungsrechts als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB fungieren können.

Fahrzeugkaufvertrag und EG-Typengenehmigungsrecht
(Symbolfoto: Virrage Images /Shutterstock.com)

Diese rechtliche Auseinandersetzung entstand, nachdem der Kläger die Aussetzung seines Berufungsverfahrens beantragt hatte, um eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bezüglich eines parallelen Falles (C 100/21) abzuwarten. Der Kern des Disputs lag in der Haftungsfrage des Fahrzeugherstellers gegenüber dem Erwerber eines Fahrzeugs, insbesondere im Kontext des sogenannten Abgas-Skandals.

Die rechtliche Verwicklungen und Kernfragen

Die rechtliche Komplexität des Falls ergab sich aus der Interaktion zwischen nationalem Recht und EU-Recht. Der Kläger argumentierte, dass das Berufungsverfahren ausgesetzt werden sollte, bis der EuGH über ähnliche Rechtsfragen entschieden hat, die im Verfahren C 100/21 behandelt werden. Insbesondere ging es darum, ob bestimmte Vorschriften des EG-Typengenehmigungsrechts, wie § 6 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 EG-FGV oder die Verordnung (EG) Nr. 715/2007, dem Käufer eines Fahrzeugs Schutz bieten und somit eine Haftung des Herstellers begründen können.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschied, den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abzulehnen. Die Begründung des Gerichts stützte sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der in ständiger Praxis festgestellt hat, dass die genannten Vorschriften nicht dem Schutz des Erwerbers eines Fahrzeugs vor der ungewollten Übernahme einer Verbindlichkeit zur Zahlung des Kaufpreises dienen. Das Gericht verwies explizit auf mehrere Entscheidungen des BGH, die die Nichtanwendbarkeit der Schutzgesetzeigenschaft auf diese Vorschriften bestätigten.

Rechtliche Begründung und Abwägung des Gerichts

Die Richter machten deutlich, dass eine Aussetzung des Verfahrens in Erwartung einer Entscheidung des EuGH nur dann in Betracht kommt, wenn eine entscheidungserhebliche und der einheitlichen Auslegung bedürfende Frage des Unionsrechts im Raum steht. Da der BGH jedoch bereits geklärt hat, dass die relevanten Bestimmungen des EG-Typengenehmigungsrechts nicht als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB gelten, sah das Gericht keinen Grund, vom etablierten Verständnis abzuweichen.

Die Konsequenzen der gerichtlichen Entscheidung

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt unterstreicht die Bedeutung der Rechtsprechung des BGH in Fragen der Auslegung des deutschen und europäischen Rechts. Sie bestätigt, dass die Bestimmungen des EG-Typengenehmigungsrechts nicht darauf abzielen, dem Fahrzeugkäufer einen direkten Schutz gegen die Handlungen des Herstellers zu bieten. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass selbst die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH die nationalen Gerichte nicht binden und die bisherige Rechtsprechung des BGH weiterhin gültig bleibt.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter dem EG-Typengenehmigungsrecht?

Das EG-Typengenehmigungsrecht umfasst harmonisierte Vorschriften und Grundsätze für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge. Es schafft einen gemeinsamen Rahmen für die Genehmigung von Fahrzeugen und der zur Verwendung in diesen Fahrzeugen bestimmten Bauteile und selbstständigen technischen Einheiten.

Ziel ist es, die Zulassung, den Verkauf und die Inbetriebnahme zu genehmigender Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständiger technischer Einheiten in der EU zu erleichtern, insbesondere durch den Abbau von Handelshemmnissen. Durch die EG-Typgenehmigung wird bestätigt, dass ein in größerer Anzahl hergestellter Typ gleichartiger Fahrzeuge oder Fahrzeugteile den gesetzlichen Mindeststandards an Sicherheit und Umweltverträglichkeit entspricht.

Die Mindeststandards leiten sich aus Rechtsakten der Europäischen Union, der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) und nationalen Verordnungen wie der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ab. Wird das Genehmigungsverfahren in einem EU-Mitgliedstaat erfolgreich abgeschlossen, kann der Hersteller sein Produkt in der gesamten EU vertreiben und in allen europäischen Ländern ohne weitere Prüfung in Verkehr bringen.

In Deutschland wurde die EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV) erlassen, um einen nationalen Rechtsrahmen für die Erteilung der Genehmigungen zu schaffen. Zuständige Genehmigungsbehörde ist das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Für die Zulassung eines Fahrzeugs in Deutschland ist eine EG-Typgenehmigung, eine Einzelgenehmigung oder eine Betriebserlaubnis erforderlich.

Wie wirkt sich das EG-Typengenehmigungsrecht auf den Fahrzeugkauf aus?

Das EG-Typengenehmigungsrecht hat direkte Auswirkungen auf den Fahrzeugkauf, da es die Rechte und Pflichten von Käufern und Verkäufern beeinflusst. Jedes in der EU verkaufte Neufahrzeug muss den harmonisierten Vorschriften und Grundsätzen der EG-Typgenehmigung entsprechen.

Für den Käufer bedeutet dies, dass er beim Kauf eines Neufahrzeugs die sogenannten CoC-Papiere (Certificate of Conformity) ausgehändigt bekommen muss. Mit diesem Dokument weist der Hersteller nach, dass das Fahrzeug eine gültige EU-Typgenehmigung besitzt und somit den geltenden Sicherheits- und Umweltschutznormen entspricht. Die CoC-Papiere sind auch bei der Erstzulassung des Fahrzeugs vorzulegen.

Der Verkäufer bzw. Hersteller ist im Gegenzug verpflichtet, nur Fahrzeuge in Verkehr zu bringen, die über eine gültige EG-Typgenehmigung verfügen. Er muss außerdem sicherstellen, dass die Serienproduktion mit dem genehmigten Typ übereinstimmt (Conformity of Production). Dazu muss er gegenüber der Genehmigungsbehörde nachweisen, dass er über geeignete Qualitätssicherungsverfahren verfügt.

Hält ein Fahrzeug die Anforderungen der EG-Typgenehmigung nicht ein, kann diese für ungültig erklärt werden. Der Käufer kann sich dann unter Umständen auf Sachmängel berufen und Gewährleistungsrechte geltend machen. Allerdings wirkt sich eine Ungültigkeit der Typgenehmigung nicht automatisch auf bereits ausgelieferte Fahrzeuge aus.

Insgesamt schafft das EG-Typengenehmigungsrecht also einen verbindlichen Rahmen, der die Konformität und Sicherheit von Neufahrzeugen gewährleisten soll. Für Käufer bietet es eine wichtige Orientierung und Absicherung beim Fahrzeugkauf.

Was bedeutet der Begriff „Schutzgesetz“ im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf?

Der Begriff „Schutzgesetz“ im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB bezeichnet eine Rechtsnorm, die zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen einer bestimmten Personengruppe dient. Ob eine Norm ein Schutzgesetz darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidende Kriterien sind dabei der Zweck und Inhalt des Gesetzes.

Im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf können verschiedene Vorschriften als Schutzgesetze relevant sein, insbesondere solche, die dem Schutz des Käufers dienen. Beispiele hierfür sind:

  • Vorschriften aus dem Bereich des Verbraucherschutzes wie die Regelungen zur Sachmängelhaftung beim Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB). Diese bezwecken den Schutz des Verbrauchers vor Mängeln der gekauften Sache.
  • Vorschriften zur Produktsicherheit und Verkehrssicherheit, die sicherstellen sollen, dass nur sichere Fahrzeuge in den Verkehr gelangen. Verstöße hiergegen können eine Haftung des Verkäufers begründen.
  • Vorschriften, die Aufklärungs- und Informationspflichten des Verkäufers statuieren, wie z.B. die Pflicht zur Übermittlung bestimmter Unterlagen an den Käufer (§ 479 BGB). Auch diese dienen dem Schutz des Käufers.

Verletzt der Verkäufer ein Schutzgesetz schuldhaft und entsteht dem Käufer hierdurch ein Schaden, kann dies zu Schadensersatzansprüchen des Käufers aus § 823 Abs. 2 BGB führen. Die Haftung tritt neben die „normale“ Sachmängelhaftung und kann für den Käufer vorteilhaft sein, da die kurzen Verjährungsfristen der Gewährleistung nicht gelten.

Kein Schutzgesetz sind dagegen Normen, die allein öffentliche Interessen schützen sollen, wie z.B. ein Halteverbot im Rahmen einer Baustelle. Auch die Verletzung von Vorschriften der StVO stellt in der Regel keinen Verstoß gegen ein Schutzgesetz dar.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 148 ZPO (Zivilprozessordnung): Regelt die Möglichkeit einer Verfahrensaussetzung. In diesem Kontext relevant, da der Kläger eine Aussetzung des Berufungsverfahrens beantragt hatte, was vom Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt abgelehnt wurde. Dieser Paragraph zeigt die prozessualen Rahmenbedingungen für eine solche Anfrage.
  • Art. 267 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union): Grundlage für Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof. Die Erwähnung im Text unterstreicht die Bedeutung europäischen Rechts und dessen Einfluss auf nationale Gerichtsverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit der Interpretation von EU-Recht.
  • § 823 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Betrifft Schadensersatzansprüche aufgrund der Verletzung eines Schutzgesetzes. Die Diskussion im Urteil dreht sich darum, ob das EG-Typengenehmigungsrecht als ein solches Schutzgesetz angesehen werden kann, was direkte Auswirkungen auf die Haftung des Fahrzeugherstellers hat.
  • § 6 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 EG-FGV (Fahrzeuggenehmigungsverordnung): Spezifizieren die Anforderungen an die Typgenehmigung für Fahrzeuge innerhalb der EU. Diese Vorschriften sind zentral für das Verständnis, warum der Bundesgerichtshof festgestellt hat, dass sie nicht dem Schutz des Erwerbers eines Fahrzeugs dienen.
  • Verordnung (EG) Nr. 715/2007: Betrifft die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich Emissionen. Die Erwähnung im Urteil deutet auf die Relevanz dieser Verordnung für den Fall hin und erklärt, warum sie nicht als Grundlage für einen Schadensersatzanspruch im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen wird.
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH): Die ständige Rechtsprechung und die spezifischen Urteile des BGH bieten Orientierung und Rechtssicherheit bezüglich der Interpretation von Schutzgesetzen und deren Anwendung auf das EG-Typengenehmigungsrecht. Die Referenzen auf Urteile des BGH verdeutlichen die Rechtsauffassung auf höchster nationaler Ebene.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 4 U 78/22 – Beschluss vom 21.07.2022

Der Antrag des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe

Nach dem Ermessen des Senats ist der Antrag des Klägers zurückzuweisen, das Berufungsverfahren entsprechend § 148 ZPO bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) in dem dort anhängigen Verfahren C 100/21 auszusetzen.

Zwar kann nach Rechtsprechung des BGH die Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auch ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof grundsätzlich zulässig sein, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage abhängt, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt wurde (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012, VIII ZR 236/10), vorliegend das von dem Kläger in Bezug genommene Vorabentscheidungsverfahren C 100/21 vor dem Gerichtshof.

In der Sache teilt der Senat allerdings nicht die Ansicht des Klägers, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits der Klärung der von dem Landgericht Ravensburg aufgeworfenen Fragen durch den Gerichtshof bedarf.

Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Fahrzeughersteller nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder den Normen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 haftet, denn diese Vorschriften dienen nicht dem Schutz des Erwerbers eines Fahrzeugs vor der ungewollten Übernahme einer Verbindlichkeit zur Zahlung des Kaufpreises (z. B. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020. VI ZR 252/19). Der Senat folgt auch regelmäßig der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z. B. Urteil vom 30. Juli 2020, VI ZR 5/20; Urteil vom 16. September 2021, VII ZR 190/20; Beschluss vom 29. September 2021. VII ZR 72/21; Beschluss vom 12. Januar 2022, VII ZR 391/21), wonach ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 3 AEUV) wegen der Auslegung der genannten Vorschriften nicht veranlasst ist. Ein Vorabentscheidungsersuchen ist erforderlich, wenn sich eine entscheidungserhebliche und der einheitlichen Auslegung bedürfende Frage des Unionsrechts stellt. Das ist hier nicht der Fall.

Die Rechtslage ist im Hinblick auf § 6 Abs. 1, § 27 Abs 1 EG-FGV von vornherein eindeutig („acte clair“). Zuletzt hat der BGH dies im Beschluss vom 04. Mai 2022 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das den Gegenstand der Schlussanträge des Generalanwalts R. vom 02. Juni 2022 bildende Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg ausgesprochen. Selbst wenn die VO 715/2007/EG dem Schutz der Käufer eines Fahrzeugs vor Verstößen des Herstellers gegen seine Verpflichtung, neue Fahrzeuge in Übereinstimmung mit ihrem genehmigten Typ bzw. den für ihren Typ geltenden Rechtsvorschriften in den Verkehr zu bringen, diente, besage dies nichts für die Frage, ob damit auch der Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts und damit der Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrages erfasst sein solle. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den genannten Vorschriften (auch) einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Käufer bezweckt habe und an die (auch fahrlässige) Erteilung einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung einen gegen den Hersteller gerichteten Anspruch auf Rückabwicklung eines mit einem Dritten geschlossenen Vertrages hätte knüpfen wollen (BGH, Beschlüsse vom 04. Mai 2022, VII ZR 656/21 und vom 12. Januar 2022, VII ZR 391/21: OLG München, Beschluss vom 1 Juli 2022, 8 U 1671/22, sämtlich zitiert nach juris).

An dieser Sach- und Rechtslage ändert sich auch nichts dadurch, dass mittlerweile der Generalanwalt seine Schlussanträge vom 2. Juni 2022 im Verfahren C-100/21 vor dem Gerichtshof gestellt hat. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Schlussanträge den Gerichtshof nicht binden Auch wenn der Gerichtshof ihnen in der Regel folgt, haben die Schlussanträge ebenso wenig Außenwirkung wie die entsprechende Einschätzung der Europäischen Kommission

Die Sach- und Rechtslage auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zu den in dem Vorabentscheidungsverfahren C-100/21 vor dem Gerichtshof aufgeworfenen Fragen nach wie vor eindeutig und weiterhin gültig. Daran vermag die gerichtsbekannte und an „abwartende“ Gerichte gerichtete bloße Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 1. Juli 2022 zu der Anberaumung eines Termins in einem vom sog. Abgas-Skandal betroffenen Verfahren für den November 2022 nichts zu ändern.

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